Im ausführlichen Kommentar der Woche beschäftigt sich der langjährige Mitarbeiter und Aktivist der Solidarwerkstatt, Boris Lechthaler, mit den negativen Auswirkungen des europäischen Fiskalpaktes auf das Wohl vieler Menschen, denen bei der « Sanierung » von Staats- und Länderhaushalten der Boden unter den Füßen weggezogen wird, weil die europäischen Eliten der Wettbewerbsfähigkeit der großen europäischen Industrie- und Finanzkonzerne in ihrem Bemühen um globale Vorherrschaft alles unterordnen.
Wem gehört die Welt? Zur Wiederentdeckung der Gemeingüter. Vortrag von Silke Helfrich
Von 29. Februar bis einschl. 21. März 2012 stand im Linzer Wissensturm die vierteilige Vortragsreihe « Ökonomia » – Wirtschaft aus feministischer Sicht – auf dem Programm . Diese Reihe wurde in Zusammenarbeit von Volkshochschule Linz mit Attac (Netzwerk für demokratische Kontrolle der Finanzmärkte) und mit Förderung der österreichischen Gesellschaft für politische Bildung durchgeführt.
An vier Abend referierten internationale Expertinnen, die ich lieber Frauen vom Fach nenne, über aktuelle Wirtschaftsfragen. „Die VHS greift mit dieser Vortragsreihe gesellschaftlich relevante Themen aus feministischer Sicht auf und wird damit zur Plattform für aktuelle Fragen der heutigen Zeit“, so Bildungsstadträtin Mag.a Eva Schobesberger.
In der Vortragsreihe wurde neben einer Analyse der gegenwärtigen sozioökonomischen Entwicklung der Fokus auf Alternativen zum bestehenden kapitalistischen System unter einem speziell feministischen Blickwinkel auf Marktwirtschaft, Geldtheorie, Wachstumsfetischismus, des Verhältnisses von privater Aneignung und der Bedeutung von Gemeingütern sowie der globalen industriellen Arbeitsteilung gerichtet, so Attac in der Ankündigung zur Reihe.
(Die Abende wurden jeweils kurz von Attac-Mitgliedern, u.a. von Marlene Berndorfer, eingeleitet. Die Moderation oblag Dr. Jürgen Nordmann, u.a. wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut zur Gesamtanalyse der Wirtschaft an der Linzer Johannes Kepler Universität.)
Den Anfang machte am 29. Februar der englischsprachige Vortrag von Univ.-Prof.in Stephanie Seguino „’Rebooting’ Is Not An Option – Toward Equitable Social and Economic Development“. Stephanie Seguino ist Professorin für Wirtschaft an der Universiät Vermont/USA. Ihre Schwerpunkte sind Makroökonomie, Globalisierung und soziale Schichtungstheorien. Derzeit erforscht sie den Gendereffekt der restriktiven Geld- und Kreditpolitik und daraus bedingte Verteilungseffekte auf Menschen verschiedener ethnischer Herkunft. Sie ist Präsidentin der internationalen Vereinigung für feministische Volkswirtschaft und leitete Forschungsprojekte für die Vereinten Nationen.
Am 7. März hieß es bei Prof.in Dr.in Margrit Kennedy „Geld regiert die Welt! Wer regiert das Geld? – Anstiftung zur Befreiung aus einem Denkgefängnis.“ Die Vortragende ist Architektin, Ökologin, Schriftstellerin und Kapitalismus-Kritikerin. Sie gilt als Freiwirtschafts-Befürworterin. Ihre Arbeit in ökologischen Projekten führte sie zu der Erkenntnis, dass die breitere Anwendung ökologischer Prinzipien durch einen grundsätzlichen Fehler im Geldsystem behindert wird. Seit den 80-er Jahren arbeitet sie an der Entwicklung alternativer Geldsysteme. Mit einer Gruppe engagierter Menschen baut Margrit Kennedy ein Netzwerk zur Umsetzung regionaler Komplementärwährungen auf.
Eine Woche später, am 14. März, stand der Vortrag von Univ.-Prof.in Dr.in Claudia von Werlhof unter dem Titel „Westend – Das Scheitern der Moderne als „kapitalistisches Patriarchat“ und die Logik der Alternativen“ auf dem Programm. Claudia von Werlhof ist emeritierte Professorin für Frauenforschung am Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck. Sie arbeitet an einer feministischen Gesellschaftstheorie des Patriarchats sowie den Alternativen dazu. Sie lebte und forschte jahrelang in Entwicklungsländern, insbesondere in Lateinamerika.
Der vierte und letzte Vortrag dieser insgesamt auf sehr großes Interesse stossenden Reihe war der Thematik « Wem gehört die Welt – zur Wiederentdeckung der Gemeingüter » gewidmet. Referentin war Silke Helfrich. Silke Helfrich lebt derzeit in Jena, sie ist Bildungsreferentin und Publizistin. Mitglied der Commons Strategy Group.
Helfrich studierte Französisch/Portugiesisch und Pädagogik. Ihr aktuelles Forschungsinteresse gilt den Ökonomietheorien, agrarischer und agrarökonomischer Ideengeschichte, soziologischen Theorien sowie insbesondere der Wissenschaftssoziologie und Policy Analyse.
Auszüge aus ihrem Vortrag sowie vor allem das Gespräch, das ich mit Silke Helfrich kurz vor ihrer Rückreise nach Jena führte, bilden den Schwerpunkt des heutigen Frozine.
In diesem Gespräch ging es u.a. um die Definition von Gemeingütern sowie um den einfacheren Zugang zu Mitbestimmung der Menschen.
Buchtipps: Silke Helfrich und Heinrich Böll-Stiftung (Hg.): Wem gehört die Welt? Zur Wiederentdeckung der Gemeingüter, Oekom-Verlag, 2009.
Silke Helfrich und Heinrich Böll-Stiftung (Hg.): Commons. Für eine neue Politik jenseits von Markt und Staat, transcript, Reihe Sozialtheorie, 2012.
Audiomitschnitte der einzelnen Vorträge der Reihe « Ökonomia » finden sich auf der Homepage der Medienwerkstatt Linz
http://www.medienwerkstatt-linz.at/sendungspool/– links Maske Sendungspool suchen, Februar bzw. März anklicken und unter Ökonomia nachschauen und zuhören.
Ein
filmischer Mitschnitt des Vortrages von Silke Helfrich – einschließlich der sehr interessanten Fragen aus dem Publikum, dem Publikumsgespräch – findet sich unter
http://www.ustream.tv/recorded/21263906
Das Commons-Blog von Silke Helfrich ist unter folgender Adresse aufzufinden: http://commonsblog.wordpress.com/
Da Silke Helfrich in ihrem Vortrag einige Male auf Elinor Ostrom, Ökonomin und Nobelpreisträgerin, verwies und auch im Publikumsgespräch nochmals auf Ostrom zurückkam, hier ein Link zu Ostrom: http://en.wikipedia.org/wiki/Elinor_Ostrom
Volkshochschule Linz (im Wissensturm): http://www.linz.at/bildung/vhs.asp
Attac Österreich: http://www.attac.at/
Attac Regionalgruppe Linz: http://community.attac.at/linz.html
Creative Commons-Musik zur Sendung: Alison Weiss – I was an island sowie Dereg Clegg (aus « Across Town »)
Erich Klinger – Moderation und Sendungsgestaltung der Frozine vom 24. April 2012.
Foto von Silke Helfrich: privat