Eins, zwei, drei – alle sind dabei / Von der Volkszählung zum Bundesmelderegister
Radiofassung 60 min. (57″+Bonustrack)
Neben einer kurzen Einführung in die Problematik des Zensus 2011, soll es in dem Vortrag auch über die CCC Stellungnahmen für mehrere Landetage gehen. Weiterhin geht es auch um die mittlerweile abgewiesene Verfassungsbeschwerde des AK Zensus sowie weitere Möglichkeiten «was zu machen».
Zur Verhinderung einer zivilgesellschaftlichen Bewegung gegen eine neuerliche Volkszählung, erarbeitete die amtliche Statistik seit mehr als 10 Jahren das jetzt geplante alternative Erfassungsverfahren, genannt „registergestützter Zensus“, bei dem nur noch rund 25% der Bevölkerung mit persönlichen Fragebögen beschickt werden müssen. In der ersten Stufe der Volkszählung werden Daten von verschiedensten Stellen erfasst und bei den Landesstatistikämtern und dem Bundesstatistikamt in einer noch nie dagewesenen Datenbank zusammengeführt. Erst wenn dieser bisher unvorstellbare Datenberg angehäuft wurde, kommen die Bundesländer bzw. deren Ausführungsgesetze ins Spiel. Das führt dazu, dass die zu erwartende gesellschaftliche Diskussion erst stattfinden wird, wenn das Kind schon im Brunnen ertrunken ist.
Der Vortrag versucht den interessierten Zuhörern einen möglichst umfassenden, aber bestimmt nicht langweiligen Überblick über die Thematik Zensus 2011 zu geben.
Selbstverständlich muss im Rahmen solch eines Vortrags auch darüber gesprochen werden, warum die Verfassungsbeschwerde gegen das ZensG 2011 mit immerhin 13000 Unterstützern abgewiesen wurde und wie es jetzt weitergeht.
Quelle: 27c3 http://events.ccc.de/congress/2010/Fahrplan/events/4111.en.html
# update: Die BigBrotherAwards 2011 – Gewinner in Kategorie: Behörden und Verwaltung
Prof. Dr. Gert G. Wagner, Vorsitzender der Zensuskommission (stellvertretend)
Der BigBrotherAward 2011 in der Kategorie „Behörden und Verwaltung“ geht an den Vorsitzenden der Zensuskommission Herrn Prof. Dr. Gert G. Wagner für die als „Zensus2011“ bezeichnete Vollerfassung der Bevölkerung Deutschlands. Er erhält diesen Negativ-Preis stellvertretend für alle Beteiligten. Mit der aktuellen Volkszählung werden sensible Persönlichkeitsprofile von über 80 Millionen Menschen erstellt, die bis zu vier Jahre nach dem Stichtag am 09. Mai 2011 personenbezogen verfügbar sind. Dabei werden Daten aus Melderegistern, von der Bundesagentur für Arbeit und bundesbehördlicher Arbeitgeber zweckentfremdet, ohne dass die Betroffenen rechtzeitig und ausreichend darüber informiert werden oder dem widersprechen könnten
mehr Infos unter: http://www.bigbrotherawards.de/2011/.gov/
[Eine Frage an das Publikum: Wer von Ihnen ist vom Zensus 2011 – wie die Volkszählung dieses Jahr heißt – betroffen? Danke! Allen denen, die glauben, dass sie nicht betroffen sind, kann ich sagen:]
Heute vor genau fünf Monaten, am 01. November 2010, wurde zur Vorbereitung der diesjährigen Volkszählung ein erster Registerabgleich von allen Einwohnermeldeämtern an die Statistischen Landesämter übermittelt. Von jeder Einwohnerin und jedem Einwohner wurden folgen Daten weitergegeben:
Ordnungsnummer im Melderegister,
Familienname, frühere Namen und Vornamen,
Straße, Straßenschlüssel, Hausnummer und Anschriftenzusätze,
Wohnort, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
