Rezension über Boualem Sansals Buch «2084 — Das Ende der Welt» — VOR ORT 47

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Vor einigen Wochen ist Boualem Sansals Buch «2084 — Das Ende der Welt» erschienen, in welchem er ein erschreckendes und zugleich faszinierendes Zukunftsbild beschreibt: In Abistan, Reich der fernen Zukunft, bestimmen die Verehrung eines einzigen Gottes und das Leugnen der Vergangenheit das Herrschaftssystem. Individuelles Denken ist abgeschafft: Eine allgegenwärtige Elite unter der Führung von «Abi dem Entsandten» steuert sämtliche Abläufe des täglichen Lebens und verhindert abweichendes Verhalten.

Beim Lesen tauchen unwillkürlich Fragen auf: «Wie ist es möglich, Menschen so perfide zu manipulieren, wie ist es möglich, dass Werte einfach umformuliert werden?»

Der Roman erzählt eine fiktive Geschichte … und trotzdem wird spürbar, dass Manches auch von unserem Alltag — gar nicht so weit weg ist!

Boualem Sansal, im Oktober 1949 geboren, ist Ingenieur und Ökonom und war bis zu seiner Entlassung im Frühjahr 1999 Direktor des algerischen Industrieministeriums. In Frankreich, wo Sansal für seine Romane vielfach ausgezeichnet wurde (u. a. Grand Prix du Roman Academie Francaise, Prix du Premier Roman, Prix Louis-Guilloux, Grand Prix RTL-Lire), gilt er als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Schriftsteller. Trotz der kritischen Haltung gegenüber der Regierung und der damit verbundenen persönlichen Gefährdung lebt Sansal noch immer in Algier, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter.

In einem Interview mit der FAZ meinte er:

Natürlich habe ich viele Feinde in Algerien, nicht nur die Islamisten, auch unter den Machthabern. Aber ich bin Schriftsteller. Als Intellektueller, der darüber schreibt, dass wir für die Demokratie und gegen die Diktatur kämpfen müssen, kann ich mich doch nicht zugleich nach Paris oder Berlin zurückziehen. Ich muss dieselben Risiken eingehen wie die Menschen, die in Algerien leben. Anders geht es nicht. Obwohl ich mich manchmal durchaus bei dem Gedanken erwische: Jetzt geht es nicht mehr, jetzt gehe ich fort.

Und zum Thema Islamismus führt er aus:

Seit Jahren spricht man in Europa von nichts anderem mehr als vom Islamismus. Das ist für mich durchaus eine Form der Okkupation. Der Islam stammt nicht aus Europa, aber europäische Medien, Regierungen, die Sicherheitspolitik – alles dreht sich nur noch darum. Die Islamisten treiben den Westen vor sich her. Sie brauchen gar keine Ministerposten, sie regieren auf ihre Art. Sie erzeugen eine Stimmung der Angst und des Schreckens, um ihre Ziele durchzusetzen. Der Islamismus hat der Menschheit den Krieg erklärt, seine Verfechter wollen die Macht. Weltweit mobilisieren sie Anhänger, und ihnen gegenüber steht – nichts, Leere. Die Demokratien sind schwach. Deshalb werden die Islamisten obsiegen und große Teile der Welt beherrschen. Denken Sie doch nur einmal: Vor zwanzig Jahren gab es sie nicht, und schon heute dominieren sie mehr als dreißig Länder. Und sie gewinnen ständig neue Territorien hinzu, ob in der Sahara, im Irak oder in Syrien. Die Türkei wird von einer islamistischen Partei regiert, Iran, Marokko. Und als Nächstes installieren sie sich in Europa.

Einen spannender Aspekt zur Abrundung: Während Europa überaltert und die Bevölkerung — trotz der Flüchtlingssituation — beständig abnimmt, nimmt die Bevölkerung im islamischen Raum zu. So hatten 22 Staaten im Jahr 1980 insgesamt 150 Millionen Einwohner — im Jahr 2015 war die Bevölkerung in diesen Staaten auf 400 Millionen Einwohner angewachsen!

Christian Aichmayr hat sich eingehend mit dem Buch befasst und präsentiert es in seinem Beitrag.

«2084 — Das Ende der Welt» von Boualem Sansal ist beim Merlin Verlag erschienen, ISBN 978-3-87536 -321-0.

 

 

 

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