FROzine Goes Science: Antimaterie. Spiegel des Universums

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Materie und Antimaterie füllen Science Fiction Literatur und Filme. Antimaterie ist der Stoff, aus dem die kosmischen Mythen entstehen. Heute aber entdeckt die Physik neue Erkenntnisse über Antimaterie. Sie ist ein Spiegel des Universiums. In der Sendung sprechen CERN Physiker über neue Forschungen und was es mit der Fiktion von Antimaterie-Antriebstechnologien für die Raumfahrt auf sich hat.

Der Stoff, aus dem die Mythen sind

Antimaterie ist ganz schön explosiver Stoff. Wissenschaftlich gesehen ist sie das Gegenteil der normalen Materie, aus der wir und alles um uns herum bestehen. Jede Teilchenart in der Natur, so wird vermutet, hat ihr eigenes Antiteilchen, das mit der entgegengesetzten Ladung ausgestattet ist. Die auf rein theoretischen Überlegungen von Wissenschaftlern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beruhende Antimaterie hat schnell die Aufmerksamkeit der SF-Szene auf sich gelenkt, weil man davon ausgeht, dass eine Reaktion zwischen Materie und Antimaterie hundertmal mehr Energie pro Treibstoffmasse freisetzt als die stärkste Kernreaktion. Star Trek ist wahrscheinlich das augenfälligste Beispiel für die einfache Nutzung von Antimaterie in Science Fiction. Die Raumschiffe der Föderation verwenden Antimaterie-Vorräte als Treibstoffquelle, aus der sie die Materie/Antimaterie-Reaktion für den Antrieb speisen.

Der Urknall und die CP-Symmetrie

Wie alles begann: nach dem heißen und dichten Anfangszustand des Universums durch den Urknall, entstanden Materie und Antimaterie in näherungsweise gleichen Mengenverhältnissen, die kurz darauf wieder miteinander zerstrahlt sind; sich quasi gegenseitig aufgehoben haben. Anderseits zeigen alle bisherigen Beobachtungen im Kosmos nur die „normale » Materie, die das Überbleibsel des geringen Ungleichgewichts zu Beginn des Universums ist. Trotzdem wir nur rund 3% Materie im Universium erklären können – Dunkle Materie und Dunkle Energie sind noch Rätsel, die zu lösen sind – ist es phänomenal, dass die Materie, die wir um uns sehen können, existiert; denn eigentlich wäre es wahrscheinlicher, dass sich Materie/Antimaterie kurz nach dem Urknall aufgehoben haben.

« Das Universium ist nicht merkwürdiger, als wir vermuten, es ist auch merkwürdiger, als wir vermuten können. » – J.B.S. Haldane

Frühere Vermutungen, dass das Universum in einigen Bereichen mit Materie, in anderen mit Antimaterie gefüllt sei, gelten heute als unwahrscheinlich. Es wurde bislang keine Annihilationsstrahlung (lat.: annihilatio „das Zunichtemachen ») , die an den Grenzgebieten entstehen sollte, nachgewiesen. Auch die direkte Suche nach Anti-Helium-Atomen, die 1998 mit einem Alpha-Magnet-Spektrometer an Bord eines Space Shuttle erfolgte, zeigte damals in der kosmischen Höhenstrahlung noch keine Hinweise auf Antimaterie. Insgesamt wurden etwa 3 Millionen Heliumatome detektiert, darunter befand sich aber kein einziges Antiatom.

Die sogenannte kosmische Hintergrundstrahlung lässt sich im Rahmen der Urknalltheorie als Relikt aus der Zeit deuten, als die beim Urknall entstandene Materie mit der Antimaterie wieder annihilierte. Der Vergleich von Modellrechnungen und astronomischen Messdaten von WMAP – Wilkinson Microwave Anisotropy Probe spricht dafür, dass das Verhältnis von Materie und Antimaterie fast gleich 1 war. Lediglich ein winziges Ungleichgewicht, etwa 1.000.000.001 Teilchen auf 1.000.000.000 Antiteilchen, bewirkte, dass ein Rest an Materie übrig blieb, der in unserem heutigen Universum feststellbar ist.

Ein Mysterium ist: Die Welt besteht aus Materie und nicht aus Antimaterie. Da Materie und Antimaterie entgegegengesetzt sind (die Ladung der Antimaterie ist der Materie genau entgegengesetzt), kann man davon ausgehen, dass der Urknall gleiche Mengen Materie und Antimaterie produziert hat. Das Problem liegt aber darin, dass Materie und Antimaterie einander in einem Ausbruch von Gammastrahlung vernichten, sobald sie miteinander in Berührung kommen. Daraus folgt: wir dürften nicht existieren.

Also warum gibt es uns? Nach der Lösung, die der russische Physiker Andrei Sacharow vorgeschlagen hat, war der Urknall keineswegs symmetrisch. Im Schöpfungsaugenblick gab es eine winzige Symmetriebrechung zwischen Materie und Antimaterie, mit dem Erfolg, dass sich Materie durchsetzte, was das Universium, das wir vor Augen haben, möglich machte. Die Symmetrie, die beim Urknall gebrochen wurde, heißt CP-Symmetrie bzw. CP-Verletzung. Dieses offensichtliche Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie ist eine der Voraussetzungen für die Stabilität unseres Universums. Hätte sich ein genaues Gleichgewicht von Materie und Antimaterie ergeben, wäre alle Materie im Verlauf der Abkühlung des Universums wieder mit der Antimaterie in Strahlung umgewandelt worden.

Paul Dirac läßt grüßen

Antworten kommen wie so oft aus CERN, denn dort wird mitterweile mit Antimaterie experiment und Wasserstoff-Antimaterie hergestellt. Damit die Experimente auch gültig sind, wird aber auch der « Gegenpart », die Materie, für das Forschungsdesign extra hergestellt … als gäbe es nicht schon genügend Atome im Universium. Jedenfalls, um der Antimaterie habhaft zu werden, stellen ihr die Forscher eine Falle; es ist die Penning-Falle.

Und manche HörerIn kann sich vielleicht noch an den Film « Illuminati » erinnern. Im Film wurde von dunklen Mächten aus dem Forschungszentrum Cern Antimaterie gestohlen. Tatsächlich war der Regisseur für Recherchezwecke in Cern.

Im Interview zu hören sind die Cern-Physiker Michael Doser vom ATHENA Projekt und Niko Neufeld, der am LHCb Detektor forscht. Die Fragen stellte Harald Purrer.

Eine Sendung von Pamela Neuwirth

Cern ATHENA Projekt

http://athena.web.cern.ch/athena/

Cern Video

http://cdsweb.cern.ch/record/1177161

The Bullet Cluster: Searching for Primordial Antimatter

http://chandra.harvard.edu/photo/2008/bullet/

The Space Mission PAMELA

http://pamela.roma2.infn.it/index.php

Literatur: Michio Kaku, 2007: Im Paralleluniversium. Eine kosmologische Reise vom Big Bang in die 11. Dimension. rororo

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