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1. Buch, Theater, Film und Intermedialität

In den zehner-und zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts begann die Legitimierung des Films als eigene Kunstform. Inzwischen werden Literatur und Film nicht mehr als Gegensätze aufgefasst, sondern der Film ist im Zuge einer Ausweitung des Literaturbegriffs selbst zur Literatur geworden. Die ständige Weiterentwicklung der Massenkommunikation erfordert heute eine mehrdimensionale Sichtweise auf die Beziehungen der alten und neuen Medien untereinander. Der Ansatzpunkt der Untersuchung der Wechselwirkungen der verschiedenen Medien ist dabei die sogenannte Intermedialität. Literarische Texte werden längst nicht mehr nur in Buchform gelesen. Sie werden als Filme im Fernsehen, im Kino und auf Video gesehen oder als CD-Rom bzw. DVD am Computer rezipiert. Eine intermediale Analyse vergleicht nun nicht ein Buch unmittelbar mit dessen Verfilmung, wie es die Literaturwisssenschaftler lange Zeit taten. Die intermediale Analyse stellt vielmehr den multi-medialen Kontext und die intermedialen Bezüge der Kunstform in den Blickpunkt. Die neuen Medien stellen das Bild in das Zentrum. Somit erhält das Visuelle einen neuen Stellenwert.
Die Betrachtung von Literaturverfilmungen ist durch die Methode des Vergleichs zwischen dem „Original“ und der „Verfilmung“ vorbelastet. Ein solcher Vergleich geht jedoch von falschen Voraussetzungen aus, denn ein Film nach einer literarischen Vorlage ist zuallererst Film und kann daher nicht auf dieselbe Art untersucht werden wie die literarische Vorlage. Die Literaturverfilmung ist ein autonomes Kunstwerk. Der Film ist somit nicht als Übersetzung zu verstehen, sondern als Ausdruck einer Interpretation.
Literatur wird inzwischen sogar oft schon von vornherein so geschrieben, dass sie sich dem Film anpasst. Das heißt, sie ist handlungsbetont verfasst in der Hoffnung, verfilmt zu werden.
Bei der filmischen Umsetzung von Theaterstücken sind weitere mediale Verschränkungen interessant: Der schriftlich fixierte Dramentext, die Inszenierungen dieses Textes für die Bühne und die filmische Bearbeitung.

2. Die Klavierspielerin

Der Roman „Die Klavierspielerin“ von Elfriede Jelinek wurde 2001 von Michael Haneke verfilmt. Während es Jelinek vor allem um die Mutter-Tochter-Beziehung geht, stellt Haneke das Dreieck zwischen der Protagonistin Erika Kohut, ihrer Mutter und Walter Klemmer in den Mittelpunkt. Ein direkter Vergleich mit der Romanvorlage ist nur bedingt möglich und auch gar nicht notwendig, denn der Film arbeitet mit eigenständigen Mitteln.
Die spröde, strenge, kalt-distanzierte Sprache des Romans übersetzt Haneke in ebenso nüchterne Bilder. Ein wesentliches Stilmittel ist die Musik, in diesem Fall aus Schuberts Winterreise, die die Erfahrung von Gewalt, Kälte und Verzweiflung der Protagonistin zum Ausdruck bringt. Diese wird im Roman folgendermaßen beschrieben:“Ihr Körper ist ein einziger großer Kühlschrank, in dem sich die Kunst gut hält.“ Jelineks Text enthält viele intertextuelle Anspielungen auf verschiedene literarische und philosophische Texte. Durch dieses Erzählverfahren entsteht eine große parodistische Wirkung. In Hanekes Film jedoch ist das Schicksal von Erika Kohut durchaus ernst zu nehmen. Unter anderem durch die Musik. Haneke spannt Schuberts Winterreise in den Handlungsrahmen ein und eröffnet damit eine völlig andere Intermedialität. Die Vereinigung von Bild und Ton ist in einem Film an und für sich nichts Besonderes, sondern alltäglich. Doch in Hanekes Film werden nicht die Bilder mit Musik unterlegt, wie es sonst in Filmen üblich ist. Entweder wird im Film selbst, also im dargestellten Geschehen, Musik gespielt, (Klavier-Kammermusik), oder es sind Geräusche zu hören. Die Selbstverletzungen Erika Kohuts und ihre Vergewaltigung durch den Klavierspieler Klemmer werden durch die Geräusche noch unerträglicher. Z.B. Stöhnen, Wimmern, das Schlittschuhlaufen auf dem Eis, das Knirschen von Glasscherben. Mit diesem Verfahren wird das Gefühl von Kälte vermittelt, das Jelinek mit Metaphern beschreibt. In der zweiten Hälfte des Films verzichtet der Regisseur fast ganz auf Musik, wodurch der Zuschauer gezwungen wird, sich auf die deprimierende Handlung zu konzentrieren.
Jelinek ließ dem Regisseur völlig freie Hand. Ihr Kommentar zur Verfilmung ihres Romans zeigt deutlich die Grundproblematik von Literaturverfilmungen: „Ich bin ja eigentlich gegen Literaturverfilmungen, weil sie meist nicht gelingen. Das geht nur gut, wenn ein Regisseur etwas vollkommen Eigenes macht. In meinem Roman passiert alles aus Sprache, Haneke hat es in Bilder und Schauspielkunst umgesetzt.“

