Vive l’Europe! #13 – US-Wahl: extreme Nervosität

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Volitve v ZDA bodo napete, slišimo neposredno iz tradicionalno demokratskega New Yorka. Za Evropo bi bilo bolje, da zmaga demokratska stranka, meni profesorica mednarodnih odnosov na Fakulteti za družbene vede v Ljubljani. Avstrijski profesor in politični strokovnjak pa nam predstavi ključni vprašanji: kateri strani bo uspelo mobilizirati volivce in kako se bodo odločile tako imenovane »nihajoče države«, torej tiste zvezne države, ki niso tradicionalno zveste eni politični stranki. Zdaj pa k podrobnostim.

 

Die aktuelle Stimmung kurz vor den US-Wahlen kann als „sehr angespannt“ bezeichnet werden, so die in New York lebende Österreicherin Andrea Gaber-scik, die auch ein äußerst knappes Ergebnis prognostiziert. Dr. Ana Bojinović Fenko informiert in einem Kommentar über die Auswirkungen des Wahlausgangs auf die zukünftigen Beziehungen zu Europa. Die entscheidende Frage lautet, welcher Kandidat es schafft, seine Wählerschaft in der letzten Phase des Wahlkampfs aktiv zu mobilisieren. Univ.-Prof. Dr. Reinhard Heinisch, ein renommierter Politikwissenschaftler und USA-Experte, skizziert ein Porträt der beiden Spitzenkandidaten, analysiert die Neuorientierung von Wählern und weist auf die durch das US-Wahlsystem bedingten deutlichen „Verzerrungen“ hin.

 

Das Wahlsystem führt zu teilweise sehr starken Verzerrungen. Die wahrscheinlich bekannteste Verzerrung, die aber schon seit Anbeginn der USA existiert, war der sogenannte „Great Compromise“. Die hatten auch in der Europäischen Union ja so etwas Ähnliches. Ein Ausgleich zwischen den kleinen und den großen Staaten hieß der „Connecticut Compromise“. Und der „Connecticut Compromise“ sah vor, dass zwar das Abgeordnetenhaus proportional nach Bevölkerungsgröße befüllt wird, aber dass alle Staaten dort nur zwei Stimmen haben. Dennoch führt das zu einer teilweise absurden Situation, wenn jetzt zum Beispiel Kalifornien mit seinen 40 Millionen Bewohnern – wenn die proportional zur Größe Senatoren hätten, hätten die 46 von den 100 Senatoren. Man könnte sich vorstellen, wie mächtig Kalifornien ist. Und im Prinzip ist es so, dass in den USA aufgrund dieser Geschichte die dünner besiedelten konservativen Staaten in der Mitte eine überproportionale Macht haben gegenüber den Staaten, den bevölkerungsreicheren, liberaleren Staaten an der Küste. Und das führte eben dazu, dass letztlich die Republikaner, mit einer geringeren weißen Bevölkerung, die USA immer noch stärker dominieren. Das führt auch dazu, dass jemand wie Hillary Clinton drei Millionen mehr Stimmen haben kann und dennoch die Wahl verliert, weil es natürlich egal ist, auch wenn in Kalifornien noch fünf Millionen Leute die Demokraten wählen, das nützt nichts, weil der Kalifornier kann auch nur eine bestimmte Anzahl an Wahlmännern oder Wahlstimmen vergeben.

Ein weiteres Phänomen, das in den USA seit einigen Jahren festzustellen ist, betrifft eine Neuausrichtung der Wählerschaft, …

Die Republikaner waren früher die klassische Partei der bürgerlichen Mitte: Die Ärzte, die Anwälte, die Professionals, die in den Vorstädten wohnten, haben die Republikaner gewählt. Und die Arbeiterschicht, die Schicht niederer Bildung, die Einwanderer, haben Demokraten gewählt. Und das hat sich jetzt insofern völlig geändert, dass die Republikaner immer unterschichtiger wurden, dass dort Menschen mit etwas niedrigerer Bildung, ländliche Bevölkerung und die Arbeiter zunehmend republikanisch wählen, während die klassische bürgerliche Mitte, die Vorstädte und vor allem hier die Frauen in überwiegenden Großteilen die Demokraten wählen. Das ist also eine Bewegung, die noch nicht abgeschlossen ist. Das macht es auch sehr schwierig, dieses „Forecasting“, also dieses Analysieren. Die Wahlvorhersage ist sehr schwer, weil das teilweise so rasch auch passiert – vor allem Trump hat das auch so richtig beflügelt, befeuert. Das Phänomen haben wir sehr stark seit den beginnenden 2000er Jahren, dass es einfach sehr schwer ist, diese Wahlbewegungen wirklich im Detail vorherzusagen, weil das inzwischen auch sehr komplex ist.

