As I Like It
Eine Sendung über François Villon
François Villon, geboren 1431 oder 1432 in Paris, war Magister artium, ein Scholar, war ein Krimineller, Mitglied der Coquillards, einer Einbrecherbande und war Vagant.
Und er war der bedeutendste Dichter des französischen Spätmittelalters.
Sein großes und kleines Testament — wie er seine Gedichtsammlungen bezeichnete — sind autobiographische Verse, die einen hervorragenden Blick auf sein Leben und auf die gesellschaftliche
Verfassung im Frankreich der damaligen Zeit gestatten.
Es ist die Zeit, in der sich das Land nach dem 100-jährigen Krieg gegen England in wirtschaftlicher und moralischer Auflösung und Zersetzung befand. Diebstahl, Raub, Mord und Totschlag waren etwas durchaus Alltägliches. Es galt das Recht der Herrschenden und das waren der Adel und die Geistlichkeit. Eine ordentliche Gerichtsbarkeit wurde selten wirksam. Jeder der betrogen, bestohlen oder sich bedroht fühlte, suchte sein Recht auf eigene Faust. Genau wie die Gerichte grausam und unmenschlich aburteilten.
Villons Sprache ist in aller Derbheit elegant und voller Poesie. Manche Gedichte sind an Zartheit und Feinfühligkeit nicht zu überbieten. Andere wiederum sind wüstsprachlich gesellschaftskritisch, halten der Gesellschaft einen Spiegel voll mit unbequemen Wahrheiten vor. Sie entlarven die Bigotterie der Obrigkeit und prangern die Prasserei und Unzucht des Klerus an. Liebe und Hass, Armut und Verschwendungssucht, Lust und zügellose Ausschweifung, Hoffnung und Enttäuschung, Leben und Tod sind stets gegenwärtige Themen. Für sowohl expressive als auch sensible Interpretationen bleibt das ganze Spektrum offen.
So beginnt zum Beispiel die „Ballade Von Dem Mäuslein“:
Es schwamm der Mond in mein Gemach hinein,
Weil er da draußen so allein
Im Schneefeld bei den schwarzen Bäumen stand.
Ich habe ihm mein Kissen hingerückt, damit er ruhen konnte,
Und er tats beglückt sich untern Kopf
Dann legt ich ihm die Hand schnell auf die Augen
Und dann schlief er auch.
Mich aber plagte schlechte Luft im Bauch ……
oder die „Ballade Von Der Dicken Margot“ in der Nachdichtung von HC Artmann:
glaubts in bin da letzte dreck, wäul i auf mei klaane steh?
glaubts i bin a oarsch met uahrn, wäul i ia den schani moch?
aans kann i eich ruhich sogn: dee hats in sich, hawedere!
da brauchst kaane zwicka ztrogn ….
Und ein paar Zeilen kurz vor der Hinrichtung, der er dann durch Begnadigung entging:
Ich bin Franzos, was mir verdammt nicht passt,
geboren zu Paris, das jetzt tief unten liegt.
Ich hänge nämlich meterlang an einem Ulmenast
Und spür am Hals, wie schwer mein Arsch hier wiegt.
Von der Ballade von den Lästerzungen hören Sie einen Interpretationsvergleich. Die Übersetzung von Paul Zech in der Interpretation von Barbara Kleyboldt und Klaus Kinski wird der Übersetzung von
HC Artmann, gesprochen von Helmut Qualtinger gegenübergestellt.
Die Ballade für den Hausgebrauch für den Winter
Übersetzung Paul Zech
Sprecher: René Bardet
Musik: Andreas Vollenweider
Die Ballade von den Armen und den Reichen
Übersetzung Paul Zech
Sprecher Akizur (Werner Ruzicka)
Entgegnung an Franc Gontier
Übersetzung: HC Artmann
Sprecher: Helmut Qualtinger
Musik: Fatty George
Ballade von den Galgenbrüdern
Ballade des pendus
Sprecher 1: Gérald Robert in Französich aus alten Aufzeichnungen
Sprecher 2: Akizur in der Übersetzung von Paul Zech
Ballade von den Lästerzungen
Übersetzung: Paul Zech
Interpretation1: Barbara Kleyboldt — Verse 1 und 3
Interpretation2: Klaus Kinski. — Verse 2 und 4
Interpretation3: Helmut Qualtinger — gesamte Ballade
Übersetzung: HC Artmann
Musik: Fatty George
Kleine Ballade von dem Mäuslein, das in Villons Zelle ….
Übersetzung Paul Zech
Sprecher: René Bardet
Musik: Andreas Vollenweider
Die Ballade von der treulosen Cylea
Übersetzung Paul Zech
Sprecher: Akizur
Ballade von der armen Louise
Übersetzung Paul Zech
Sprecher: René Bardet
Musik: Andreas Vollenweider
Die Ballade, mit der ich meine Mitmenschen um Verzeihung bitten möchte
Übersetzung Paul Zech
Sprecher: Klaus Kinski
Die Ballade von der dicken Margot
Übersetzung HC Artmann
Sprecher: Helmut Qualtinger
Musik: Fatty George
Die Ballade von den Vogelfreien
Übersetzung Paul Zech
Sprecher: René Bardet
Musik: Andreas Vollenweider
Ich bin Franzos’, was mir verdammt nicht passt
Übersetzung Paul Zech
Sprecher: Klaus Kinski
Grabinschrift/Epitaph
Übersetzung HC Artmann
Sprecher: Helmut Qualtinger
Literaturhinweise und CD:
Die lasterhaften Balladen und Lieder des François Villon — Nachdichtung Paul Zech — DTV
François Villon, Sämtliche Werke — Zweisprachige Ausgabe — aus dem Französichen von Carl Fischer
Deutscher Taschenbuch Verlag München ISBN 978-3-423-12944-2
Das kleine und das große Testament — aus dem Französischen von K.L. Ammer
2010 Anaconda Verlag Köln ISBN 978-3-86647-550-2
CD — Klaus Kinski spricht François Villon — Deutsche Grammophon — ISBN 978-3-8291-2350-1
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