[Das Hörspiel – kann in Verbindung mit der Präsentation (Teil 1) ausgestrahlt werden]
Die «Schüsse von Sarajewo» spielen an den letzten Tagen des Juni 1914.
Am 28. Juni war der Thronfolger Franz Ferdinand ermordet worden. Der Gerichtssekretär Leo Pfeffer wird beauftragt die Morde zu untersuchen. In zahlreichen Verhören klärt er den Kriminalfall. So lernt er die Attentäter kennen und kommt darauf, dass sie jegliche Verbindung untereinander abstreiten und behaupten jeder für sich hätte allein gearbeitet. Einen Nachweis, wie und ob die serbische Regierung in die Attentate verstrickt war, kann Leo Pfeffer nicht bringen. Die Indizien weisen eher darauf, dass die serbische Regierung kein Interesse an einer Eskalation haben konnte. Die österreichische Regierung nahm die Ermordung zum Anlass Serbien den Krieg zu erklären. Tief verstrickt waren die europäischen Mächte in gegenseitige Bündnisse. Bald war ganz Europa in diesen Krieg hineingezogen. Aus einem Kriminalfall in Sarajewo wurde so der Erste Weltkrieg.
Unser Hörspiel beginnt in einem Museum, in der Gegenwart – eine Ausstellung, die den Kriegsbeginn 1914 zum Thema hat. Die Enkelin von Leo Pfeffer betrachtet ein Bild. Eine Kuratorin spricht sie an. Die greise Enkelin von Leo Pfeffer erinnert sich an die eigenen Familiengeschichte und beginnt zu erzählen…
Milo Dor hat aus den Gerichtsakten den Roman «Die Schüsse von Sarajewo» verfasst.
Im Mordprozess wird der Gerichtssaal zum «Welttheater» – freilich wird Princip für seine Tat verurteilt. Doch in den Verhören zeigt sich auch der Machtapparat der K.u.K. Monarchie und warum auf diesen ersten Schuss, nach diesem ersten Toten, Millionen weitere Menschenleben auf den Schlachtfeldern des Nationalismus geopfert wurden: durch ein «Gestrüpp aus Konventionen, erstarrtem Ehrenkodex, Pedanterie, widersprüchlichen Kompetenzen […] halb verstandenen sozialen und politischen Idealen, beherrscht von Ressentiments.» Der Klappentext von Milo Dors Buch ist errschreckend aktuell.
Balkan Calling ist eine Kooperation der Universitäten Banja Luka (Bosnien) und Luigj Gurakuqi Shkodër (Albanien) mit Radio Helsinki (Österreich).
Die Personen und ihre Rollen:
Neven Đurić … Leo Pfeffer (Gerichtssekretär in Sarajewo)
Mirjeta Čaprić … Mara Pfeffer (Ehefrau)
Borjana Kljunić … Bossa Pfeffer (Tochter)
Selma Bastah … Bossas Tochter (fiktive Enkelin)
Sami Culaj … Gavrilo Princip (Student, Attentäter) und Viktor Iwasiuk (Polizeichef von Sarajewo)
Indira Barbullushi … Trifko Grabež (Attentäter)
Izmir Dervishi … Danilo Ilić (Lehrer, Attentäter)
Daniel Leka … Mirko Sertić (Assistent von Leo Pfeffer)
Vanja Sulema … Nedjelko Čabrinović (Student, Attentäter)
Nikolina Krčmar … Kuratorin
Jesmina Dibra … Kellnerin
Hartmut Wurzer … Friedrich von Wiesner (Diplomat)
Vedrana Dumančić … Stimme
Christine Punz … Ilnitzky (Kreisgerichtspräsident)
Nika Bratović und Walther Moser … Moderation
Atmos, Geräusche und Effekte: Indira Barbullushi, Mirjeta Čaprić, Vanja Sulema, Vedrana Dumančić, Borjana Kljunić
Katy Pekic, Christine Punz und Hartmut Wurzer hatten die Idee über Grenzen hinweg gemeinsam an Radiosendungen zu arbeiten. 2013 haben wir «Balkan Calling» ins Leben gerufen. Entstanden sind Sendungen zu Musik, die den Balkan, aber besonders die Studierenden bewegt. Für dieses Jahr 2014 war es naheliegend die gemeinsame Geschichte anzusprechen: Milo Dors «Die Schüsse von Sarajewo» als Hörspiel – eine Erinnerung an die Geschehnisse, die vor 100 Jahren zum Ersten Weltkrieg führten.
Christine Punz und Hartmut Wurzer: Lektoren für Germanistik in Banja Luka und Shkodër . Ihr Engagement und Wille hat dieses Projekt erst möglich gemacht! Christine und Hartmut haben über alle Grenzen hinweg am Skript gearbeitet und mit den Studierenden dieses Hörspiel vorbereitet.
Die Studierenden aus Bosnien und Albanien haben ein Semester am Text gearbeitet; sie sind nach Graz gekommen und haben eine Woche intensiv gemeinsam am Hörspiel gearbeitet; sie sind in die Rollen geschlüpft, haben den Stimmen Charakter verliehen und haben Geräusche fürs Hörspiel gesammelt.
Das Team von Radio Helsinki: Claudia Holzer, David Künstner, Walther Moser, Katy Pekic, Martin Schemitsch, Marco Schretter und Wolfgang Weritsch haben in Graz die Studierenden begleitet am Weg zum Hörspiel. Wir haben für die Studiotechnik gesorgt, aber auch fürs leibliche Wohl, die Entspannung beim Einsprechen, die Sounds und den Schnitt zur Sendung.
Ein besonderes «Danke Schön!» an Milan Dor, der uns die Rechte gab, am Roman seines Vaters zu arbeiten.
Danke an Alle –
für die schöne Zeit des miteinander Schaffens –
für Gute Zeiten, jenseits aller Grenzen!
Das Hörspiel wurde aufgezeichnet im April 2014, Radio Helsinki, Graz.