Migrationsforschung als Kritik? 05 – Plenarvortrag von Inci Dirim

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Tagung des Instituts für Erziehungswissenschaft der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck ‚Migrationsforschung als Kritik? Ansprüche, Praxen, Reflexionen‘ am 9. und 10.12.2010 im Congress Innsbruck.

Audio-Dokumentation: Freies Radio Innsbruck – FREIRAD 105.9.

Erfordernisse, Möglichkeiten und Grenzen der Kritik politischer Praxen

Teil 05 – Plenarvortrag; Inci Dirim: Kritik politischer Praxen: Erfolgskriterien des sprachpädagogischen Modells der verordneten Einsprachigkeit

Moderation: Oscar Thomas-Olalde

Die Sprachenpolitik des Staates soll in dem Vortrag vornehmlich am Beispiel Österreichs beschrieben und interpretiert werden, wobei es sich zeigen wird, dass es sich um eine Sprache(n)politik eines bestimmten Nationalstaates handelt, die auch für andere europäische (alle?) Staaten gilt. Es handelt sich um eine Politik der „verordneten“ Ein- und Mehrsprachigkeit. In den engeren Fokus wird das staatliche Programm der Einsprachigkeit im Deutschen genommen, das Instrumente bereitstellt, mit denen die Handlungsfähigkeit von Subjekten in der (so vorgestellten) monolingual deutsch verfassten Gesellschaft hergestellt werden soll. Daran anschließend wird folgende Frage aufgeworfen:

Inwiefern sind die staatlichen Sprachförder- und Integrationsmaßnahmen dazu geeignet, Handlungsfähigkeit im Deutschen zu ermöglichen?

Diese Frage wird aus der Warte des Fachgebiets Deutsch als Zweitsprache beantwortet, das es in Österreich in Abgrenzung zum Deutschen als Fremdsprache aufzubauen gilt.

Zunächst wird eine allgemeine lerntheoretische Vorgehensweise vorgeschlagen, auf deren Basis Sprachförderkonzepte aufgebaut werden können. Die Lerntheorie Vygotskys, die hierzu herangezogen wird, zeigt rasch, dass es notwendig ist, von den Sprachlern- und Sprachgebrauchserfahrungen der Lernenden auszugehen und diese in die Sprachförderprogramme einzubeziehen.

Um diese Erfahrungen und Sprachgebrauchsweisen derjenigen, die Deutsch als eine Zweitsprache lernen, erfassen und deuten zu können, wird die in der Linguistik verwendete „Kritische Diskursanalyse“ (u.a. Wodak) unter Einbezug der Lerntheorie Vygotskys auf den Kontext Sprachförderung adaptiert. Die Kritische Diskursanalyse arbeitet mit dem umfassenden Textverständnis Foucaults und erlaubt, einen breiten Blick auf Sprache(n) zu richten, ohne auf der traditionellen Fehleranalyse im Deutschen zu verharren. Aus dieser für den Zweck des Vortrags adaptierten Analyseperspektive wird ein Bild der Sprachverwendungspraxen in der Migrationsgesellschaft gezeichnet, von dem – so nun die Position der Vortragenden – jedes sprachpädagogische Konzept ausgehen muss.

Es wird deutlich, dass kein Weg an der Akzeptanz von und der Auseinandersetzung mit (der migrationsspezifischen) Mehrsprachigkeit vorbeiführt.

Schließlich werden vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses staatliche Förderprogramme (Schule und Integrationsmaßnahmen) stichprobenartig analysiert. Das Fazit bewertet den Ist-Zustand und benennt Eckpunkte einer möglichen Neuorientierung in der staatlichen Deutschförderprogrammatik.

Thesen:

  1. Es ist nicht möglich Deutschförderung (an Schulen) zu betreiben, ohne die Mehrsprachigkeit der Schülerinnen und Schüler einzubeziehen.
  2. Auf die Teilhabe an der Gesellschaft bezogene Handlungsfähigkeit wird nicht nur über das Deutsche erreicht. Auch MigrantInnensprachen dienen dazu, sich in der Gesellschaft zu platzieren und diese aktiv mitzugestalten.

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Die Tagung ‚Migrationsforschung als Kritik? Ansprüche, Praxen, Reflexionen‘ fragt nach Möglichkeiten und Grenzen kritischer Migrationsforschung, nach Methoden und Methodologie, nach dem Verhältnis von Migrationsforschung und Politik sowie nach dem politischen und epistemischen Anspruch kritischer Migrationsforschung. Die Tagung thematisiert die unterschiedlichen Spannungsfelder, in denen sich Migrationsforschung bewegt. Welches Verhältnis hat Migrationsforschung zum Ansatz und der Idee von Kritik? Welche Ansprüche, Praxen und Reflexionen sind bei einer sich kritisch verstehenden Migrationsforschung sinnvoll, üblich und angemessen?

Die durch Plenarvorträge sukzessiv eröffneten Diskussionen zu den Themenfeldern werden anschließend jeweils durch Sessions mit thematischen Kurzstatements von TeilnehmerInnen bereichert, fokussiert und ergänzt.

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