„Die Wahrheit stirbt zuerst“ (2)
Vorbemerkung
Eine Antwort auf Fragen aus Hörer- bzw. Leserkreisen: Ja, ich bin natürlich ein Putin-Versteher. Es geht selbstverständlich um „Verstehen“ im Sinn von Begreifen, um Analysieren, um das Wissen um die Gründe einer Sache, in dem Fall um die Kriegs-Gründe. Dieses Begreifen ist schon zu unterscheiden von „Verstehen“ im Sinn von „Verständnis haben“, eine Sache billigen. Die gute Nachricht ist, ich bin auch ein NATO-Versteher und ein Joe-Biden-Versteher. Das ist insofern wichtig, als auch Putin ein Joe-Biden-Versteher ist – insofern ist das Biden-Verständnis unabdingbar für das Putin-Verständnis. Dazu später.
In dem Zusammenhang noch ein Wort zu den notorischen Putin-nicht-Verstehern: Wenn ein grinsender Fernseh-Fatzke im ZDF (oder einem andern Sender) seine Verständnislosigkeit, sein nicht-zur-Kenntnis-nehmen, sein nicht-Verstehen-wollen zur Schau stellt, durch die wiederholte Frage „Was will Putin denn bloß???“ – dann reproduziert er auf journalistisch nichts anderes als die Unnachgiebigkeit seiner demokratisch gewählten Herrn und Meister. Wenn ein Putin, der doch längst wissen müsste, dass er nichts zu melden hat, nichts zu verlangen hat, nichts zu bestellen hat – wenn der immer noch keine Ruh’ gibt, ja was will er denn eigentlich und echt jetzt und immer noch, wo er doch nichts zu wollen hat? Dieses nicht-Verständnis, das nicht-zur-Kenntnis-nehmen dessen, was der Mann wiederholt verlautbart, das ist nichts anders als das totale Verständnis, die totale blanko-Zustimmung – für die westlichen Politik!
Eine andere Frage aus Hörer- oder Leserkreisen dreht sich darum, was so ein Klugscheißen über die sterbende Wahrheit – ob gelungen oder nicht – eigentlich bringen soll; angesichts von Krieg und Not und Elend, und angesichts des Bedürfnisses, „etwas“ tun zu wollen, für den Frieden natürlich. Nun, damit geht das Klugscheißen in die nächste Runde: Stimmt genau, man erfährt wieder mal die eigene Ohnmacht, nachdrücklich und unabweisbar, gerade wenn man das Glück hat, nicht im Kriegsgebiet zu leben. – Eben, man hat Glück, ohne eigenes Zutun! – Vor ca. 30 Jahren mussten das Millionen Menschen im ehemaligen Jugoslawien erleben, Millionen im Nahen und Mittleren Osten seither ebenfalls. Dieser Zustand der Ohnmacht ist zweckmäßig so eingerichtet und so vorgesehen, das ist der erzeugte Normalzustand; diese Ohnmacht hat mit individueller Passivität oder zu wenig Engagement oder Empathie nichts zu tun. Das nennt sich staatliches Gewaltmonopol; von der legitimen Macht des Staates hängt ab, was man in Friedenszeiten tun darf oder nicht, und davon hängt auch ab, wann dieser Zustand vorbei ist. Natürlich hängt das nicht nur vom „eigenen“ Gewaltmonopol ab, auch von fremden, auswärtigen Gewaltapparaten, denn über die Außenpolitik des „eigenen“ ist Mensch auch der Zu- oder eben der Abneigung auswärtiger Gewaltapparate ausgesetzt. Zu dieser Ohnmacht gehört auch, dass die diversen Kriegsherrn es natürlich nicht der freien Entscheidung des Individuums überlassen, ob es überhaupt für das Vaterland krepieren oder doch lieber abhauen will, sofern die Gelegenheit vorhanden ist. Auch in der Ukraine nicht, um deren Freiheit es geht, dort ist man bis 60 tauglich.
