Anläßlich des Internationalen Tags des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Januar senden wir ein Kultur- und Bildung-Spezial zu Erinnerung- und Gedenkkultur.
Der Name eines Menschen ist auch Ausdruck von Identität, Würde, Zugehörigkeit und Einzigartigkeit und spielt daher in der Erinnerungs- und Gedenkkultur eine bemerkenswerte Rolle. Nicht zuletzt die Entmenschlichung von Opfern durch „Nummerierung“ in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern lässt die existentielle Bedeutung von Namen erahnen. Anlässlich des Tags des Judentums 2023 soll die Bedeutung des Namens aus unterschiedlichen Perspektiven erhellt werden.
Eine Einführung in den Abend am 17. Jänner 2023 an der KU Linz machte Dr. Gudrun Becker. Zu hören sind in Auszügen die Referentinnen:
Univ.-Prof.in Dr.in Susanne Gillmayr-Bucher, Professorin der alttestamentlichen Bibelwissenschaft, Kath. Privat-Universität Linz
Dr.in Barbara Staudinger, Direktorin Jüdisches Museum Wien
Univ.-Prof.in Susanne Gillmayr-Bucher, Professorin für alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Katholischen Privat-Universität Linz, stellte in ihrem Vortrag die Frage nach der Bedeutung der Namen von Menschen sowie des Namens Gottes in alttestamentlichen/biblisch-jüdischen Schriften nach. Der Name eines Menschen bringt Identität und Zugehörigkeit zum Ausdruck. Viele biblische Figuren haben auch « sprechende » Namen, die an die Erfahrungen der Eltern erinnern oder auch das weitere Schicksal vorwegnehmen. Haben Personen in Erzählungen keinen Namen liegt der Fokus auf ihrer Rolle, ihren Taten oder ihrem Schicksal. Auch in biblischer Literatur sind Namen mit dem Erinnern verbunden. Personen werden durch Namen wiedererkannt und leben in ihren Namen weiter. Die Auslöschung des Namens ist daher katastrophal. Gillmayr-Bucher ging im zweiten Teil ihres Vortrags auf den Namen Gottes ein, auf die Unaussprechlichkeit des Eigennamens Gottes, auf die Frage nach dem Namen Gottes in der sog. « Dornbuscherzählung » und der Selbstverpflichtung, die mit dem Namen Gottes verbunden ist. Gott wird entsprechend seines jeweiligen Handelns benannt. Im Namen Gottes kommt zum Ausdruck, wie Menschen Gott erfahren, so das Fazit von Gillmayr-Bucher.
Barbara Staudinger, Direktorin des Jüdischen Museums Wien, die online zugeschaltet war, sprach zum Thema « Der Name als Gedächtnisort im Judentum ». Zu Beginn wies sie auf das Projekt des Jüdischen Museum Schweiz « Was ist ein Name? » hin, in dem 25 Personen anhand ihrer Namen den Dimensionen von Zugehörigkeit, Identität, Zuschreibungen und Diskriminierung nachgehen. Zudem führte sie auch die Entwicklung der Namensgebung in jüdischer Tradition im Laufe der Geschichte aus. Besonders eindrücklich stellte sie verschiedene Formen von Erinnerung im Judentum vor: Die Tradition der Memorbücher, in denen Namen von Verstorben verzeichnet waren, stellt ein « mobiles » Erinnerungszeichen im Judentum dar. Das Jiskor-Gebet als Erinnerungsgebet an Verstorbene, v.a. an die eigenen Eltern, hat einen wichtigen Stellenwert im Gedenken in jüdischen Gemeinden und in Synagogen. Auch die Stiftung von Zeremonialobjekten, z.B. eines Thoramantels, dient der Erinnerung, zumal oftmals die Namen derer, für die sie gestiftet wurden, darauf zu lesen sind.
Eine Veranstaltung des christlich-jüdischen Komitees Oberösterreich.