Wilderei bezeichnet laut Wikipedia den Eingriff in ein fremdes Jagdrecht oder Fischereirecht.
Bis vor dem 2.Weltkrieg wurde wilderei allgemein als Kavaliersdelikt betrachtet, wenngleich es auch seit dem Mittelalter strenge Strafen für dieses Delikt gab.
In Österreich wird wilderei nach folgenden Gesetzen als strafbestand behandelt: §137 StGB (Eingriff in fremdes Jagd- und fischereirecht),
§138 StGB(schwerer Eingriff in fremdes Jagd- und Fischereirecht), §140 StGB (Gewaltanwendung eines Wilderers), §141 StGB (Entwendung).
Wildernde Personen stammten meist aus den unteren sozialen Bevölkerungsschichten. Da sie mitunter gegen die Obrigkeit rebellierten, wurden sie gerne zu Volksheld_innen stilisiert.
Dichter_innen und Schriftsteller_innen trugen zum romantisch-verklärten Bild von wildernden Personen, in der Mehrzahl freilich Männer, bei, denen dann Attribute wie „verwegen“ und „schneidig“ zuerkannt wurden.
Heimatfilme der 50er- und 60er Jahre des 20.Jahrhunderts richteten schließlich einen nostalgisch-verkitschten Blick auf eine heile Bergwelt, in der auch „der Wilderer“ einen fixen Rollen-Platz hatte.
Heutzutage werden wildernde Personen dagegen meist differenzierter gezeigt. So lag z.b. der Handlung des „Tatort“-Krimis „Elvis lebt!“ die wahre Geschichte des Osttiroler Wilderers Pius Walder zugrunde.
Gewildert wurde und wird aus unterschiedlichen Gründen.
Einerseits wollten junge Burschen den Mädchen gerne imponieren, andrerseits wird in der Wilderei die Jagdleidenschaft ausgelebt.
Der zweifellos stärkste Grund für Wilderei war und ist die Armut. Nicht selten wurde dafür zu sogenannten Schlingen gegriffen, um den mageren Speisezettel mit gewildertem Fleisch aufzubessern.
Dazu muss gesagt werden, dass beim Wildern der Tierschutz – vor allem beim Schlingenlegen und Fallenstellen kein Thema ist. Gefangene Tiere müssen oft tagelang leiden, ehe sie in Schlingen und Fallen qualvoll verenden.
Hier kommt also- wie so oft – das Fressen vor der Moral.
Armut ist übrigens auch weltweit ein Grund für Wilderei.
So wird z.b. in einigen Gebieten Asiens, in der Karibik, in Afrika und in der Mittelmeerregion das sogenannte Dynamitfischen praktiziert. Dabei werden Sprengsätze von einem Boot aus ins Wasser geschleudert. In mehreren Metern Tiefe oder auf dem Grund explodieren sie dann. Die Ausbeute für die Fischer_innen ist verhältnismäßig gering, der Schaden für das Ökosystem im Vergleich dazu sehr hoch. In einigen südostasiatischen Gebieten wurde die Unterwasserwelt dadurch so zerstört, dass die Riffe abstarben und die Küste nicht mehr geschützt ist.
Und auch für die Fischer_innen birgt diese nicht selektive Fangmethode erhebliche gesundheitliche Risiken.
Meist liegen dem jedoch mangelndes Wissen und eine „Abhängigkeitskette“ zu großen Konzernen zugrunde.
In Europa wurde diese Methode verstärkt nach dem 2.Weltkrieg angewandt, als Sprengstoff und Granaten noch verhältnismäßig leicht zu beschaffen waren.
Weiters lässt sich auch mit dem Wildern von Elefanten, Tigern und Nashörnen viel Geld machen.
Schmuggel, Gewalt, Korruption und Geldwäsche liegen da nicht weit entfernt und machen so weltweit agierende Syndikate reich und mächtig.
Ursprünglich war das Recht zu jagen für alle zugänglich. Mit dem Aufkommen des Adelsstandes beanspruchte dieser jedoch das alleinige Jagdrecht, was zu großem Unmut in der bäuerlichen Bevölkerung führte. So ist es weiter nicht verwunderlich, dass wildernde Personen in den unteren sozialen Schichten nicht selten hohes Ansehen genossen, weil sie sich über die Gesetze der Obrigkeit hinwegsetzten.
