Mitschnitt vom 17.12.2011 aus dem Forum Stadtpark, Graz
Workshop von und mit Joachim Becker (Ao. Univ. Prof. der WU Wien und Redakteur der Zeitschrift Kurswechsel)
Eingangsreferat inkl. Diskussion.
Ähnlich wie in den 1930er Jahren ist die aktuelle globale Krise in Europa in ihre zweite Phase getreten. Auf die erste Krisenphase ist in den EU-Kernländern noch mit einer Mischung von Stützung der Finanzkonzerne und zurückhaltenden keynesianischen Stimulierungsmaßnahmen reagiert worden. Seit Beginn der Krise in den südeuropäischen Ländern der Euro-Zone sind hingegen neben der Stützung des Finanzsektors eine extrem restriktive Budgetpolitik und der systematische Abbau von Löhnen und Arbeitnehmer_innenrechten die zentralen Reaktionen der EU auf die Krise. Diese Form vorgeblicher Anti-Krisenpolitik verschärft, wie in den 1930er Jahren in den europäischen Ländern und den 1990er Jahren in Lateinamerika, die Krise. Trotzdem sollen diese Politikmuster auf Ebene der gesamten EU institutionalisiert werden. Zu diesem Zweck sind unter anderem verschärfte quantitative Vorgaben für die Budgetpolitik vorgesehen, aber auch eine zunehmende Gängelung bei Löhnen und Pensionen. Das Politikmodell hat autoritären Zuschnitt. Parlamente werden in ihren Kernkompetenzen – Budgetrecht – beschnitten. In außereuropäischen Peripherieländern sind hingegen progressivere Antworten auf die Krise gegeben worden. Die europäische Sparpolitik im Stil der frühen 1930er Jahre ist nicht alternativlos!