Insofern ist auch die Sehnsucht nach dem Frieden ziemlich zweischneidig; der Friede ist offenkundig gar nicht der ganz wünschenswerte normale Normalzustand und das Gegenteil von Krieg; ein Zustand, der dann wie ein Blitz aus heiterem Himmel von einem Waffengang beendet wird – immerhin in schöner Regelmäßigkeit während eines durchschnittlichen Lebenslaufs, glücklicherweise bisher auswärts! Denn im Frieden wird der Krieg vorbereitet, einmal durch das Anschaffen und Auftürmen von Waffen, vor allem aber durch wachsende und gar nicht geheime Gegensätze zwischen Gewaltmonopolisten, die schlecht bis gar nicht vereinbare Ansprüche aneinander stellen, bis dann Kompromisse nicht mehr drinnen sind – nämlich nach dem praktisch gültigen Befund der hohen kriegführenden Parteien. Insofern ist am Diktum vom Krieg als der „Fortsetzung der Politik“ unbedingt etwas dran.
Wenn man also – wieder mal – die eigene Ohnmacht so unhintergehbar erlebt, ist es ein wenig absurd oder leicht größenwahnsinnig, sich in der eigenen Einbildung in eine Position zu fantasieren, die über Recht und Unrecht in der Angelegenheit entscheidet, und sich die spannende Frage vorzulegen, wem man denn den Sieg bzw. die Niederlage verschaffen würde, wenn man könnte. Wie immer, also auch beim Krieg, ist nachdenken etwas anderes, als sich zu überlegen, was man selber denn verbieten oder erlauben würde, wenn man etwas zu melden hätte. Und eine noch schlechtere Art, mit der erlebten eigenen Ohnmacht umzugehen, die besteht darin, sich mit einer der Krieg führenden Parteien gemein zu machen, sich mit ihr zu identifizieren, und ihr alles Gute zu wünschen. Da projiziert man – womöglich – eigene Vorstellungen und Ideale auf kriegführende Parteien, die mit nichts als der eigenen Durchsetzung gegeneinander befasst sind, und deswegen über Leichen gehen, über „fremde“ wie „eigene“. Und deren Agieren ist mit einer unmittelbaren, quasi „unpolitisch“ empfundenen Friedenssehnsucht nicht zu verwechseln. Wenn Selenskyj jeden Tag die westlichen Mächte anjammert, die mögen doch endlich die Schlächterei so richtig eskalieren, die mögen es noch viel mehr krachen lassen als sie es durch Waffenlieferungen schon tun, dann ist ein angegriffener Politiker mit der Behauptung seines Gewaltmonopols über die Ukraine beschäftigt, für ihn und sein Regime sollen noch mehr „Menschen“ draufgehen, und das ist mit der „Rettung von Menschen“ schon wieder nicht zu verwechseln. Der Mann will nicht das Ende der Schlächterei, sondern den Sieg, oder wenigstens eine bessere Verhandlungsposition.
A propos: Auch als völlig ohnmächtiger Mensch darf man neuerdings ganz praktisch etwas tun. Man darf die Republik Österreich von den Kosten ihrer humanitären Beteiligung entlasten, indem man Flüchtlinge aufnimmt. Das darf man, indem sich der je schon gängige Flüchtlingsrassismus immerhin wahrheitsliebend zu sich selbst bekennt, nicht nur bei der Sortierung von Leuten an der polnischen Grenze. Ja, es gibt wertvolle und nicht ganz so wertvolle Menschensorten – die einen sind derzeit willkommen, die anderen werden weiterhin und öfter schon jahrelang in Lagern nicht nur in Griechenland „konzentriert“ gehalten, wie das ein früherer Innenminister ausgedrückt hat. Es gab ja Angebote mitleidiger Menschen, wenigstens ein paar Kinder da herausholen zu dürfen, auf eigene Kosten – das musste die humane Regierung kategorisch verweigern, aus irgendwie humanitären Motiven.
Wenn die Wahrheit stirbt, lebt die Mutter aller Lügen!
Joe Biden spricht vor dem amerikanischen Kongress: „Im Kampf zwischen Demokratie und Autokratie stellen sich die Demokratien ihrer Verantwortung, und die Welt entscheidet sich eindeutig für die Seite von Frieden und Sicherheit.“
Es darf also gelacht werden. Demokratie gegen Diktatur – darum soll es also gehen? Und „Demokratie“ stehe für „Frieden und Sicherheit“? Die ganz elementare Lüge über Außenpolitik besteht hier darin, die USA oder der Westen insgesamt würde sich bei zwischenstaatlichen Beziehungen an der Staatsform woanders orientieren, womöglich daran, wie ein anderer Staat mit seinem eigenen Volk umgeht, ob es gut oder schlecht behandelt wird.
