In diesem Radiobeitrag geht es um Konstanze Sailers Kunstprojekt – memory gaps, oder warum es im 21. Jahrhundert noch virtuelle Kunstgalerien braucht.
„Memory Gaps“ – die Kunst-Aktion des Gedenkens der deutsch-österreichischen Malerin Konstanze Sailer besitzt zwei Ebenen: eine realpolitische und eine historisch-politische Ebene, die mittels Tusche auf Papier erarbeitet werden.
Monat für Monat werden Ausstellungen in virtuellen Räumen eröffnet. Diese Galerien befinden sich ausnahmslos in Straßen oder an Plätzen Wiens, die es nicht gibt, die es jedoch geben sollte. Straßen mit Namen von Opfern der NS-Diktatur. Zusätzlich zu den vorgeschlagenen Straßennamen der Opfer werden auch Umbenennungen von Straßen angeregt: Von jenen Straßen und Plätzen, die heute noch Namen von Personen tragen, die im Naheverhältnis zum Nationalsozialismus standen. Monatlich wird auf diese Weise das kollektive Gedächtnis erweitert.
Im Monat April wird Martha Geiringer gedacht und eine Umwidmung der Straße reklamiert, die nach Julius Schlosser benannt ist. Martha Geiringer war eine jüdische Biologin an der Akademie der Wissenschaften, die frühzeitig von Wien nach Belgien flüchtet. Nach Machtübernahme der Nazis in Belgien wurde sie denunziert. In Belgien wurde sie in das SS-Sammellager Dossin gebracht, das als Wartesaal vor Ausschwitz bezeichnet wird und von dort aus nach Ausschwitz/Birkenau deportiert, wo sie wahrscheinlich schon am Ankunftstag ermordet wurde.
Julius Schlosser war renommierter Kunsthistoriker, großdeutscher Gesinnung und Anschlussbefürworter, bekannt sind Bilder von ihm mit NSDAP-Abzeichen, nach ihm wurde eine Straße im 21. Wiener Gemeindebezirk benannt und von ihm steht im Arkadenhof der Universität Wien eine Büste, die von Josef Thorak gestaltet wurde, Josef Thorak, der ein Günstling Hitlers war und dessen Karriere durch diese Verbindung befördert wurde.
Memory Gaps, das Kunstprojekt von Konstanze Sailer, befasst sich also mit den scheinbar kollektiven Gedächtnislücken, die sowohl Opfertum als auch Täterschaft betreffen.
Janina Henkes sprach mit ihr über die Frau, die einem doppelten Vergessen ausgeliefert ist und über ihre Kunstform
Das Projekt memory gaps widmet jeden Monat einer anderen Person, die dem Nationalsozialismus zum Opfer gefallen ist. Weitere Informationen unter memorygaps.eu
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memory gaps, oder warum es im 21. Jahrhundert noch virtuelle Kunstgalerien braucht.
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