Soweit eine kurze Auswahl von Phänomenen, wobei auch ein zunehmender Vertrauensverlust in die Institutionen, damit einhergehend ein Rückgang der Wahlbeteiligung, die wirtschaftliche sowie kulturelle Polarisierung, die bis hin zu ideologischem Extremismus führen.

Wenden wir uns nun den Hauptakteuren dieser US-Wahl 2024 zu. Wer wird am Dienstag, den 5. November diese Wahl gewinnen? Traditionell ist die Wahl immer am ersten Dienstag im November. Wer sind die beiden Persönlichkeiten, die repräsentativ für die Wählerschaft stehen? Ein erstes Portrait entwirft Reinhard Heinisch von Donald Trump anhand eines Wahlplakates, es ist

… ein klassisches populistisches Poster. Die Eliten, die Bösen sind nicht hinter mir her, sondern hinter euch her. Ich bin nur im Weg. Jetzt kann man nicht sagen, wieso ist der so populär? Das könnte man auch bei vielen Politikern in Europa sagen. Denken Sie an Silvio Berlusconi oder an andere. Das ist auch nicht so schwierig. Ich meine, Donald Trump inszeniert sich als Antipolitiker. Wir leben in einer Zeit, wo Politiker sehr unpopulär sind. Donald Trump inszeniert sich als starke Person, als Alpha male, in einer Zeit, die sehr unsicher ist. Da denken die Leute, naja, wenn der mit Xi Jinping oder mit anderen Potentaten da zusammenkommt, besser einer, der stark ist, auch wenn er vielleicht ein bisschen verrückt ist. Aber es ist besser, wenn es der Crazy One ist. Unser Crazy ist, wenn die Craziest bei den anderen sind.

Dann ist die Einwanderung ein riesiges Thema in den USA, wo er natürlich ganz scharf dagegen auftritt. Die Republikaner haben fast eine Viertelmilliarde Dollar an Werbefilmen verwendet, für Werbung verwendet, soweit nur zum Thema Einwanderer!

Und dann tritt er als Change Agent auf, als Veränderer. Das heißt, wenn ich jetzt den Ist-Zustand für unerträglich halte, egal wie der ist, aber mit ihm kommt zumindest glaubwürdig eine Veränderung und dann gilt er auch als jemand, wo es der Wirtschaft besser geht. Also als Thema Wirtschaftspolitik und dann gilt er noch als „Law and Order“. Das sind aber Bereiche, die für viele Durchschnittsamerikaner durchaus wichtige Bereiche sind.

Ein konträres Bild entwirft nun Heinisch von Kamala Harris, der Kandidatin der Demokratischen Partei, er hat dazu ein Stärken-Schwächen-Modell gewählt:

Kamala Harris hat bestimmt Schwächen und Stärken. Ich würde sie eher so der Mitte zuordnen, mit gewissen kulturell progressiven Tendenzen. (Sie) steht eher für den Status Quo, ist sicher eine Fortsetzung der Politik von Joe Biden, ist sicher auch wesentlich protektionistischer, als wir zum Beispiel das früher noch hatten in den USA.

Aber natürlich wäre sie ungleich besser für Europa. Sie hat ja nicht vor, die EU zu spalten, sie hat nicht vor, Schutzgeldzahlungen zu erpressen und sie wäre sicher bereit, Veränderungen in einer Art konsensualem Verfahren mit Europa durchzuführen – und sie hat sicher auch eine völlig andere Ukraine-Politik.

Sie bringt natürlich Schwächen auch mit. Ich meine, sie muss als Frau und sie muss als Kandidatin einfach Vielen gerecht werden. Das ist jetzt extrem schwierig. Und sie hat als Frau und als ethnische Minderheit natürlich strukturelle Nachteile. Und ich vermute auch, das führt dazu, dass wir nicht ganz die Wahrheit bei den Umfragen sehen. Ich glaube, dass Trump bei den Umfragen unterschätzt und sie überschätzt wird, weil wahrscheinlich doch einige sich nicht trauen zu sagen, dass sie für den Trump sind und gegen sie stimmen würden.

