Kommentar der Woche – Mühlkreisbahn

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  • Kommentar der Woche - Mühlkreisbahn, 11.02.2014
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Mein Beitrag entstand in der Erstfassung am 6. Februar und somit zwei Tage vor dem Bekanntwerden von Gesprächen des für den Öffentlichen Personenverkehr in OÖ zuständigen LR Entholzer mit den ÖBB, die nun prüfen müssen, ob sich nicht doch eine für das Unternehmen „leistbare Möglichkeit“ findet, Transporte der neueren Triebwagen von und zur Mühlkreisbahn, die bislang auf dem Schienenweg über die Eisenbahnbrücke erfolgten, zu bewerkstelligen. Dieser Umstand ändert jedoch nichts an den Kernaussagen meines Kommentars, den ich daher nur ergänzt, aber nicht korrigiert habe:

 Nun ist die Katze aus dem Sack und Mario Brunnmayr, als Pressesprecher der ÖBB der Mann fürs Grobe, räumt endlich unverhohlen ein, warum die ÖBB nicht bereit sind, die Mühlkreisbahn im bis zum Auslaufen des Verkehrsdienstevertrages (2017) auch mit den Desiro-Triebwagen mit niederflurigen Einstiegen zu befahren: weil es “zu teuer” wäre, diese mit einem Tieflader abzutransportieren, sollte eine Instandhaltungs- oder Reparaturmaßnahme anstehen, die nicht vor Ort erledigt werden kann. Für die kürzeren Triebwagen älterer Bauart hat man offenbar noch die ÖBB-eigenen Straßenroller zur Verfügung, die sich übrigens zwischen März 1982 und August 1983 bestens bewährten und den damals noch umfangreichen Güterverkehr auf der Mühlkreisbahn trotz Sperre der Eisenbahnbrücke aufrecht erhielten. Von derartigem Engagement ist man inzwischen meilenweit entfernt, es reicht nicht einmal mehr dafür, wenigstens die restlichen Jahre abzuwickeln, ohne auf dem Rücken der BahnkundInnen privatwirtschaftliche Spargesinnung übelster Sorte zu demonstrieren. Dabei wurden die Desiro im Sinne einer Attraktivierung des Verkehrs auf allen nicht elektrifizierten Regionalbahnen in OÖ durch das Land OÖ mitfinanziert und erstmals auf der Mühlkreisbahn präsentiert.

Eines muss vorweg klargestellt werden: die Frechheit der ÖBB besteht nicht per se darin, den Fahrgästen künftig die ach so tollen Desiro vorenthalten zu wollen, denn was Sitzkomfort und Motorisierung anlangt, sind die älteren Triebwägen den neuen eindeutig überlegen. Und das Getue um die Klimaanlage halte ich ohnedies für übertrieben. Zudem wäre die Mühlkreisbahn trotz mit Fahrplanwechsel erweitertem Einsatz der Desiro auf anderen Bahnen nicht einmal die einzige „verdieselte“ Strecke ohne die neueren Fahrzeuge, was ich noch veranschaulichen werde.

 Die tatsächliche Frechheit oder Unverschämtheit der ÖBB besteht darin, dass man als „erster Mobilitätsdienstleister“ aus Kostengründen vorgehabt hat, auf die auf der Mühlkreisbahn teilweise erreichte relative Barrierefreiheit „zu scheißen“. Denn auch als Freund der älteren Fahrzeuge gibt es für mich nichts daran zu rütteln, dass an Mobilität ohne fremde Hilfe kein Weg vorbei führt. Und die Desiro sind, auch wenn lt. Auskunft eines Rollstuhlfahrers das Ein- und Aussteigen beispielsweise in Linz-Urfahr einer Rampe bedürfte, jedenfalls ein Fortschritt und ihr Einsatz eine Erleichterung für viele Reisende.

 Nun der Blick auf die anderen Strecken: Desiro verkehren auf der Almtalbahn (mehrheitlich sind aber noch die älteren Triebwagen im Einsatz) , auf der Innviertel-Bahn (vor allem für die Direktzüge von Linz nach Simbach und retour) und auf der Donau-Ufer-Bahn, wo nahezu sämtliche Umläufe (von einem Mo-Fr verkehrenden Zugpaar abgesehen) mit Desiro-Triebwagen abgedeckt werden. Auf der Hausruck-Bahn, der Aschacher Bahn bzw. auf der Strecke von Braunau nach Steindorf (-Salzburg) verkehren nach wie vor nur die alten Triebwagen bzw. lokbespannte City-Shuttle-Garnituren.

 Auf der Mühlkreisbahn ist seit geraumer Zeit ein Mischbetrieb mit “alten” und “neuen” Triebwägen Usus, erstens weil zu wenig Desiro (einsatzbereit) vorhanden sind, zweitens weil man bei Eisenbahnfahrzeugen von einer Einsatzdauer von bis zu 40 Jahren ausgeht und daher die zwischen 1987 und 1995 beschafften älteren Triebwagen der Baureihe 5047 auch aus wirtschaftlicher Sicht noch lange nicht ausgedient haben und drittens weil bei den Zügen bis und von Aigen-Schlägl die in Bogenlage befindliche Haltestelle Oepping bei Einsatz der Desiro nicht ohne Gefahr für die Reisenden beim Ein- und Aussteigen bedient werden konnte.

