Vive l’Europe! #48 – Ungleich verbunden: Altersdiskriminierung online

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“Neulich gehe ich für meine fast 90-jährige Mutter einkaufen in ihren Lieblingssupermarkt und stehe dann bei der Kasse. Da gibt es immer so tolle Pickerl, die da in den Prospekten sind, dass das so und so viel günstiger ist und die wollen wir natürlich auch einlösen. Dann gibt es aber bei diesen Pickerln unten noch zusätzliche drei Extra-Pickerl. Dafür brauchst aber eine App. Jetzt stell dir vor, meine 90-jährige Mutter soll sich jetzt noch ein Handy zulegen mit Internet, damit sie diese App runterladen kann. Meine Mutter weiß, was „A“ heißt „P“ und „P“, aber die hat keine Ahnung von einer App. Was soll sie damit? Die wird einfach ausgeschlossen. Die kann das einfach nicht in Anspruch nehmen. Da sagt sie zu mir: „Du, was ist denn mit den unteren Pickerlern – die können wir ja auch einlösen?“. Nein Mama, kann man nicht, weil du brauchst dafür eine APP!”

Tako Elfriede Insam povzame pogovor s svojo materjo. Aplikacije, ID Austria, spletne subvencije in digitalni zdravniški termini. To so le nekateri izmed primerov, kako je naša družba pri hitrem digitalnem razvoju pozabila na starejše.

Dieses Beispiel von Elfriede Insam verdeutlicht: Die rasante digitale Transformation ist für ältere Menschen mit enormen Herausforderungen verbunden. Pointierter gesagt – digitale Altersdiskriminierungen werden vielfach weder wahrgenommen noch offen thematisiert. Dennoch zeigen sie sich in vielfältigen Facetten, wie etwa bei bereits angesprochenen Sonderangeboten, Online-Terminvergaben bei Ämtern oder Reservierungen, die nur mit digitalen Geräten zugänglich sind, deren Nutzung jedoch für ältere Menschen oft eine große Hürde darstellen.

Eine Reportage mit Christian RÖSNER (PVÖ), Dr. John EVERS (VÖV) und Brigitta LUCHSCHEIDER (Generation Plus).

Generalsekretär Christian Rösner (PVÖ) erläutert einleitend, welche digitalen Hürden er bei älteren Menschen wahrnimmt. Oder, welche Beispiele von „ungleich verbunden – Altersdiskriminierung online“ zu nennen wären:

Nun, Altersdiskriminierung in der digitalen Form gibt es in verschiedenen Erscheinungsformen. Das sind zum Beispiel die „ONLY Online-Rabatte“ oder Rabatte, die nur via App zugänglich sind. Oder es gibt Förderungen, die nur online gewährt werden, also zum Beispiel wie den Handwerkerbonus, den Reparaturbonus oder den Sanierungsbonus. Oder es gibt auch nur online ONLY-Informationen, zum Beispiel über Produktrückrufe oder auch komplexe digitale Anwendungen, die zum Beispiel nur mit ID Austria funktionieren, also wo man sozusagen gezwungen ist, ein Smartphone zu besitzen. Oder es werden teilweise Rechnungen oder Bescheide nur noch digital ausgestellt.

Ein weiteres Beispiel ist die Einstellung von telefonischen Informations- oder Kunden-Hotlines, wie zuletzt bei der Supermarktkette Hofer. Oder es gibt bestimmte Bereiche, wo es Tickets nur noch in digitaler Form gibt, auch bei Ticketautomaten oder Terminvergaben, die nur online stattfinden oder Onlinereservierungen in Thermen oder bei Ausflugszielen, die man nur noch digital vornehmen kann. Das geht so weit bis zu Tischreservierungen in Restaurants, die teilweise auch nur noch online möglich sind.

Soweit einige Beispiele – welche Auswirkungen haben nun diese Formen einer digitalen Benachteiligung für die ältere Generation, Rösners Einschätzungen dazu:

Kurz zusammengefasst sind die größten Auswirkungen: Ausschluss aus der Gesellschaft, finanzielle und zeitliche Mehrbelastung, Überforderung, Entmündigung. Konkreter kann man jetzt zum Beispiel sagen, die vorhin angesprochenen Online-Only-Rabatte oder Rabatte, die es nur via App gibt, dass hier oft mit finanziellen Mehrbelastungen verbunden ist, eben dem Gefühl, ausgeschlossen zu werden oder ein Kunde zweiter Klasse zu sein. Oder wenn zum Beispiel Förderungen nur online gewährt werden, dann kann das ebenfalls finanzielle Mehrbelastungen nach sich ziehen, aber auch das Gefühl von Entmündigung. Also wenn die Enkel oder die Kinder oder die Handwerker die Förderung für einen beantragen müssen und man das Gefühl hat, man kann das selber einfach nicht mehr tun oder ist nicht in der Lage dazu.

