Hörstolperstein Erich Dublon (Erfurt)

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„13. Mai 1939

Letzter Tag in Hamburg, um 1Uhr stehen wir bereit zur letzten Prüfung der Papiere, Revision von Handgepäck und Pässen, Devisen-Kontrolle, alles in den Räumen der HAPAG bestens organisiert, schnell und verbindlich vor sich gehend. Vor der Halle stehen schon die Autobusse bereit und es geht in halbstündiger Fahrt zum Hafen. Hier haben wir noch mal einen Eindruck von der Mächtigkeit der Hafenanlagen. Über den Laufsteg verlassen wir nun Europas und betreten die St. Louis, die uns 16 Tage beherbergen soll.

Aus dem Reisetagebuch von Erich Dublon“ 

Zu den Klängen von „Muss i denn, muss i denn zum Städele hinaus“ lichtete das Kraft durch Freudeschiff des deutschen HAPAG´s St. Louis am 13. Mai 1939 in Hamburg die Anker.

Ziel – Havana Cuba.

An Bord – 900 deutsche Juden auf der Flucht vor den Nazis.

Viele von ihnen aus Konzentrationslagern entlassen, unter der Bedingung niemals nach Deutschland zurückzukehren. Und das Ganze doch nur ein perfider Propagandacoup der Nazis, hatte doch das Propagandaministerium und Göbbels selbst dafür gesorgt, dass der Transport zustande kommt, um der Welt zu zeigen das: „Deutsche Juden ausreisen dürfen, wenn sie ein Land finden das sie nimmt.“

An Bord auch die Erfurter Kaufmannsfamilie Dublon. Erich, sein Bruder Wilhelm und dessen Frau Erna und sowie die Kinder Lore und Eva. Ihre zwei Schuhgeschäfte in der Erfurter Innenstadt hatten die Dublons ein Jahr zuvor aufgeben müssen, nachdem die Firmen „Salamander“ und „Hess“ ihnen die Vertretung entzogen und ihnen damit die Existenzgrundlage genommen war. Nur die Emigration ins Ausland, nach Amerika, bot noch Sicherheit. Die St. Louis die letzte Möglichkeit zur Flucht. Die Passage kostete 800 Reichsmark pro Person, noch einmal 150 Dollar für das Visum nach Kuba. Ein kleines Vermögen. In der Sicherheit Cubas wollte man den Aufruf des beantragten Einreisevisas nach Amerika abwarten.

St. Louis im Hafen von Havanna

Ungeahnter Luxus empfing die Reisenden an Bord des Dampfers. Eine ausgedehnte Speisekarte, gesellige Tanzvergnügen, Kinderfeste und viele Freizeitangebote verkürzten die Überfahrt. Es gab täglich eine stunde Spanisch- und Englischunterricht.

„Situation in Havana unübersichtlich–gegenwärtig sogar St. Louis gefährdet –tun Äußerstes um Anlandung zu ermöglichen

HAPAG Hamburg 23. Mai 1939“

Nach zwei Wochen am 27. Mai kam die St. Louis in Havana an und schnell kam die Ernüchterung: Die Einreise wurden ihnen verwehrt.Der kubanische Konsul in Hamburg hatte die Visas auf eigene Rechnung ausgestellt und die in Hamburg gekauften Permits waren von Cubas Präsident Brú nur drei Tage nach der Abfahrt per Dekret für ungültig erklärt worden. Hektische Verhandlungen der jüdischen Hilfsorganisationen mit der Regierung Cubas die Flüchtlinge doch anlanden zu lassen, führten zu keinem Ergebnis. Am 2. Juni verlangte Cuba die Abreise und die St. Louis kreuzte mit unbekanntem Ziel zwischen Amerika und Cuba. Die vorzeitige einreise in die USA lehnte Präsident Roosevelt wegen des bevorstehenden Wahlkampfs und der Schaffung eines Präzedenzfalls ab. Bitttelegramme an Frau Brú und Frau Roosevelt, wenigstens die Kinder aufzunehmen, blieben unbeantwortet.

Dann am 10. Juni die Gewissheit: die Verhandlungen mit den USA und Cuba sind endgültig gescheitert, niemand nimmt sie auf. Die St. Louis muss zurück nach Hamburg.

Kapitän Gustav Schröder schrieb in sein Tagebuch:

„Eine so melancholische Abfahrtsstimmung hatte ich noch nie erlebt. Besonders beunruhigt waren die Frauen. Sie fragten: Kapitän, wohin bringen Sie uns? Zum ersten Mal konnte ich diese Frage nicht beantworten“

Am 14. Juni die erlösende Nachricht: Josef Tropper vom jüdischen Hilfskomitee „Joint“ hatte es erreicht, die Flüchtlinge konnten in England, Frankreich, in den Niederlanden und Belgien einreisen. Die Familie Dublon kam bei Verwandten in Brüssel unter. Doch für die meisten war die erreichte Sicherheit nur vorläufig, mit Ausbruch des Krieges gelangten sie wieder in den Nachtbereich der Nazis und wurden nach Auschwitz-Birkenau, Bergen Belsen und Sobibór deportiert.

Erich Dublon am 13. August 1942 vom Internierungslager Mechelen nach Auschwitz deportiert, am 3. September 1942 ermordet

Wilhelm, Erna, Lore und Eva Dublon am 15. Januar 1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet 

Akribisch führte Erich Dublon über die 5 Wochen dieser missglückten Flucht Tagebuch, dass er von Brüssel an die befreundete Familie Heimann in New York schickte. 1999 wurde das Tagebuch von Erich Dublon dem „United States Holocaust Memorial Museum“ in Washington D.C. übergeben und liefert seitdem ein genaues Zeugnis der

„Irrfahrt der St. Louis“

Hörstolperstein Familie Dublon, Erfurt

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