Der Moderator macht sich spät nachts auf den Weg. Er durchquert mit dem Rad ein Gewebegebiet, das um diese Uhrzeit wie ausgestorben wirkt. In seinem Rucksack: ein Manuskript und handverlesene Musik. Die Lifthalle, die er durch den Lieferanteneingang betreten muss, liegt im Halbdunkel der Notbeleuchtung. Er ist pünktlich. Oben, beim Kaffeeautomaten, wartet schon sein Freund, der Nachtwächter. Der vertraute Plausch im menschenleeren Gang tut beiden gut. Seine Stimme lockert sich. Dann geht er ins Studio.
Moderator, Mikrofon und Mischpult. 59 Minuten Zeit: Ein sehr archaisches Radio-Setting. Die Menschen, an die es sich richtet, sind NachtarbeiterInnen, Reisende, Schlaflose, Zeitverlorene. Sie, aber auch all die anderen, die gerade zuhören, werden über den Äther an ein radiophones Lagerfeuer geladen. Der Moderator wird – wie es bei Lagerfeuern seit Anbeginn der Menschheit üblich ist – das Wort ergreifen, eine Geschichte erzählen.