Die deutsche, nein, bayerische Band Zeitzeuge beeindruckt uns vor allem durch die lyrische Kraft ihrer Songtexte. Darum wählen wir diesmal für unsere Reihe „Das ganze Album” gleich aus zwei CDs dieses wundervollen Musikprojekts aus – und zwar jene Lieder, die sich aufgrund ihrer besonderen sprachlichen Stimmungsbilder am besten in unser etwas anderes Hörwelttheater einfügen. Sowohl „Man singt, man weint, man schreit dafür” (2008) als auch „Bürgerkrieg im Herzland” (2011) tragen ja schon dafür programmatische Titel – also erfreuen wir uns (und euch an den Empfängnisgeräten) mit einer spontan-assoziativen Zusammenstellung von 9 Tracks aus diesen beiden denkwürdigen Werken. Des weiteren gibts noch den Sound von ihrem sehr inwendigen Video „Wie schwer es ist zu gehen”
Dass Songtexte auch ohne Musik, quasi trocken gelesen, funktionieren können, das zeigen wir anhand von zwei Beispielen, nämlich indem wir selbst „Gegen den Wind” und „Wenn der Löwe fällt” (auszugsweise) als Gedichte vortragen. Dabei zeigt sich eben die Intensität der offenbar auch hinter dem Zeitzeuge-Musikschaffen steckenden Aussagen und Auseinandersetzungen. Chapeau! Wir gratulieren, allerdings schon mit zwei weinenden Augen, zumal sich diese in ihren Botschaften so erfrischend eigensinnige Kapelle inzwischen auch aufgelöst hat. Bedauerlicherweise – wie etwa auch Rotz aus Salzburg oder Tagtraum aus Schweinfurt (sic!) – es betrifft immer wieder die Bands, die sich nicht dem geklonten Gleichklang der Industrie und ihrer Verwertstopfung anbiedern. Doch wie dem auch sei, Zeitzeuge erfreuen sich in ihrer Zuhörerschaft jedenfalls bleibender Bedeutung, vovon gerade auch die per Homepage angekündigte DVD ihres Abschiedskonzerts (2013) ein überaus lebendiges Zeugnis ablegt. Und wenn wir schon beim Zitatwortspiel sind, so wünschen wir uns und ihnen doch noch viele kraftvolle Lebenszeichen, denn, wie sie es selber so schön sagen: „Du kannst nicht davonrennen. Du bist ein Zeuge deiner Zeit.” In diesem besten aller Sinne also hier der in der Sendung gelesene Text „Gegen den Wind”:
Du schweifst ab in die Ferne
und ich folg dir dahin
Ach, Kind was hab ich dich gerne
ruf nicht gegen den Wind
Ohooo
nicht mehr rot
spring aufs Boot
und auf Los
auf Los gehts los
Und ich spiel die Akkorde
hier im Westen nichts Neues
ein Lied von vielen
hörs dir an und bereu es
Doch es ist unser Weg
unsere neue Tür
unser kleines Etwas
man singt, man weint, man schreit dafür
Unser großes Schifflein
es ist nicht mehr weit
wir sind die Zeugen
unserer eigenen Zeit
Und wir fahren nicht geradeaus
nicht nach oben, nicht zurück
unser Ziel ist ein Gefühl
und ich nenn es nicht mal Glück
Sondern da wo man hin will
da wo man hin will, also da,
also was Ähnliches wie zuhaus
wie zuhaus
PS. Mein Einspruch bezüglich der Sendung „BR2 Zündfunk Montagsdemo” findet sich im Anhang…