Wenn Produktrückrufe, zum Beispiel, nur online erfolgen, habe ich als Betroffener einen schweren Informationsverlust beziehungsweise ist das auch ein großer Nachteil als Konsument beziehungsweise besteht sogar Gefahr, dass hier meine Gesundheit geschädigt werden kann, wenn das Produkt zurückgerufen wird und das vielleicht sogar gefährlich für mich sein könnte. Und, was ich vorher angesprochen habe, was die Terminvergaben betrifft, das ist auch eine klare Diskriminierung, wenn ich im medizinischen Bereich nur noch einen Onlinetermin bekomme, bin ich eigentlich als Patient schlechter gestellt. Außerdem könnte das auch ernstzunehmende gesundheitliche Folgen haben, weil ich keinen Termin einfach mehr bekommen kann. Und bei diesen Online-Reservierungen in Thermen oder anderen Ausflugszielen, wenn man sich auf das bezieht, dann kann es sein, dass ich mal vor verschlossenen Türen stehe, weil ich keine Reservierung habe im Restaurant oder weil die Therme bereits ausgebucht ist und ich nicht mehr hinein kann. Also da gibt es Auswirkungen ohne Ende.

Auswirkungen ohne Ende, meint der österreichische Pensionistensprecher Christian Rösner und schwenkt nun über in einige zentrale Forderungen, die sich schlüssig aus dem bisher vorgestellten Formen und Auswirkungen von digitaler Altersdiskriminierung ergeben:

Also eine zentrale Forderung ist sicher, dass es alle digitalen Angebote auch analog geben muss. Weiters sollte die ältere Generation bei Gesetzesbeschlüssen die Digitalisierung betreffen, natürlich mit einbezogen werden oder zumindest immer mitgedacht werden. Und es muss auch viel mehr Unterstützungsangebote und Schulungen im digitalen Bereich geben. Konkret heißt das, dass die Digitalisierung mittlerweile alle Lebensbereiche betrifft. Das heißt, der Grundsatz „Niemand darf zurückgelassen werden“, wäre strikt zu befolgen und solange es nötig ist, müssen auch alle Angebote staatlicher und privater Stellen auch noch analog vorhanden bleiben.

Des Weiteren müssten alle Zugänge zur öffentlichen Verwaltung, also zum Beispiel was Anträge betrifft, analog erhalten bleiben. Und es darf kein Online-ONLY mehr geben. Also es muss immer eine persönliche, schriftliche oder telefonische Möglichkeit in der Verwaltung und der Wirtschaft geben. Ich muss mit den Leuten reden können. Nur allein digital mit ihnen verbunden zu sein, ist einfach viel zu wenig. Neben dem elektronischen Versand ist sicherzustellen, dass zum Beispiel Bescheide, behördliche Informationen, Kontoauszüge, Rechnungen et cetera, auch immer als Ausdruck kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Also einfach alle Dinge, die ich elektronisch habe, muss ich auch auf Papier haben können.

Positive Möglichkeiten der Digitalisierung seien jedoch verstärkt zu nützen. Hier wäre auch eine stärkere Zusammenarbeit mit anderen EU-Ländern wünschenswert, da diese gerade für die ältere Generation große Vorteile bringen würde, Rösner meint etwa …

… zum Beispiel im Bereich der Telemedizin und Telecare. Es ist zum Beispiel möglich, dass ein Herzschrittmacher die gemessenen Werte regelmäßig an einen Facharzt sendet. Ich meine, das sind zum Beispiel wertvolle Errungenschaften der Digitalisierung. Oder Video-Chats zu ermöglichen, dass zum Beispiel ein Physiotherapeut einer Patientin oder einem Patienten bei den Therapieübungen hilft, sie beobachtet und anleitet. Da spare ich mir einfach den Weg dorthin und kann sozusagen auf digitalen Wegen meine Physiotherapie machen. Begrüßenswert ist es für uns auch, dass Digitalisierung in der medizinischen Forschung oder in der Diagnose und Behandlung weiter vorangetrieben wird. Also da gibt es Vorbilder im skandinavischen Raum, wie zum Beispiel in Estland dafür.

