Eine Sendung in Zusammenarbeit mit Belinda Kazeem und Lisl Ponger
Erstausstrahlung am Mo 06. 07. 2015
Die Sendungen im Juni und Juli 2015 sind dem Thema exotischer Fantasien in „österreichischer“ Kunst und Literatur seit dem Barock gewidmet. In deren Mittelpunkt steht die gleichnahmige Veranstaltung, die auf Initiative der Büchsenhausen-Stipendiatin Emma Wolukau-Wanambwa am 19. Mai 2015 unter Mitwirkung der Kulturwissenschaftlerin Belinda Kazeem, der Künstlerin Lisl Ponger und des Historikers Walter Sauer im Künstlerhaus Büchsenhausen stattfand.
Während ihres Fellowships in Büchsenhausen 2014/15 setzte die Stipendiatin Emma Wolukau-Wanambwa ihre Arbeit an einem Filmprojekt fort, das sie 2012 begonnen hatte und worin sie die weitgehend vergessene Geschichte von 30.000 europäischen Flüchtlingen, die in Flüchtlingslagern in Ostafrika während und nach dem Zweiten Weltkrieg lebten, erforschte. Sie befasste sich außerdem mit der Frage, wie diese bis jetzt nahezu unsichtbare Begebenheit Teil einer längeren Geschichte utopischer europäischer Ansiedlungen in dieser Region Afrikas darstellt – zu denen auch das „Freiland-Projekt” gehört, das geistige Kind des österreichischen Wirtschaftswissenschaftlers Theodor Hertzka (1845–1924), der eine ideale Gesellschaft als europäische Siedlungskolonie im heutigen Kenia gründen wollte. Warum haben in der Geschichte so viele Europäer_innen Ostafrika als paradiesisch wahrgenommen? Woher stammt diese Idee?
An diesem Salon-Abend im Künstlerhaus Büchsenhausen sollten Hertzkas Ideen und Weltsicht in einen größeren Kontext gestellt werden, indem seine Arbeit in einem Dialog mit anderen Darstellungen ,fremder‘ Kulturen und ,fremder‘ Länder in der österreichischen Kultur in den letzten 300 Jahren betrachtet wurde. Der Abend bot Präsentationen über Theodor Hertzka und seine Vorstellung von Afrika, die sein Prosawerk von 1890 „Freiland“ vermittelt (Emma Wolukau-Wanambwa), über die veränderliche Darstellung der Taufe von Afrikaner_innen in der österreichischen religiösen Kunst (Walter Sauer), über den österreichischen Autor Peter Altenberg und das „Dorf der Ashanti“ im Wien des 19. Jahrhunderts (Belinda Kazeem) sowie über die Konstruktion und den Konsum ‚exotischer Fremdheit‛ in der österreichischen Populärkultur (Lisl Ponger).
In der Juli-Sendung hören Sie die Vorträge von Belinda Kazeem und Lisl Ponger.
Belinda Kazeem ist Kulturtheoretikerin, Autorin und Künstlerin, Mitherausgeberin des Buches „Das Unbehagen im Museum. Postkoloniale Museologie“ (2009). Ihre Arbeiten basieren auf der Auseinandersetzung mit postkolonialer und Schwarzer feministischer Theorie. Sie kombiniert Theoriearbeit mit einer visuellen und textuellen Praxis und erforscht so die Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit von Dekolonisierung.
Lisl Ponger arbeitet über Stereotype, Rassismen und Blickkonstruktionen an der Schnittstelle von Kunst, Kunstgeschichte und Ethnologie in den Medien Fotografie, Film und Installation. Sie lebt und arbeitet in Wien.