Tag der Geburt,
Standesamt und Nummer des Geburtseintrags,
Geburtsort einschließlich erläuternder Zugehörigkeitsbezeichnungen,
bei im Ausland Geborenen: Geburtsstaat,
Geschlecht,
Staatsangehörigkeiten,
Familienstand,
Wohnungsstatus (alleinige Wohnung, Haupt- oder Nebenwohnung),
Anschrift und Wohnungsstatus in der Gemeinde, aus der die Person zugezogen ist,
Anschrift der zuletzt bewohnten Wohnung in der Gemeinde,
Tag des Beziehens der Wohnung,
Tag des Zuzugs in die Gemeinde,
Herkunftsstaat bei Zuzug aus dem Ausland,
Tag der Anmeldung bei der Meldebehörde,
Tag des Wohnungsstatuswechsels,
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer des Ehegatten oder des eingetragenen Lebenspartners oder der eingetragenen Lebenspartnerin,
Familienname, frühere Namen, Vornamen, Tag der Geburt und Ordnungsnummer der minderjährigen Kinder sowie Familienname, Vornamen, Tag der Geburt, Schlüssel und Ordnungsnummer der gesetzlichen Vertreter,
Tag der letzten Eheschließung oder Begründung der letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
Tag der Auflösung der letzten Ehe oder letzten eingetragenen Lebenspartnerschaft,
Anschrift des Wohnungsgebers,
Information über freiwillige Anmeldung im Melderegister,
Übermittlungssperre nebst Grund der Übermittlungssperre,
rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft.
Diese Daten werden noch einmal zum 09. Mai 2011, dem Stichtag der Volkszählung, und zum 09. August 2011 übermittelt. So viele Daten, nur um die Bevölkerung zu zählen? Zumindest ist das ja die Begründung: Es würden genaue Einwohnerzahlen benötigt, für die Statistik, für den Finanzausgleich der Länder, für die Planung.
[Also, wenn die, die sich hier vorhin nicht gemeldet haben, weder bei dem Einwohnermeldeamt noch bei der Sozialversicherung gemeldet sind, dann könnte es tatsächlich so sein, dass sie noch nicht von der Volkszählung 2011 betroffen sind.]
Die Daten der Einwohnermeldeämter reichen den Statistischen Ämtern aber noch nicht aus.
Auch die Bundesagentur für Arbeit liefert zum Stichtag 9. Mai 2011 umfangreiche Daten an das Statistische Bundesamt. Neben Wohnort, Postleitzahl und amtlichem Gemeindeschlüssel, Straße, Hausnummer und Anschriftenzusätzen, Familienname und Vornamen, sowie Geschlecht und Tag der Geburt werden noch folgende Daten übermittelt:
für jede sozialversicherungspflichtig beschäftigte Person sowie für jede geringfügig entlohnt beschäftigte Person als Erhebungsmerkmale:
Arbeitsort (amtlicher Gemeindeschlüssel),
Wirtschaftszweig,
Betriebsnummer der Arbeitsstätte,
Ausbildung,
ausgeübter Beruf,
Status der Beschäftigten (beschäftigt oder geringfügig beschäftigt),
für jede als arbeitslos oder Arbeit suchend gemeldete oder nicht zu aktivierende Person als Erhebungsmerkmale:
Status (arbeitslos, nicht arbeitslos aber Arbeit suchend, nicht zu aktivieren) – ja, das steht genauso im § 4 des Zensusgesetzes! –,
höchster erreichter Schulabschluss,
letzte abgeschlossene Berufsausbildung,
für jede Person, die als Teilnehmer oder Teilnehmerin an Maßnahmen der Arbeitsförderung geführt wird, als Erhebungsmerkmale:
Art der Maßnahme (soweit von Bedeutung für die Erfassung der Erwerbstätigkeit),
höchster erreichter Schulabschluss,
letzte abgeschlossene Berufsausbildung.
Playlist:
Dan Mei – Infernal Blue Monday
Bonustrack:
DJ Clive$ter – Beautiful Lights