[Eine kleine Geschichte, ziemlich beliebig ausgewählt: Die islamische Republik Iran ist, wie der Name schon sagt, eine Republik. Dort gibt es regelmäßig Wahlen zum Parlament, auch ein Präsident wird gewählt. Sicher, es ist für westliche Journalisten immer wieder eine kaum fassbare Überraschung, dass im Iran nach dem iranischen Wahlrecht gewählt wird, und nicht nach ausländischen Vorgaben. Demgegenüber ist Saudi-Arabien eine Monarchie, oder weniger höflich, eine feudale Diktatur. Dem dortigen Chef wird übrigens nachgesagt, einen Regimekritiker im Istanbuler Konsulat so entsorgt zu haben, dass nicht einmal eine Leiche übrigblieb. Nun die Preisfrage: Wer ist der Verbündete des Westens, wird mit Waffen zugeschüttet? Und wer wird angefeindet? Leute, da kommt ihr nie drauf! Die iranische islamische Revolution hatte nämlich vor gut 40 Jahren den damaligen Regionalbeauftragten der USA davongejagt, einen gewissen Pahlewi, auch bekannt als der „Schah von Persien“ und sicher kein Edeldemokrat. Seither steht das Land unter eine Kriegsdrohung der USA, und ist Objekt diverser Geheimdienst-Operationen, einer „hybriden“ Kriegsführung, wie das neuerdings heißt. Noch einmal: Demokratie gegen Diktatur – darum soll es gehen?]
Nachdem sich speziell in Journalistenkreisen diesbezüglich eine satte Gedächtnisschwäche ausbreitet wie sonst höchstens ein Virus, eine Zusammenfassung in Sachen Demokratie und Diktatur:
„Ob Roosevelt diese Worte tatsächlich in den Mund genommen hat, ist dabei umstritten. Gemünzt waren sie auf den ab den 1930ern von den USA gestützten Diktator von Nicaragua, Anastasio Somoza García … “Er mag ein Hurensohn sein, aber er ist unser Hurensohn”. Ungeachtet der Diskussion über seine Authentizität, wurde das selbstkritische Bekenntnis zum festen Terminus in der Politikwissenschaft: Bis heute spricht man von der “Hurensohnpolitik” der USA.“ – Wieso selbstkritisch? Selbstbewusst wäre die passende Bezeichnung! – „Der Begriff bezieht sich auf fragwürdige Verbündete der USA, Diktatoren und sogar Menschenrechtsverbrecher, die für die US-Politik dennoch ihren Nutzen hatten und deshalb von ihnen geduldet wurden.“ – Wieso „fragwürdig“, wieso „dennoch“ und „geduldet“? Besagte Diktatoren brachten nicht dennoch ihren Nutzen für die USA, sondern durch ihre Menschenrechtsverbrechen! Sie wurden auch nicht geduldet, sondern unterstützt. – „Bis heute ist dieser Opportunismus ein Wesensmerkmal der US-Außenpolitik, denn nach wie vor unterstützen die USA ihnen nützliche Regimes.“ – Wirklich? Wieso Opportunismus? Wieso die Floskel „nach wie vor“, als hätte längst Schluss sein müssen? – „Trump selbst bekannte sich zu dieser Linie, als er unumwunden zugab, dass man auch dann am saudischen Kronprinzen Bin Salman festhalten würde, wenn er des Mordes an Jamal Khashoggi überführt wäre.“ (Tobias Huch, Journalist, Yahoo Nachrichten Deutschland 15.01.2020)
Die Darstellung entbehrt nicht einer gewissen Komik; da referiert einer den nationalen Nutzen als die praktische Leitlinie der US-Außenpolitik, und behauptet faktenwidrig, dass es eigentlich um anderes gehen müsste. Eigentlich sind die USA viel besser als die Politik, die sie machen! Soll man Putin auch solche weichgespülten „Kritiker“ an den Hals wünschen?
Und es wird noch lustiger! Journalisten nehmen die offenkundigsten westlichen Lügen so blauäugig-schwachsinnig für bare Münze, dass sie ganz ernst und ohne jede Ironie die westliche Politik davor warnen, noch mehr fossile Brennstoffe aus dem Nahen Osten zu beziehen, denn die Scheichs sind – erraten! – auch keine Demokraten mit vielen Menschenrechten für ihre Untertanen! Sogar echte Königstöchter werden dort entführt, wenn sie ohne Genehmigung von „Vaddern“ ausbüxen! Boris Johnson war eben in Saudi-Arabien, was ihm heftige Kritik einbrachte: „Er würde auf der Suche nach billiger Energie sämtliche Moralvorstellungen über Bord werfen und einem ‘Diktator’ schmeicheln, der gerade mehr als 80 Menschen an einem Tag hinrichten ließ. Und dann komme er auch noch mit leeren Händen nach Hause. (Kurier 20.03.2022) Braucht man als Berichterstatter ein Deppen-Zertifikat, und wo bekommt man es?
