Crap! 20 Jahre »Endless Summer«

Podcast
Grundrauschen
  • gr_juli21
    57:00
audio
57:01 perc
Eine kritische Betrachtung des Klosteins
audio
57:01 perc
Soundwalk-Klanginstallations-Performance WARSZAWA
audio
57:01 perc
Grundrauschen im Auguscht
audio
57:01 perc
Ländlemilch und sura Käs
audio
59:10 perc
ghostdog im Grundrauschengespräch
audio
59:43 perc
Skubut: »Post-Punk ist für mich ein Lebensgefühl«
audio
56:54 perc
Dagmar bei Grundrauschen
audio
1 órák 00 mp.
SCHIMANSKI im Grundrauschen
audio
57:01 perc
Wirrbel live beim Salon skug 2023
audio
1 órák 00 mp.
Johann MJ Redl im Studio-Gespräch

Am 3. Juli 2001 erscheint »Endless Summer« von Christian Fennesz. Ein Album als Schnittmenge zwischen Experiment und Anbiederung. Früher war »Endless Summer« eine Platte, die man sich kaufte, weil man das mit dieser experimentellen Musik jetzt doch auch mal irgendwie ausprobieren wollte. Mittlerweile besitzt man sie, weil das Album in der restlichen Sammlung aus Knister-Knarz-und-Rausch-Musik wie ein zweiwöchiger Pauschal-Urlaub am Mittelmeer wirkt. Es ist damit so etwas wie das coole Guilty Pleasure für Menschen ist, die sonst nur in der Dunkelkammer die Erlösung suchen. Oder im Krach ihre Erfüllung finden.

Gleichzeitig ist der endlose Sommer immer auch eine Drohung. Dass alles so bleibt, wie es ist. Totaler Stillstand. Bei Temperaturen wie in der Betonwüste im Sechsten.

Das ist für mich kein Ausblick. Sondern das Symptom von Ausweglosigkeit. Man erzählt eine Geschichte, die niemals endet. Die sich immer weitererzählen muss. Und dessen Ende aufgeschoben wird wie das Versprechen nach einem besseren Ich.

Das kann zu nichts führen, außer der Einsicht, dass alles beschissen bleibt. Dass alles um uns herum so bleiben muss. Und sich niemals verändern wird.

Dieses Gefühl hat zuletzt niemand besser eingefangen als Scott McClanahan. Ein US-amerikanischer Autor aus der Einöde von West Virginia, der auf die literarische Konvention scheißt, weil es eh schon wurscht ist. In seinem Buch »Crap«, das der österreichische Autor Clemens Setz ins Deutsche übertragen hat, porträtiert er sein eigenes Leben. Und damit auch das seiner Familie. Er erzählt von durchgeknallten Verwandten, die alle Selbstmord begingen; von Unglücken, die ganze Ortschaften auslöschten; und von einer Jugend, die Harmony Korine schon mal so ähnlich in »Gummo« gezeigt hat.

In »Crap« trifft Armut und Perspektivlosigkeit auf White Trash und Rassismus. Das eigene Leben ist beschissen. Aber man weiß, dass es anderen noch beschissener geht. Das hilft nicht nur dem Protagonisten durch den Tag. Sondern hält das ganze Werkl am Laufen. Darin schwingt pure Selbstaufgabe mit. Das Leben erscheint nicht zu kurz, sondern endlos. Wie der Sommer, von dem wir sprachen. Crap!

Meld dich an zum Grundrauschen-Newsletter: https://grundrauschen.substack.com/

Szólj hozzá!