Wie bereits erwähnt, fordern wir auch mehr Schulungsangebote, um mehr digitale Kompetenz zu erlangen, also zum Beispiel in Form von speziellen Förderungsmaßnahmen. Sinnvoll wäre es zum Beispiel auch, wenn man einen eigenen Ethikrat einsetzen würde, der sich mit dem Thema Digitalisierung befasst, vielleicht unter der Einbindung des Seniorenrats. Das ist unsere überparteiliche Interessensvertretung der älteren Generation in Österreich, die sogar Sozialpartnerstellung hat. Und dieser Ethikrat könnte sich in diesem Kontext dann mit den Themen Recht, Technologie, Datenschutz, Datensicherheit und Soziales beschäftigen und sich zum Beispiel dafür einsetzen, dass künstliche Intelligenz verantwortungsvoll und sinnvoll genutzt wird.

Schulungen, um die digitale Kompetenz zu stärken sind und waren auch ein vorrangiges Anliegen der Volkshochschulen in Österreich, die als Pioniere in diesem Bildungssegment zu sehen sind, so John Evers, vor allem wenn es darum geht, …

… Digitalisierung niederschwellig und aufsuchend zu den Menschen, insbesondere auch zur älteren Generation zu bringen. In Kärnten sind wir mit einem eigenen „Digi-Mobil“ durch die Gegend gefahren, um Menschen wirklich bei Alltagsfragen und Alltagsproblemen mit ihrem Handy, mit dem Impfpass, mit der digitalen Signatur et cetera. zu unterstützen. Und digitale Themen, Digitalisierung ist natürlich eine Querschnittsmaterie, die an verschiedenen Stellen in unserem umfangreichen Kursgeschehen auftaucht. Wir haben dabei das Motto: „Niemand darf durch die Digitalisierung ausgeschlossen werden“, aber wir wollen an unseren Kursorten den Menschen den Mehrwert von Digitalisierung gleichzeitig näherbringen.

Der österreichische Pensionistenverband sieht auch die Notwendigkeit eines digitalen Schulungsbedarfs und setzt, wie Generalsekretär Christian Rösner betont, auf eigene Angebote für die Weiterbildung von älteren Menschen:

Wir bieten zum Beispiel Tablet-, Smartphone- und KI-Schulungen für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger an. In der Landesorganisation Tirol gibt es sogar eigene Digi-Coaches, die bei Problemen mit Smartphone und Computer und anderen elektronischen Geräten gerne helfen. Und dieses niederschwellige Projekt findet enormen Zuspruch und da haben wir vor, das bald auf ganz Österreich auszuweiten.

Und nochmals ein quantitativer Überblick von Direktor John Evers zum Umfang der digitalen Aktivitäten des Verbandes der österreichischen Volkshochschulen:

Volkshochschulen sind in Österreich für alle Menschen da und wir zeigen mit siebenhunderttausend Teilnahmen pro Jahr, dass das auch wirklich zutrifft. An vielen unseren Standorten bieten wir beispielsweise im Bereich Digitalisierung Kurse im Rahmen des Programms „Digital Überall PLUS“ an. Das sind kostenlose Workshops, die insbesondere auch von älteren Personen besucht werden können, wo es um digitale Grundfertigkeiten geht.

Abschließend ein genereller Appell – vorgetragen von der stellvertretenden Vorsitzenden von „Generation Plus“ Brigitta Luchscheider, die Altersdiskriminierung nicht nur im digitalen Umfeld, sondern auch im analogen Alltag feststellt. Für sie sei generell ein wertschätzender Generationendialog „auf den Weg zu bringen“ und erwähnt auch ein Beispiel, das ihre Organisation verwirklicht hat:

Wir haben die Benachteiligung Älterer bei der Kreditvergabe abgeschafft, denn es ist nicht einzusehen, warum sich ein zum Beispiel 75-jähriger Mensch nicht einen Überbrückungskredit nehmen könnte, damit er sich eine bessere Heizung einbauen lässt in seiner Wohnung. Man braucht gar nicht in die digitale Welt zu schauen. Es gibt auch in der analogen genug Altersdiskriminierung. Ich denke da nur an das Kleingedruckte bei Verträgen. Da hilft auch die beste Lesebrille nicht.

