Das grausame Geschehen im Kinosaal des Arbeiterheims Holzleithen in der Gemeinde Ottnang (Bez. Vöcklabruck) erschüttert bis heute die Bevölkerung. Was war passiert? Nachdem Soldaten und Mitglieder der Heimwehr am 13. Februar 1934 das Arbeiterheim gestürmt hatten, exekutierten sie sechs Schutzbündler. Sie streckten sie mit mehr als 60 Schüssen nieder. Vier fanden dabei den Tod, zwei verdankten ihr Überleben dem damaligen Gemeindearzt Dr. Franz Hitzenberger.
Hitzenberger wurde laut Aussagen seines Sohnes ins Arbeiterheim gerufen und verhinderte dort ein weiteres Anlegen auf die Überlebenden. „Als mein Vater den Kinosaal betrat, lagen dort bereits die Toten und Verwundeten unter der Bühne. Er ist gerade zurechtgekommen, als die zwei Verletzten noch einmal auf die Bühne gestellt und erschossen werden sollten. Mein Vater setzte sich für die beiden ein und sagte, dass sie kein zweites Mal exekutiert werden dürften. Er hat damit Josef Zaribnicky und Johann Hamminger das Leben gerettet.“
Die mörderische Anwendung des Standrechts hatte eine unmittelbare Vorgeschichte. Als das Militär versuchte, das Arbeiterheim einzunehmen, verteidigten die Schutzbündler das Gebäude hartnäckig. „Es wurde aus den umliegenden Häusern, vom Bahnhof, vom Sportplatz und aus dem Arbeiterheim geschossen“, erinnert sich Elisabeth Grüneis. Ihr Elternhaus stand unterhalb des Bahnhofs. „Wir hatten von der Mutter den strengen Auftrag, nicht zum Fenster zu gehen, da von allen Seiten geschossen wurde. Ich habe immer zwischen den Blumenstöcken hinausgesehen und erkannte, wie sich die Soldaten niederwarfen und immer wieder aufstanden. Für mich als Kind war das ein schreckliches Erlebnis. Es wird mir immer und ewig in Erinnerung bleiben.“
Schließlich erkannten jene Schutzbündler, die beim Arbeiterheim postiert waren, die Aussichtslosigkeit ihrer Situation und schwenkten an einer Stelle, die vom Bahnhof aus schwer einsehbar war, die weiße Fahne. Daraufhin marschierten die Soldaten ohne Deckung zu nehmen auf das Arbeiterheim zu. In der Annahme, es seien noch viele ihrer Genossen im Arbeiterheim, legten die Schutzbündler vom Bahnhof aus ein Sperrfeuer auf die Soldaten, um ihren Genossen die Flucht zu ermöglichen. Die Schutzbündler am Bahnhof verwundeten dabei fünf Soldaten tödlich. Als Reaktion gab der stellvertretende Vöcklabrucker Bezirkshauptmann Frühwirt den Befehl, die im Arbeiterheim verbliebenen Schutzbündler, unter ihnen auch Sanitäter, an die Wand zu stellen.
Schon in der Nacht von 12. auf 13. Februar war es in der Gegend zu kürzeren Kampfhandlungen mit weniger Beteiligten gekommen. Annemarie Glück weiß, dass es auch Heimwehrler gab, die mit dem Standrecht und der vorherrschenden Gewalt nicht einverstanden waren. „Es waren vor allem jene, die sich dieser Organisation anschließen mussten, um Arbeit zu bekommen, so auch mein Onkel Dominik.“ Die Brutalität, mit der die Heimwehr auftrat, hätte ihm sehr weh getan, so Glück. „Speziell als in der Nähe des Kaiserwirts eine Person aus dem Wald lief und von einem Heimwehrler erschossen wurde. Daraufhin haben sie sich darum gestritten, wer den Todesschuss abgab. So verfeindet waren damals die Lager.“ Im Verlauf der Kampfhandlungen während des Bürgerkrieges vom 12./13. Februar 1934 starben im Kohlenrevier zehn Mitglieder des Schutzbundes. Auf Seiten des Bundesheeres fielen fünf Soldaten. Es gab auch ein ziviles Opfer.
Ein wichtiger Grund für den Arbeiteraufstand war neben der politischen Situation die Not der Bevölkerung. Mit der Ausschaltung des Parlaments 1933 durch Bundeskanzler Engelbert Dollfuß wurde die Sozialdemokratie verboten. Ab Mitte der 1920er Jahre kam es bei der Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks AG, kurz WTK, zu Entlassungswellen, weil die Industrie auf billigere Kohle aus dem Ausland setzte. „Wenn ein Kind zum Beispiel in der Schule einen Apfel aß, baten gleich mehrere, ihnen ein Stück aufzusparen“, erinnert sich die damals 12-jährige Edeltraud Alscher.
Quelle: https://kurier.at/chronik/oberoesterreich/arbeiteraufstand-in-holzleithen-blutig-niedergeschlagen/400022191