[Übrigens, wenn sich so ein Diktator danebenbenimmt, dann ergeht es ihm womöglich wie seinerzeit einem gewissen Saddam Hussein, der auch eine Karriere vom mit Waffen geförderten „Hurensohn“ der USA zum späteren Verbrecher hinter sich hatte. Vorher führte er mit westlicher Unterstützung einen Krieg gegen den Iran, für die Wiedervereinigung mit Kuwait – quasi als Belohnung – erhielt er dann aber keine amerikanische Genehmigung.]
Eine wahrheitsgemäße Anmerkung zum Demokratie-Gefimmel der USA
Das amerikanische Bedürfnis nach Demokratie all-überall ist in einer Hinsicht ernst zu nehmen; die Idee der Demokratie gilt in den Vereinigten Staaten nämlich als eigene Schöpfung mit einem innewohnenden Pro-Amerikanismus, sobald Demokratie exportiert wird. Anlässlich eines Gipfeltreffens mit Putin im Juni 2021 hat Präsident Biden diesem und dem Rest der Welt wieder einmal erklärt, wo es für Russland und den Rest der Welt langgeht.
„Ich habe Präsident Putin gesagt, dass meine Agenda nicht gegen Russland oder irgendjemand anderen gerichtet ist; sie dient den Amerikanerinnen und Amerikanern … Ich habe ihm auch gesagt, dass die Amerikanerinnen und Amerikaner einem Präsidenten der Vereinigten Staaten auf Dauer kein Vertrauen schenken werden, wenn er sich nicht für die Verteidigung ihrer demokratischen Werte einsetzt und für die universellen Rechte und Grundfreiheiten eintritt, die unseres Erachtens alle Männer und Frauen haben. Das ist eine wesentliche Eigenschaft unseres Landes … Es geht nicht nur darum, Russland anzugreifen, wenn dort Menschenrechte verletzt werden, sondern darum, wer wir sind. Wie könnte ich Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sein und mich nicht gegen die Verletzung der Menschenrechte aussprechen? Ich habe ihm gesagt, dass wir im Gegensatz zu anderen Ländern, einschließlich Russland, als einzige aus einer Idee heraus entstanden sind … Wir leiten unsere Rechte nicht von der Regierung ab, wir besitzen sie, weil wir geboren wurden.“ (Biden, Pressekonferenz 16.06.2021
Das sollte man nicht als überkandideltes Geschwafel abtun, geboren aus der Begeisterung des Präsidenten über sich und sein großartiges Land. Im Grunde genommen hat Amerika nichts gegen Russland, auch nicht gegen „irgendjemand“ sonst auf der Welt, erfährt man. Der amerikanische Präsident beruft sich nur auf seine Amerikanerinnen und Amerikaner, wenn er im Rest der Welt herumfuhrwerkt. Seine weltweite Agenda besteht nicht darin, dass er in Konkurrenz zu anderen Nationen steht, irgendwelche Interessen verfolgt und anderen Nationen die ihren bestreitet. Im Namen seiner Amerikanerinnen und Amerikaner muss er auf der ganzen Welt für die demokratischen Werte und für die universellen Rechte und Grundfreiheiten eintreten, die alle Männer und Frauen haben. Wenn er Russland zum Unrechtsstaat erklärt, dann geht es um Russland auch; vor allem aber um die Einzigartigkeit der USA, darum, was diese Nation von allen anderen unterscheidet und zur Weltordnung berufen hat. Wenn sie dem Rest der Welt eine Ordnung von „demokratischen Werten und universellen Rechten und Grundfreiheiten“ aufdrängt, dann ist das keiner politischen Agenda und keinem Interesse geschuldet, über das sich eventuell im Rahmen eines „deals“ verhandeln ließe – sondern das ist einfach so, eine Art gottgewollter oder Naturzustand. Der amerikanische Mensch hat nämlich seine Rechte von Natur, Rechte, die woanders von Regierungen gewährt oder vorenthalten werden, weswegen die anderen Regierungen zu beaufsichtigen sind. Die USA sind die zum Staat gewordenen allgemein menschlichen, universell verbindlichen Werte, und sie können nicht anders, denn als Aufseher, Richter und Exekutor einer im amerikanischen Wesen begründeten Weltherrschaft zu fungieren. Die anderen Staaten fungieren da ebenso naturgemäß nur mehr als Untergliederungen der „pax americana“. Weil die USA zur Zwangsbeglückung der ganzen Menschheit mit Demokratie und Menschenrecht berufen sind, sortiert sich der Globus – eigentlich, im Grunde genommen und allen Abweichungen zum Trotz – in lauter Nationen, deren „Männer und Frauen“ wesensmäßig gar nicht anders können, als froh und glücklich in amerikanischen Satellitenstaaten zu hausen, von demokratisch gewählten „Hurensöhnen“ der USA regiert.
