S1 „Lobauautobahn“: Nun Beschwerde an Verfassungsgerichtshof (Trotzallem 27.Juli 2018)

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 Pressekonferenz gegen Lobauautobahn von VIRUS und BI Rettet die Lobau – Natur statt Beton

Hier die gemeinsame Presseaussendung von BI Rettet die Lobau und der Umweltschutzorganisation VIRUS:

„S1 „Lobauautobahn“: Nun Beschwerde an Verfassungsgerichtshof

Wien (OTS) – Wien, am 05.07.2018 (VIRUS). In einer gemeinsamen Pressekonferenz gaben die Umweltorganisation VIRUS und die Bürgerinitiative „Rettet die Lobau“ mit Rechtsanwalt Dr. Heinrich Vana und Rechtsanwaltsanwärterin MMag-a Verena Hinteregger die nächste Etappe der Verfahren um das Projekt S1-Lobau bekannt. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wird nun beim Verfassungsgerichtshof bekämpft. Eckpunkte der Beschwerde sind Willkür und Verstoß gegen Grundrechte durch Anwendung einer verfassungs- und gesetzwidrigen Verordnung zum Lärmschutz.
Keine Verkehrsentlastung und Stau im Tunnel

Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS, UVP-Koordinator für die Vertreter der Umwelt im Verfahren wies eingangs auf die Diskrepanz zwischen den in der Öffentlichkeit von Politik und Interessensvertretern propagierten Verkehrsentlastungswirkungen zu den tatsächlich in den Projektsunterlagen ausgewiesenen Verkehrszahlen hin. „Mittlerweile ist auch die Asfinag auf den Zug aufgesprungen, aber Verkehrsentlastung gibt es auch nach ihren eigenen Zahlen nicht“. Dies gelte insbesondere für die Südosttangente und Hauptdurchzugsstraßen wie die Esslinger Hauptstraße. Der Lobautunnel werde weiters bereits 2035 überlastet sein und im Schnitt eine Stunde/Tag Stau aufweisen was die bekannten Sicherheitsprobleme des laut ÖAMTC -Experten „Massengrabes“ verschärfen würde.
Gerichte prüfen weiter

„Die Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht waren jedenfalls berechtigt, da sie zu einer Projektänderung, sowie einer massiven Abänderung des Bescheides führten, dennoch reicht dies angesichts dieses Problemprojektes bei weitem nicht aus, deshalb geht nun der Ball zum VfGH“ so Rehm.

Dr. Heinrich Vana und MMaga Verena Hinteregger, beide Kanzlei Breitenecker-Kolbitsch-Vana, präsentierten die Eckpunkte der kürzlich eingebrachten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof:Im Projektgebiet der S1 gebe es bereits jetzt – auf Grund der Nachbarschaft zum Flughafen Wien – eine starke Belastung durch Fluglärm, zu der künftig auch die Belastung durch Straßenlärm kommen würde. „Das Bundesverwaltungsgericht hat schon in seiner bisherigen Judikatur – zu einem vergleichbaren Projekt in unmittelbarer Nähe zum Flughafen Wien – judiziert, dass die Forderung nach einer „Gesamtlärmbetrachtung“ berechtigt ist. Die Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Notwendigkeit einer Gesamtlärmbetrachtung „unabhängig vom verursachenden Verkehrsträger“ gilt auch für die S1“, so Vana. Da auch der humanmedizinische Sachverständige des Verfahrens S1 festgestellt habe, dass „für eine umfassende gesundheitliche Bewertung … die Darstellung aller relevanten Lärmquellen erforderlich“ wäre, habe das Bundesverwaltungsgericht die klaren gesetzlichen Vorgaben, die eine Berücksichtigung der gesundheitlichen Auswirkungen fordern und die eigene Judikatur denkunmöglich angewandt.

