Die gut 89-jährige Erika Zendron durchlebte „bewegte Zeiten“. Über die politischen Veränderungen im Laufe ihres Lebens wollte sie jedoch nicht sprechen.
Zumindest nicht im Sinne einer auf Vergleichen aufbauenden Bewertung von erster Republik, Ständestaat, Nationalsozialismus, zweiter Republik und dem, was uns jetzt „blüht“. Das Gespräch ging also von vorne herein mehr ins Persönliche, ins anhand von Geschichten und Ausschnitten aus der eigenen Biografie vorstell- und hörbar machen, wie das „damals“ so gewesen ist:
Als Erika nach erfolgreich absolviertem Medizinstudium in Graz beschloss, den Doktortitel nicht anzunehmen, der überheblichen Ärzte wegen, mit denen sie zu tun hatte. Und auch ihres Mannes wegen, der nach seiner Flucht aus dem Sudetenland als Hilfsarbeiter beginnen musste. Ihr wäre das unangenehm gewesen, sie als Frau Doktor und ihr Mann, der Hilfsarbeiter.
Später, nach dem ihre beiden Söhne schon älter waren, begann Erikas berufliche Laufbahn als Volksschullehrerin an verschiedenen Schulen in verschiedenen Orten bzw. Gegenden Oberösterreichs.
Ihre Söhne hätte sie ähnlich wie sie selbst von ihren Eltern politisch geprägt wurde, geprägt, sagte Erika sinngemäß im Gespräch. Ihr sei das wichtig gewesen. Und auch zur Hausarbeit hätte sie die beiden angehalten, nicht mit Zwang, sondern mit einem spielerischen Zugang und der Betonung der gemeinsamen Tätigkeiten.
Nach ihrer Pensionierung arbeitete Erika Zendron „ehrenamtlich“ als Lehrerin weiter, die Schulbehörde hätte nichts dagegen einzuwenden gehabt, meinte sie und vom Geld her waren sie und ihr Mann nicht mehr auf ihr Lehrerinnengehalt angewiesen.
Heute ist Erika Zendron immer noch häufig bei Vorträgen, Lesungen oder Konzerten anzutreffen, das geistige Wachgebliebensein geht mit einer erstaunlichen körperlichen Agilität einher.
Ja, und regelmäßig Schachspielen gehe sie auch noch, hätte Erika wahrscheinlich auch erwähnt, wenn ich sie darauf angesprochen hätte, in unserem Gespräch am 22. Februar beim Radio.
Erich Klinger, 24. April 2018