Unsere Forderung ist es, einen ehrlichen und wertschätzenden Generationendialog auf den Weg zu bringen, aus den unterschiedlichen Lebensrealitäten eine tragbare Basis zu schaffen und Verständnis bei der jeweils anderen Generation. Das wäre ein erster Schritt zur Generationengerechtigkeit, die wir anstreben, denn wir sind grundsätzlich gegen Diskriminierung, ob im Alter oder sonst wo.

Digitalna diskriminacija starejših se pojavlja v različnih oblikah. To so na primer popusti, ki so na voljo le preko aplikacije, ali subvencije za popravila, ki se dodeljujejo samo preko spleta. Prav tako je nekatere terme in restavracije mogoče rezervirati le še digitalno, pove Christian Rösner, generalni sekretar avstrijskega združenja upokojencev.

Obstajajo tudi resnejši primeri, recimo zmanjšan dostop do javne uprave brez aplikacije ID Austria, nadaljuje sogovornik. Prav tako se nekateri računi izdajajo samo v digitalni obliki. Na določene specialistične zdravniške preglede se je mogoče naročiti le digitalno, zato so starejši kot pacienti pogosto v slabšem položaju.

Največje posledice digitalne diskriminacije so: izključitev starejših iz družbe, dodatne finančne in časovne zahteve, preobremenjenost, omejen dostop do pravic, povzame Rösner.

Kako lahko torej odpravimo takšno diskriminacijo?

Najprej morajo biti vse digitalne ponudbe na voljo tudi v analogni obliki, poudari sogovornik. Treba je zagotoviti, da so na primer odločbe, uradne informacije, izpiski iz računa in podobno vedno na voljo tudi brezplačno v tiskani obliki. Pri sprejemanju nove zakonodaje je treba vključiti starejšo generacijo ali jo vsaj imeti v mislih.

Starejšim pa je po drugi strani potrebno omogočiti razvoj digitalnih kompetenc. John Evers, generalni sekretar Zveze ljudskih univerz, pove, da so se s tako imenovanim „Digi-Mobilom“ vozili okrog in ljudem pomagali pri vsakdanjih vprašanjih in težavah z njihovimi mobilnimi telefoni, izkaznicami za cepljenje, digitalnimi podpisi in podobno. Ljudske univerze ponujajo tudi brezplačne delavnice, kjer lahko starejši pridobijo osnovna digitalna znanja.

Združenje upokojencev prav tako ponuja usposabljanja za uporabo tabličnih računalnikov, pametnih telefonov in umetne inteligence za starejše sodržavljane, pove Rösner.

Dobre novice prinaša tudi Brigita Luchscheider iz organizacije Generation Plus. Njena organizacija je dosegla odpravo diskriminacije starejših pri odobritvi bančnih kreditov, saj ni razloga, da na primer 75-letnik ne bi mogel vzeti kredita, da bi si v svojem stanovanju namestil boljše ogrevanje. Zahteva, da se vzpostavi iskren in spoštljiv dialog, da se iz različnih življenjskih realnosti ustvari skupna točka za osnovno razumevanje med generacijami.

 

Kurzbiografien:

Brigitta LUCHSCHEIDER ist seit September 2023 Obfrau der Generation Plus in Kärnten und Obmann-Stellvertreterin der Generation Plus Österreich. In Ihrem Engagement sind ihr die Themen Demokratie und Generationengerechtigkeit sowie Selbstbestimmtheit wichtig. Sie arbeitete als Journalistin, Kommunikations- und Medientrainerin, PR-Beraterin und Personalentwicklerin.

Christian RÖSNER EL HELIEBI ist seit Februar 2025 Generalsekretär des österreichischen Pensionistenverbandes (PVÖ) und Chefredakteur der Zeitschrift “Unsere Generation” (UG), die mehr als 200.000 Mitglieder erreicht. Der PVÖ ist die größte Interessenvertretung der älteren Generation in Österreich und damit Teil des Österreichischen Seniorenrates, der gegenüber der Bundesregierung Sozialpartner-Status hat.

Dr. John EVERS ist seit 2022 Generalsekretär des Verbandes der Österreichischen Volkhochschulen, die Dachorganisation von 257 Volkhochschulen mit 15.000 Mitarbeitenden in ganz Österreich. Für die ältere Generation werden v.a. generationenübergreifend rund 50.000 Kurse pro Jahr aus allen Lebens- und Fachbereichen angeboten. Mehr als jede fünfte VHS-Kurs-Teilnahme liegt im Bereich 60plus.

 

Weitere Links:

Wie gut sind EU-Bürger in Finanzfragen informiert?

EU-Digitalisierung pro Land

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