 Anstatt die Haltestelle entsprechend umzubauen und bei allen Zügen den Ein- und Ausstieg ohne gefährlich großen Spalt zwischen Zug und Bahnsteig zu ermöglichen, hat man bei den ÖBB vorerst mit Fahrplanwechsel im Dezember 2010 beschlossen, die Bedienung dieser Haltestelle deutlich einzuschränken, also bei allen Desiro-Fahrten in Oepping durchzufahren, und, nach Protesten der Gemeinde, wieder verstärkt auf Fahrten mit den älteren Triebwagen gesetzt.

 Dass das Interesse der ÖBB – auch wenn man zwischen für die Streckenerhaltung zuständiger Infrastruktur und dem Personenverkehr unterscheiden muss – an der Mühlkreisbahn in den letzten Jahren immer geringer wurde, kann neben anderen Kriterien auch darauf zurückgeführt werden, dass die ÖBB vorerst 2008 von den Planungen einer Regio-Tram “überrumpelt” wurden und es in weiterer Folge seitens der Verkehrsplanung des Landes OÖ keine ernsthaft in Erwägung gezogene Alternativ-Variante mit einem Weiterbestand der Mühlkreisbahn als normalspuriger Eisenbahnstrecke gab. Da nützt es auch nichts, wenn Mag. Klaus Garstenauer, beim ÖBB-Personenverkehr österreichweit für Nah- und Regionalverkehr zuständig, wiederholt sein Interesse kundtat, als ÖBB-Personenverkehr weiter auf der Mühlkreisbahn fahren zu wollen, auch wenn die Infrastruktur dann dem Land OÖ gehören sollte.

 Es liegt nun an der Politik, konkret an Landesrat Entholzer bzw. an den an der Mühlkreisbahn liegenden Gemeinden, speziell jenen im Abschnitt mit dem höchsten Fahrgastaufkommen und der größten Zugdichte – von Rottenegg bis Linz-Urfahr – von den ÖBB bis 2017 eine Bedienung der Strecke in jener Qualität einzufordern, die derzeit noch durch den häufigen, wenn auch nicht ausschließlichen Einsatz der Desiro-Triebwagen gegeben ist, die, wie schon gesagt, für viele Reisende durch den leichteren Einstieg eindeutige Vorteile bis hin zur Benützung ohne fremde Hilfe gebracht haben.

 Auch die Stadt Linz, konkret die Verkehrsstadträtin Hörzing, sollte bei aller Fokussierung auf die “Regio-Tram”, nicht auf jene zahlreichen Menschen vergessen, die die Mühlkreisbahn auf ihrem Weg nach Linz benützen, lt. ÖBB-Personenverkehr OÖ ist die Mühlkreisbahn mit 1,4 Mio. Fahrgästen (2012) die Strecke mit dem zweithöchsten Fahrgastaufkommen der zehn oö. Regionalbahnen, die von den ÖBB betrieben werden.

 Ebenso einmischen sollte sich der OÖ Verkehrsverbund als Bestellerorganisation der Leistungen im Regionalverkehr. Auch die Arbeiterkammer als Interessensvertretung der Arbeitnehmer_Innen ist gefordert, dem Zynismus seitens der ÖBB Einhalt zu gebieten. Mario Brunnmayr meinte ja kürzlich – ich nehme an, wider besseres Wissen – sinngemäß, dass mobilitätseingeschränkten Reisenden nach Abzug der Desiro Hilfe durch ÖBB-Bedienstete zuteil würde. Wie diese Hilfestellung beim derzeit mit wenigen Ausnahmen praktizierten 0:0 Betrieb (ohne ZugbegleiterInnen) in der Praxis außerhalb des einzigen noch besetzten Bahnhofs Linz-Urfahr vonstatten gehen soll, konnte er, in einem späteren Interview darauf angesprochen, jedenfalls nicht darlegen.

 Und die 500.000 €, die sich die ÖBB künftig lt. eigenen Angaben an jährlichen Erhaltungskosten für die ins Eigentum der Linz AG übergehende Eisenbahnbrücke ersparen, sollten wohl ausreichen, den einen oder anderen Sondertransport, sprich Überstellung von Desiro-Triebwägen mittels Straßenfahrzeugen, zu finanzieren.

 Im Hinblick auf eine leistungsfähige ÖV-Verbindung ins Obere Mühlviertel wäre zudem der Erhalt der Mühlkreisbahn als normalspuriger Eisenbahn auch über 2017 hinaus wesentlich, denn die geplante “Regio-Tram” in der Spurweite der Linzer Straßenbahn soll, lt. Aussage von Landesrat Entholzer beim Regionalbahntag 2013 in Perg, ohnedies nur mehr bis Kleinzell, also nicht einmal mehr bis Rohrbach zustande kommen. In der Praxis würde dies wahrscheinlich bedeuten, dass nur mehr bis Rottenegg umgespurt wird. Dieser drohenden Abnabelung des Oberen Mühlviertel kann am besten durch die nachdrückliche Forderung nach einer – zudem vergleichsweise kostengünstigen – Attraktivierung der normalspurigen Bestandsstrecke der Mühlkreisbahn bis Aigen-Schlägl begegnet werden.

Erich Klinger, 11.2.2014

 

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