Literaturverfilmungen von Kinderbüchern

In Bezug auf die Verfilmung von Kinderbüchern, besonders von so genannten Kinderbuchklassikern, ist eine kleine historische Rückschau recht interessant. Anfang der 1950er Jahre wurden hauptsächlich Märchen verfilmt, allerdings für ein breites Publilkum und nicht ausschließlich für Kinder. Erst die der Verleiher Willi Wohlrabe und die Regisseure Zengerlin und Schonger machten aus dem Märchenfilm den reinen Kinderfilm. Auch während der zeit des Faschismus wurden fast ausschließlich Märchenfilme produziert. Da es nach dem Krieg in Deutschland nur wenige Fördermöglichkeiten für den Kinderfilm gab, war dieses Genre kaum existent. Es hatte nur dann eine Berechtigung, wenn seine Stoffe so bekannt waren, dass ihm von vornherein ein großes Publikum sicher war. D.H. dass die Produktions-und Verleihkosten ohne großen Werbeaufwand hereingespielt werden konnten. Das wurde noch dadurch erschwert, dass die Eintrittspreise für Kinder niedrig gehalten werden mussten und diese Filme nur an ein oder zwei Terminen in der Woche gespielt wurden. Einen solchen Bekanntheitsgrad hatten eben nur die Märchen oder Verfilmungen von Klassikern wie Erich Kästners „Emil und die Detektive“, „Das doppelt Lottchen“ oder Johanna Spyris „Heidi“. Diesen wenigen Verfilmungen wurde 1957 auch noch die letzte Grundlage entzogen. Das novellierte Jugendschutzgesetz untersagte Kindern unter 6 Jahren den Kinobesuch und somit waren zwischen 50 und 70 %der Besucher von Märchen-und Kinderfilmen ausgeschlossen. Damit kam die produktion zum Erliegen. Zwischen 1957 und 1978 wurden in Deutschland nur ca. 8 Kinderfilme produziert.Auch sie stützen sich auf literarische Vorlagen: z.B. Räuber Hotzenplotz. Daneben gab es einige Koproduktionen mit dem Ausland, z.B. „Pippi Langstrumpf“. Erst das Jahr 1978 brachte eine Wende. Weil in Berlin eine spezielle Kinderfilmförderung eingerichtet wurde. Seither gibt es jedes Jahr ca. drei neue deutsche Kinderfilme für das Kino. Und diese sind hauptsächlich Literaturverfilmungen. An dieser Zahl sieht man jedoch, dass es Kinderfilme immer noch schwer haben und immer noch als Verlustrisiko gelten. Sie konkurrieren gegen amerikanische Großproduktionen, die zwar vorwiegend für Kinder gemacht sind, aber nicht als ausgesprochene Kinderfilme laufen . z-b: Toy Story, DER König der Löwen oder Shrek.Nur wenige deutsche Produktionen können sich dagegen behaupten.

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