Das heutige „Radio skug» steht ganz im Zeichen der Zusammenführung von klassischer und elektronischer Musik.
Compilation „Messiah Remix» dran, die 2004 auf dem New Yorker Label Cantaloupe erschienen ist. Sozusagen kanonisierte Bildungsmusik der »Messias«-Messe von Georg Friedrich Händel von 1742 seine elektronische Adaptierung erfährt. Das Label Cantaloupe hat für vorliegende CD nicht mit guten Namen gegeizt, so finden sich hier Stücke vom Elektronikpionier Paul Lansky, der US-Soundperformerin Laetitia Sonami, der Kammermusikerin Eve Beglarian, von Scanner und John Oswald. Charles Amirkhanian, ex-Musikdirektor in Berkeley, bleibt ziemlich am Ausgangsmaterial, filtert ohne Contentverlust die Essenz heraus, Nobukazu Takemura liefert eine fernöstlich inspirierte Klangode, die jeden Ambient-DJ-Set anstandslos bereichert und dälek schließlich lassen außer ein paar Intro-Samples nichts mehr über als eine brachiale Entschlackung des »Messias« zugunsten des Beats. Gleich das erste Stück, „Mixed Messiah», von Tod Machover, einem Professor am MIT Media Lab, kann als Quintessenz dieses Zugangs herhalten: Händels wuchtiges Oratorium „Der Messias» wird dabei auf ein gut 6-minütiges Stück kondensiert.
Auf „Messiah Remix» verschmelzen klassische Ansätze eines Oratoriums mit Elektronik. Die barocke Theatralik von den letzten Tagen von Jesus Christus liefert so eine gute Antithese zur hyperverkörperlichten Ästhetik der Elektronik. Das spannende dabei ist, dass hier versucht wird, Ansätze zusammenzubringen, wie sie an sich nicht weiter von einander entfernt sein könnten. Denn „Messiah Remix» kompiliert nicht nur klassische Elektronik-Avantgarde, sondern auch Club-Techno und HipHop.
Der Elektronikpionier Paul Lansky, die Soundperformerin Laetitia Sonami, die Kammermusikerin Eve Beglarian und die Noise-HipHopper von dälek nähern sich an das religiöse Werk von Georg Friedrich Händel in einer Weise, die zwischen beinahe werkstreuer Interpretation bis zur völligen Dekonstruktion reichen.
HEINRICH DEISL