Der Wunsch nach Veränderung ist sehr stark in den USA. Sie steht eben auch immer noch sehr stark für den IST-Zustand. Sie muss mehr sein als „Nicht-Biden“ und „Nicht- Trump“. Sie kann sich aber jetzt auch nicht von Biden komplett distanzieren. Das würde sehr unglaubwürdig wirken. Sie macht, sie ist sehr geschickt. Sie macht diese Wahl, es geht nicht um sie, im Gegensatz zu Hillary Clinton, die ja als historische Person angetreten ist, als erste Frau die Präsidentin wird, versucht sie das zu vermeiden. Sie spricht auch nicht von ihrer Hautfarbe oder davon, aber sie hat natürlich biografische Nachteile, in dem Sinn, dass sie ein unbeschriebenes Blatt ist: Dass man immer noch nicht wirklich weiß, wofür sie steht, worin sie sich von Biden unterscheidet und welche politischen Akzente sie eigentlich setzen will.

Sie muss aber auch versuchen, die Traditionellen und die Mittelschicht anzusprechen. Und sie muss beides versuchen, möglichst gleich zu machen, um die Leute zu mobilisieren.  Also – einerseits repräsentiert sie sich als Professional Woman, also als Anwältin, fast Weiß auf diesem Plakat, aber – gleichzeitig aber auch gegenüber den Schwarzen als eine Person, die durchaus in der Bürgerrechtsbewegung über ihre Eltern sozialisiert wurde.

Eine interessante Anmerkung zur Außenpolitik der Demokratischen Partei der USA, die historisch gesehen im Einklang mit der EU steht, erläutert Dr. Ana Bojinović Fenko, so erklärte sie kürzlich:

Die demokratische Außenpolitik ist traditionell multilateral. Sie basiert auf der Idee, dass die Vereinigten Staaten als verantwortungsbewusste Großmacht innerhalb internationaler Organisationen, vor allem innerhalb der Vereinten Nationen, handeln und sich an das Völkerrecht halten oder einen Weg finden, es so auszulegen, dass sie sich an das Völkerrecht halten, es aber definitiv nicht verletzen. Dies ist also äußerst wichtig für die Europäische Union und ihre außenpolitischen Werte, weil die EU auch so arbeitet und natürlich wegen der demokratischen Werte, die sie in die Welt projiziert.

Die Soziologin und gebürtige Österreicherin Andrea Gaberszik lebt seit über dreißig Jahren in den USA. Sie schildert, wenige Tage vor der Abstimmung, ein aktuelles Stimmungsbild:

Ich würde sagen, sehr angespannt. Extreme Nervosität, speziell in den demokratischen Bundesstaaten und unter den Demokraten. Bei dieser Wahl geht es ja nicht nur um Demokratie oder Diktatur, sondern auch um massive Einschränkungen, die uns bei einer republikanischen Regierung bevorstehen. Zum Beispiel, wenn man sich jetzt das Projekt 2025 anschaut, also die Vorlagen für eine zukünftige Trump-Regierung, wären das massive Einschränkungen der Bürgerrechte, Abschaffungen der staatlichen Pensionen, Abschaffung der öffentlichen Krankenversicherungen oder massive Einschränkungen, Verfolgung politischer Feinde, Massendeportationen, Einschränkungen der Frauenrechte, Abtreibungseinschränkungen, Klimaschutzbeschränkungen und so weiter.

Das Problem in den USA sind natürlich letzten Endes die sogenannten Swing States. Das sind zum Beispiel Nevada, Arizona, Wisconsin, Michigan, Pennsylvania, die letzten Endes dann die Wahl entscheiden, weil sie von Wahl zu Wahl entweder republikanisch oder demokratisch wählen. Also das ist noch in der Schwebe, wie das ausgeht.

Wir bangen uns um die Zukunft, um die Zukunft der nächsten Generation. Es ist sehr nerve-wracking. Also sleepless nights on the east and west coast zumindest in den demokratischen Lagern. Hoffen wir, dass wir vielleicht doch eine Chance haben. Kamala Harris is doing a good job. Aber wie gesagt, es ist neck to neck. Es ist sehr knapp, das Rennen. Das ist derzeit die angespannte Stimmung hier in New York und in den USA.

