Der Komponist Mark Barden hat uns für diese Sendung ein Mixtape zusammengestellt mit Werken aus seinen Lehrveranstaltungen “Werke lebender Komponist*innen” und “Die Klaviersonaten Alexander Skrjabins” an der Hochschule für Musik Detmold.
Playlist und Gedanken von Mark Barden:
1. Björk, The Pleasure is All Mine (2004, Album: Medúlla)
• Umgang mit Stimme, Zusammenarbeit mit Kehlgesangsexperte Tanya Tagaq und Beatboxer Rahzel, reiche Harmonik (viele Septakkorden, auch mit None und Tredezime).
2. Rebecca Saunders, Song (2001, Cello & Klavier), [Interpreten unbekannt: https://www.youtube.com/watch?v=994uwxqQFOM]
• klare Form, ständige Klangfarbenänderung, Reduzierung der eigenen Klangsprache aufs Minimum, Zum Titel: Inwiefern ist das denn eigentlich ein Lied?
3. Childish Gambino, Freestyle-Rap 1
• hochvirtuos. Übergang von Rap zum Sprechen und zurück äußerst geschickt gemacht. Improvisieren vs. Auskomponieren, Musikalität der Sprache (in einem anderen “Reaktion-Video” behauptet ein anderer Rapper, dass hier vieles schon vorher aufgeschrieben wurde, wie ein Werkzeugkasten, aus dem sich Childish Gambino dann frei bedient. Die Zusammenstellung ist also neu, viele der Komponente wohl nicht. Ist bei Jazz-Musikern auch nicht anders: Licks, usw.)
4. Alexander Skrjabin, Sonate Nr. 8, Op. 66 (1912-13, Klavier) [Interpret: Anna Malikova]
• Die längste und wohl unzugänglichste der 10 Sonaten. Auch meine Lieblingssonate. Obsessive Wiederholung (aufsteigender Sekunde). Überraschend konsonante Akkorde (im Vergleich zu Sonaten 6, 7 und 9, die alle deutlich dissonanter sind). Ausnahmsweise auch kaum poetische Spielanweisungen, die sonst bei Skrjabin Gang und Gäbe sind. Bloß “Tragique” im Takt 186. Merkwürdiges Ende (Dominantseptakkord mit None, Grundton ist A). Gibt es hier überhaupt ein Höhepunkt?
5. Childish Gambino, Freestyle-Rap 2
• Ähnlich wie oben, bloß ein anderes Beispiel. “Parker Lewis doesn’t lose” kommt auch hier vor, wie im 1. Freestyle. Hier Übergang zum Singen und zurück zum Rap auch sehr geschickt.
6. Lotte Kestner, Conversation 16 (Cover, Original von “The National”)
• Welche neue Ausdrucksmöglichkeiten sind durch Covers möglich? Original: Band (Gitarren, Drums, Keyboards), männliche Stimme. Hier solo, weibliche Stimme: introvertiert, Besetzung mit der Orgel verleiht eine ganz andere Atmosphäre. “I was afraid, I’d eat your brains” — schräges Liebeslied.
7. Mark Barden, viscera (2010, Viola, Cello & Klavier)
• s. Programmnotiz
8. [besteht aus 4 Tracks]:
8a. Calum Scott, Dancing on my Own (Cover, Original von Robyn), Live auf American Idol
8b. Lizzo, Truth Hurts & Good as Hell, Live bei den 2019 Grammys
8c. Whitney Houston, US-Nationalhymne “The Star-Spangled Banner”, Live beim Super Bowl 1991 (Bearbeitung für Orchester: John Clayton, 1991, Original: Francis Scott Key (Text, 1814) und John Stafford Smith (Musik, 1773))
8d. Kendrick Lamar, DNA (Album: “DAMN.”, 2017)
• 3 besondere Live-Performances. Calum Scott: viel Druck (Wettbewerb) und auch aus zwei Gründen hochemotional: (1) seine Schwester hat gerade gesungen und ist nicht weiter gekommen und er war sehr betroffen für sie, (2) er ist schwul und wurde gemobbt, der Text (der eigentlich an sich gar nicht schwul ist) wird hier umgedeutet und geht um Abweisen, Einsamkeit und Alleine-Klar-Kommen in einer Gesellschaft, die einen nicht akzeptiert.
Lizzo: “Body-positivity”: “it’s so hard to love yourself in a world that doesn’t love you back”. Das Publikum kennt die Lieder und singt mit…der Höhepunkt der Popularity dieser beiden Songs…Ekstase. Texteil in dem quasi gepredigt wird.
Houston: allgemein bekannt als die beste Performance der US-Nationalhymne. Patriotische Musik, damals mitten im 1. Iraqkrieg (militärische Flugzeuge auch am Ende zu hören). Geschichte des Texts: es gibt eine rassistische Strophe, die quasi nie gesungen wird. Und hier eine Afroamerikanerin singt die beliebteste Version. Die Bearbeitung an sich von John Clayton ist auch sehr hoch angesehen. Z.B. https://www.youtube.com/watch?v=zCBiTdFLuh8
Lamar, DNA: unfassbar viel Energie aufgebaut in der zweiten Hälfte. Wie genau? U.a. durch einen sehr subtilen Tempowechsel (Von 140 auf 130, ca. 2’00 im Track. Dazu wird aber der gesprochene Text allerdings *schneller*, da er bei Tempo 140 in Sechzehntel und bei Tempo 130 in Sechzehntel-Triolen rappt.) Polyphonie der vielen Schichten (Beats, Bass, bis zu 5 Stimmen, “Stimmführung” durch Panning-Effekte zu erkennen)