DOMENIG DIMENSIONAL im MMKK
Von organischen Formen zu spitzen Pfeilen. Eine Gratwanderung zwischen Skulptur und Architektur.
Christine Wetzlinger-Grundnig, die Kuratorin der Ausstellung DOMENIG DIMENSIONAL im Museum Moderner Kunst Kärnten, spricht über das Werk Günther Domenigs, seine künstlerische Entwicklung, die Weggefährt*innen sowie aktuelle künstlerische Positionen.
„Es gibt zwei Verrückte in diesem Land, der eine bist du, der andere bin ich.“ – Günther Domenig zu Cornelius Kolig
Brutalismus, Dekonstuktion, Postmoderne oder dysfunktionaler Kitsch? Günther Domenigs Werk entzieht sich jeder Einordnung und Unterordnung. „Domenig hat sich einfach aus den verschiedenen Strömungen genommen, was ihm gerade gepasst hat.“, meint Christine Wetzlinger-Grundner sinngemäß auf die Frage nach einer kunsthistorischen Einordnung des Architekten Domenig.
Spannend ist hier die Entwicklung des Architekturkünstlers von den runden organischen Formen zu spitzen scharfen pfeilförmigen Bauten. Anschaulich drückt sich dies im Motiv der Hand aus, die sich in den Innereien der Zentralsparkasse naturalistisch herausreckt bis hin zu den stark abstrahierten geometrischen Fingern an der Außenseite des Steinhauses.
„Viele Architekturkritiker hielten diese Hand, die den Bau von innen zu tragen, gleichsam aus dem Nichts zu ziehen scheint, für überflüssige Übertreibung. Für Kitsch. Ist es nicht. Es ist ein Symbol für einen Paradigmenwechsel in der modernen Architektur, für die Wiederherstelliung der archetypischen Vereinigung von Bau und Körper.“ – Jan Tabor
Da Domenigs Werk von Beginn an nicht nur Architektur baute, sondern auch künstlerische Skulpturen schuf, gibt es einige dieser Arbeiten im Bestand des MMKK. Und genau genommen sind viele seiner Bauten – oder Gebilde, wie er es gerne nannte – begehbare Skulpturen.
Was in dieser Domenig-Schau besonders erstaunt, ist die Vielfalt seines künstlerischen Ausdrucks. Und vor allem die Einsicht, dass viele ikonische Bauten, die jede/r kennt, von Domenig stammen. Erwähnt werden sollen in Klagenfurt der Zubau des Stadttheaters und die Schiffswerft in der Ostbucht sowie in Wien aus den 1980er Jahren die ehemalige Zentralsparkasse in Favoriten, der Humanic in der Alserstraße und aus den 2000ern das weithin sichtbare schiffförmige T-mobile-Gebäude.
„Die Zweigstelle von Favoriten war ein extremes, skulpturales, vieldiskutiertes Meisterstück der ‚Grazer Schule‘, auch eine kulturelle Herausforderung auf Wiener Boden“. – Friedrich Achleitner
Die Ausstellung im MMKK zeigt nicht nur historische Aufnahmen von Domenigs Bauten sondern auch mit den künstlerischen Augen von heute gesehene Arbeiten, die Domenigs Werk reflektieren; wie die Rauminstallation von Anna Rubin, expressionistisch anmutende Schwarzweißfotos von Christian Brandstätter und vom Künstlerinnen-Kollektiv SHE SAID eine Skulptur, die den Nanas von Niki de Saint Palle nachempfunden ist – einer Künstlerin die in gewissem Sinne auch begehbare Skulpturen geschaffen hat. Kontextualisiert wird das Werk Domenigs auch durch Arbeiten von Weggefährt*innen wie Cornelius Kolig und Maria Lassnig.
Gestaltung der Sendung und Begleittext: Dagmar Travner
Weiterführende Info zur Ausstellung: https://architektur-kaernten.at/kontakt/fotogalerie/guenther-domenig-dimensional-im-mmkk