Ein abschließendes Fazit von Univ. -Prof. Heinisch, das für die nächsten Tage und den Wahlausgang entscheidend sein dürfte:

Die amerikanische Wahl ist immer eine Mobilisierungsentscheidung. Die Leute wechseln nicht ihre Partei, sondern es geht immer darum: Wer geht hin? Wenn die Demokraten gewinnen, bringen die mehr ihrer Leute zur Wahl. Die haben auch mehr Leute, die wählen können. Aber die sind viel weniger interessiert an der Wahl, sind viel lauwarmer in ihrer Unterstützung. Die Republikaner sind wesentlich feuriger, sind wesentlich mobilisierungsfreudiger, aber geringer in der Anzahl.

 

Kakšna je torej politična slika obeh kandidatov? Trump je klasičen populist, ki se predstavlja kot antipolitik. Predstavlja se kot močna oseba v negotovih časih, kot nekdo, ki je malo nor, ampak samo tak se lahko zoperstavi močnim svetovnim politikom in lahko spremeni nevzdržne notranje razmere, slikovito oriše Reinhard Heinisch.

Kamala Harris pa bi bila po mnenju našega sogovornika boljša za Evropo, pripravljena bi bila na sodelovanje in gotovo bi imela drugačno politiko do Ukrajine. Problem Harris pa je, da se ne ve, kaj točno zagovarja in kako se razlikuje od Bidena. Javnomnenjske raziskave ne kažejo prave slike, saj je Harris precenjena, še pove naš sogovornik.

Demokrati na oblasti bi bili vsekakor boljši za Evropo, se strinja Ana Bojinović Fenko. Demokratska zunanja politika temelji na ideji, da ZDA delujejo kot odgovorna velesila in spoštujejo mednarodno pravo. To je izjemno pomembno za Evropsko unijo in njene zunanjepolitične vrednote, saj tako deluje tudi EU.

Problem v ZDA so seveda na koncu t. i. nihajoče države, torej zvezne države, ki nimajo tradicionalne pripadnosti eni stranki in se opredelijo na vsakih volitvah sproti. Pri ameriških volitvah vedno odloča, kdo gre na volišče. Demokrati imajo več ljudi, ki lahko volijo. Vendar jih volitve veliko manj zanimajo, njihova podpora je veliko bolj mlačna. Republikanci so veliko bolj ognjeviti, veliko bolj pripravljeni na mobilizacijo, vendar jih je manj, zaključi Reinhard Heinisch.

 

 

Kurzbiografien

Univ. -Prof. Dr. Reinhard Heinisch (PhD), ist Professor für vergleichende österreichische Politik an der Universität Salzburg und Leiter des Fachbereichs Politikwissenschaft. Er ist regelmäßiger Gastlektor an der Renmin University in Peking sowie assoziierter Wissenschaftler der University of Pittsburgh. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der vergleichenden Populismusforschung und Demokratie. Er ist Autor von über 40 peer-reviewten Forschungsartikeln und mehr als 50 weiteren wissenschaftlichen Veröffentlichungen, darunter 12 Bücher. Er ist Träger des vom österreichischen Parlament verliehenen Lupac-Wissenschaftspreises (2017). Nach einem kürzlich abgeschlossenen EU-finanzierten Horizon 2020 Projekt zum Thema Gegenstrategien zum radikalen Populismus, leitet er nun das vom FWF und dem Schweizer Nationalfond finanzierte Projekt „Populism and Conspiracy“.

Die hier veröffentlichten Ausschnitte wurden seinem Vortrag bei einer Veranstaltung der Karl Popper Foundation im Oktober 2024 in Klagenfurt /Celovec entnommen.

Dr. Ana Bojinović Fenko, Professorin für internationale Beziehungen an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Ljubljana. Der Auszug aus dem Interview mit Ivo Kores, wurde auf Radio Slovenija und auf EuranetPlus veröffentlicht.

Andrea Gaberscik MA lebt in Brooklyn, New York, und war als Supervisorin beim Maranatha Human Services tätig. Sie absolvierte an der Johannes Kepler Universität in Linz / Österreich das Studium der Soziologie.

 

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