So waren die damaligen Projekte des „nation building“ gemeint, und so waren sie ernst gemeint: Im Irak und in Afghanistan sind die Menschen durch die Kriege gegen sie endlich „befreit“ worden, die USA erfüllen folgerichtig dort die Wünsche aller „Männer und Frauen“ und spendieren denen demokratische Wahlen und Menschenrechte, die dortigen Regierungen regieren dann gemäß den Vorgaben der USA – und das unter Berufung auf das lokale Wahlvolk; sie sind also von unten gewählt und anerkannt, daher stabil und verlässlich. So hätte es laufen sollen, die Resultate sind eher durchwachsen (im Irak) bis nicht vorhanden (in Afghanistan) – aber da macht sich eine andere Eigenheit des Amerikanertums geltend: der unverwüstliche „Hurensohn“-Pragmatismus. Früher mal war die Kennzeichnung solcher Völker als „noch nicht reif für die Demokratie“ in Umlauf; aber solcher Defätismus, solche Kleingeistigkeit ist heute verschwunden, das hieße ja auch, den Anspruch auf die ganze Welt zu relativieren.
Wegen seiner globalen Mission konnte der Ami-Präsident schon vor dem Krieg einfach nicht anders, als Russland durch Sanktionen zu bestrafen, es einen „Preis zahlen zu lassen“, wofür auch immer. Bidens Darstellung dieses Gipfels vor der US-Presse erfolgte im Gestus der totalen Überlegenheit des amerikanischen Rechts- und Machtbewusstseins, vom Standpunkt der konkurrenzlosen, absoluten Weltmacht: Amerika behandelt Russland als einen zu erledigenden Störfall in seiner Weltordnung, verpflichtet den Rest der Staatenwelt auf diese Feindschaft – und die Regierung leistet sich ein Auftreten, aus dem die Gewissheit spricht, dass Russland damit schon so gut wie erledigt ist; dass sein Niedergang ist. (siehe GegenStandpunkt 3-21)
In einer ganz speziellen Hinsicht hat dieses Gipfeltreffen der Nicht-Anerkennung und der Verweigerung von Respekt aber doch eine bezeichnende gemeinsame Erklärung hervorgebracht:
„Wir, der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Joseph R. Biden und der Präsident der Russischen Föderation Wladimir Putin, stellen fest, dass die Vereinigten Staaten und Russland gezeigt haben, dass wir selbst in Zeiten der Spannungen in der Lage sind, auf dem Weg zu unseren gemeinsamen Zielen der Gewährleistung der Vorhersehbarkeit in strategischen Fragen fortzuschreiten und die Gefahren bewaffneter Konflikte und der Bedrohung durch einen Atomkrieg zu verringern. … Wir bekräftigen heute den Grundsatz, dass ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf.“ (Gemeinsame Stellungnahme in Sachen strategische Stabilität; U.S.-Russia Presidential Joint Statement on Strategic Stability, whitehouse.gov, 16.06.2021)
So viel „Dialog“ muss sein. Das hat auch Putin sich gemerkt. Irak und Russland exportieren fossile Brennstoffe, sofern sie dürfen, das ist die Gemeinsamkeit. Der Irak hatte keine Massenvernichtungswaffen, Russland hat sie; das ist der wesentliche Unterschied, aus US-amerikanischer Perspektive.
Literatur:
https://de.gegenstandpunkt.com/dossier/krieg-ukraine
im bermuda.funk in sonar am 22.03..
Vielen Dank !.