Warum muss die Wirtschaft eigentlich immerzu wachsen?
Wachstumsstillstand, ein Nullwachstum – dass also in einem Jahr genauso viel an Bruttoinlandsprodukt zustande gekommen ist wie im Jahr zuvor – gilt als eine mittlere Katastrophe. Minuswachstum ist fast so etwas wie ein nationaler Gau. Darin sind sich Wirtschaftspolitiker einig ebenso wie in ihrem Credo: Das Wachstum muss wieder angestoßen werden, damit die Wachstumsraten wieder nach oben gehen. Wirtschaftswachstum, das ist der Erfolgsmaßstab allen Wirtschaftens. In seinen Dienst stellen sich die Politikermannschaften aller Marktwirtschaften und verabschieden Konjunkturpakete, die dem Wachstum Impulse setzen sollen. Milliardenbeträge werden locker gemacht, nur damit das Minus-Wachstum gebremst und ein Plus-Wachstum initiiert wird.
Wachstum, das kann man bereits diesen paar Bemerkungen entnehmen, gilt als Inbegriff des ökonomischen Gesamtinteresses. Ohne Wachstum ist Krise, ohne Wachstum wächst die Arbeitslosigkeit, sind die Pensionen und andere Sozialkosten nicht zu finanzieren, und die Normalbürger werden ärmer. Es lohnt sich, sich die Absurdität dieser Wahrheit vor Augen zu stellen: das Leben der ganzen Gesellschaft hängt davon ab, dass die Wirtschaft immerzu wächst. Alles, was übers Jahr gearbeitet, produziert und verkauft wird, ist witzlos, verfehlt sein Ziel, wenn es nicht mehr ist als im Jahr vorher. Die Gesellschaft ist darauf angewiesen, immer mehr zu produzieren und immer mehr zu arbeiten.
Dabei kann niemand so recht sagen, was eigentlich fehlte, wenn nur genau so viel wie letztes Jahr produziert und konsumiert würde. Ob Bedarf nach einem Mehr an Autos, Handys, Waschmaschinen usw. besteht, wäre erst noch zu überprüfen. Aber auch diese Branchen müssen immer weiter wachsen! Es geht eben nicht um einen bestimmten Mangel und seine gezielte Überwindung, wenn es um Wachstum geht. Umgekehrt gibt es in der Gesellschaft, die Wachstum zum obersten Ziel der Wirtschaft erklärt, Bedürfnisse und Nöte, die nicht befriedigt werden: mehr kostenlose Kindergartenplätze, mehr Lehrer, mehr, bessere und billigere Pflege in Krankenhäusern und Altenheimen bräuchte es sehr wohl. Diese „Sektoren“ sollten vielleicht schon wachsen. Aber sie dürfen nicht wachsen. Denn das, was in ihnen an Leistung erbracht und an Bedarf gestillt wird, zählt nicht zu dem Wachstum, auf das es in der Marktwirtschaft ankommt, sondern geht auf seine Kosten.
So einfach ist es also nicht mit dem absurden Imperativ: „Immer mehr Wachstum muss sein!“ Es ist also der Frage nachzugehen, was eigentlich die Sache ist, von deren Wachstum unser aller Leben abhängt.
Die Sendung gliedert sich in vier Teile:
- „Ohne Wachstum kein Wohlstand“ – Was ist an dieser Aussage ideologisch?
- Was ist mit diesem Wachstumsimperativ über die herrschende Sorte Ökonomie aussagt?
- Was soll eigentlich wachsen?
- Wachstum als nationale Reichtumsbilanz
Nähere Informationen zu dieser und früheren Sendungen finden sich hier – Gegenargumente