Das Bundesverwaltungsgericht habe im Verfahren S1 selbst Zweifel an der Rechtmäßigkeit des § 6 Bundesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung gehabt. „Da das Bundesverwaltungsgericht lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Grenzwerte dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung vorgelegt hatte, beantragen die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer nun, dass weitere Bestimmungen dieser Verordnung auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden. Sie machen geltend, dass die Verordnung keinen Freiraumschutz gewährt, wie dies nach der Judikatur für Gewerbebetriebe, aber auch Landesstraßen einzuhalten ist, der Schutz dieser Verordnung sich nur auf Aufenhaltsräume bezieht und die damit verbundene Gesundheitsgefährdung und unzumutbare Belästigung unzulässig in verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrechte eingreift“, führt Vana aus.

„Weiters sind dem Bundesverwaltungsgericht so schwerwiegende Verfahrensfehler unterlaufen, wie Nichtgewährung von Parteiengehör und Nichtoffenlegung von Unterlagen, dass Willkür im Sinne der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofs vorliegt“, ergänzt Hinteregger. Erschwerend für die Nichtgewährung von Parteiengehör sei, dass in letzter Minute Unterlagen nachgeliefert wurden, die mit einem Prognosehorizont von 2035 die Umweltauswirkungen endlich auch in der Betriebsphase darstellen sollen. „Das war seit der zweiten Projektänderung 2011 erforderlich, wurde aber erst vom BVwG und auch das nur quasi in der Nachspielzeit versucht, zu reparieren“ schüttelt Rehm den Kopf.
Jahre an Verfahrensverschleppung durch mangelhafte Projektunterlagen

Festzuhalten sei anlässlich der aktuell wieder aufgeflammten politischen Diskussion um Dauer und Beschleunigung von Verfahren, dass das dreijährige Beschwerdeverfahren beim Bundesverwaltungsgericht mit meist vergeblichen Versuchen der Projektwerberin, gerichtliche Verbesserungsaufträge abzuarbeiten, gefüllt gewesen sei. „Anstatt dass das Gericht diesem unwürdigen Schauspiel der Asfinag ein Ende bereitet, hat es dieser noch neun Monate Fristverlängerung gewährt und dann bricht das große Jammern aus, und die Projektgegner sind schuld“ kritisiert Rehm. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren habe es 30 Monate gedauert bis das Projekt für vollständig erklärt werden konnte. Mit zwei Projektänderungen seien unter anderem die Fluchtwegabstände verschlechtert worden.
S1 braucht zusätzlich noch sieben weitere Genehmigungsverfahren

„Die beteiligten Umweltorganisationen, Bürgerinitiativen und Nachbarn bekämpfen dieses Projekt weiterhin auf der Verfahrensebene zum Wohl der Schutzgüter und auf der politischen Ebene im Sinne einer zukunftsfähigen Umwelt-, Klima-, Verkehrs-, Raumordnungs und Finanzpolitik“, kündigt Rehm an. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei zwar vorerst rechtskräftig, das Projekt verfüge aber damit nicht über alle Bewilligungen, sondern seien sieben Materienverfahren ausständig von denen erst drei beantragt worden seien. Dazu zählten Verfahren nach den Naturschutz- bzw. Nationalparkgesetzen sowie dem Wasserrechtsgesetz für die Länder Wien und Niederösterreich. Getrennte Einreichungen für den Nordabschnitt vervielfältigten die Zahl der Verfahren weiter.

„Hier sind viele Fragen offen, zumal vieles in der UVP nicht behandelt worden und daher nachzuarbeiten ist. Es darf aktuell jedenfalls nicht gebaut werden und das Projekt wird uns daher noch geraume Zeit beschäftigen,“ so Rehm abschließend.“

Weitere Informationen dazu: https://www.lobau.org/index.php?mode=122

Musik von:
Barbara Deissenberger, Lobau Lied (eine gelungene Parodie gegen eine Lobau- Autobahn basierend auf Rainhard Fendrichs bekanntes Lied).

Andreas Neumeister, solo und mit der Band „Smoky finish“

Eine Sendereihe von: Herby Loitsch

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