Regeln und Bräuche gab es freilich auch bei den Wilderer_innen. Der Kulturwissenschaftler Roland Girtler, der sich intensiv mit der Wilderei vor allem im Alpenraum beschäftigt hat, kennt viele Geschichten darüber. So gab es bestimmte Tage, an denen Jäger_innen nicht auf die Jagd gingen, etwa an Freitagen. Wildernde Personen wussten dies natürlich und nutzten diese „jagdfreien“ Tage.
Sogenannten „Wildererkugeln“, an einem Karfreitag gegossen, wurden Heilkräfte nachgesagt, ebenso dem Kuss eines Wilderers.
Einem Rehkitz durfte in der Regel die Rehmutter auch nicht weggeschossen werden.
In zahlreichen Volksliedern, Legenden, Geschichten und Filmen werden auch heute noch gern die Taten von meist männlichen Wilderern besungen und erzählt. Es gab aber auch wildernde Frauen, allen voran zu nennen Nandl Aschacher, eine Wildererin vom Wolfgangsee.
Und auch Sennerinnen spielten eine wichtige Rolle in der Wilderei, etwa, wenn es darum ging, gewilderte Tiere zu verstecken.
In der Lobau war alles freilich ganz anders. Es gibt keine Legenden oder Volklieder, die von wildernden Personen in der Lobau bzw. im umliegenden Marchfeld handelten. Namen finden sich allenfalls in den Registern des k.u.k.Oberstjägermeisteramtes. Und das meistbenutzte Jagdwerkzeug war die nicht gerade ehrenvolle, aber leicht herzustellende Schlinge.
Ein Grund dafür dürfte gewesen sein, dass es Schriftsteller_innen eher in die Berge als in die Ebenen der Lobau verschlug.
Der Donaustädter Lokalhistoriker Robert Eichert hat nun in mühevoller, monatelanger Kleinarbeit Archive durchstöbert und dabei interessante Geschichten über die Wilderei in der Lobau zutage befördert, zu sehen in einer Ausstellung im Nationalparkhaus Lobau in Aspern und in der Nationalpark-Forstverwaltung in Großenzersdorf (Hinweise s.u.)
Wenn es um Nahrungsbeschaffung geht, dann zahlt sich Wilderei im Zeitalter der Massentierhaltung und -tötung wohl nicht mehr aus.
Und Personen, die ein Tier einer Trophäe, etwa eines Geweihs, wegen töten, womöglich noch vom Auto aus, haben mit dem herkömmliche Begriff des Wilderns nicht mehr viel zu tun.
Interviewpartner:
Kulturwissenschafteler Univ.Prof.Dr. Roland Girtler
www.univprofdrgirtler.at
Lokalhistoriker Robert Eichert
robert.eichert@gruene.at
Ausstellung „Wilderer in der Lobau- Best of Wilderer-Geschichten“
noch bis 26.Oktober 2014 an zwei Standorten:
Nationalparkhaus Lobau
1220 wien, dechantweg 8
Mi – So 10h-18h
Nationalpark-Forstverwaltung
Dr.-Anton-Krabichler-Platz 3
2301 Großenzersdorf
Mo – Fr 8h-15h
Begleitend zur Ausstellung findet am 28.April 2014 im Nationalparkhaus Lobau ein Forschungsabend statt. Beginn: 18h
Wilderermuseum St.Pankraz
www.wilderermuseum.at
Lesetipps:
Donaustädter Bezirkszeitung, Ausgaben März, April und Mai 2014 – hier bringt Robert Eichert Texte aus der Ausstellung
www.dbz-donaustadt.at
Roland Girtler: Wilderer- Rebellen der Berge, Böhlau-Verlag
Eva Bodingbauer, Roland Girtler: Wildererkochbuch mit Durchschuss, Böhlau-Verlag
Musik: Auseer Hardbradler, Mei Voda woar a Wüdara/ bradlfett
Unsere Signation bzw. kurze musikalische Begleitung ist unter CC-Lizenz folgendem Titel entnommen:
• „Coolman“ aus dem Album „Kogani“ der Formation Suerte