11_Sisterresist_internationale Befreiungs- und Gedenkfeier in Mauthausen 2012

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Radiofabrik – Frauenzimmer
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Dies ist der 1. Teil von insgesamt 4 Beiträgen über die internationale Befreiungs- und Gedenkfeier in Mauthausen 2012: (zu hören auf der Radiofabrik)

#1: Bericht über die allgemein Gedenkfeier 

#2: Bericht über das feministische Frauen_Mädchen_Lesben Gedenken

 

 

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Nicht vergessen, Widerstand leisten, damals wie heute!
Ein Bericht vom feministischen, antifaschistischen Frauen/Lesben Gedenken in Mauthausen.
abgedruckt in Termit – Linke emanizipatorische Flugschrift mit Terminen (Juni 2012)

Was es bedeutet die Worte Nie wieder im antifaschistischen Kontext zu verwenden, ist eine der zentralen Fragestellung der autonomen Frauen/Lesben, die seit 2000 das feministische Gedenken in Mauthausen organisieren.

Dieses findet in zwei Teilen statt, einmal durch die Teilnahme am offiziellen Einzug am Vormittag und zum zweiten durch eine eigene Gendenkfeier am Nachmittag. Diese findet vor der Baracke 1 statt, die 1942 von den Nationalsozialisten als erstes Lagerbordell gebaut wurde, die erklärende Beschilderung fehlt nach wie vor. Die offizielle Teilnahme von autonomen Frauen/Lesben, sowie die Auseinandersetzung und das Sichtbarmachen von Zwangsprostitution war nicht konfliktfrei und selbst für ehemalige Gefangene, ein schwieriges Terrain. Aussagen wie „ das waren doch Huren “ oder „die hatten doch ein gutes Leben im Lager“, förderten offene Widersprüche und nicht hinterfragte Mythen zutage. Es brauchte einige Jahre Beharrlichkeit, bis diese Gruppe bei der offiziellen Gedenkfeier akzeptiert wurde.

„Liederlichkeit und unmoralische Lebensführung.“1
Als Prostituierte galten im Nazionalsozialismus alle Frauen die nicht der gültigen Sexualnorm entsprachen und verdächtigt wurden „häufig wechselnden Geschlechtsverkehr zu pflegen“. Oft wurden sie von NachbarInnen, ArbeitskollegInnnen oder ehemaligen Liebhabern denunziert. Verschiedene Gesetze wie zur Bekämpfung der Geschlechskrankheiten oder zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung ermöglichten ab 1933, die massive Verfolgung und Inhaftierung unzähliger Frauen/Lesben, die der Prostitution verdächtigt wurden und unter dem Begriff der „Asozialen“ subsumiert wurden. Das Ziel war nicht die Abschaffung der Prostitution, sondern die völlige Kontrolle und Überwachung, menschlicher Beziehungen in allen Bereichen. Bordelle bestanden sowohl für die Wehrmacht als auch für die SS und wurden zur „moralischen Stärkung“ der Soldaten eingerichtet. Im Fall von Mauthausen handelte es sich um ein Bordell für Funktionshäftlinge, die diese aufgrund der „Prämienverordnung “ besuchen durften.

Der anhaltende „Mythos der Freiwilligkeit“
Die Frauen kamen größtenteils aus Ravensbrück (Frauenkonzentrationslager). Dort wurde ihnen versprochen, nach einem halben Jahr „Arbeitskommando“ frei gelassen zu werden und mildere Haftbedingungen zu erhalten. Jedoch im Lager Mauthausen wurden sie zur Sexarbeit gezwungen und von Freilassung war keine Rede mehr. Im Lager selbst wurde von den Verantwortlichen verbreitet, das sie sich freiwillig gemeldet hätten. Diese Strategie verfolgte mehrere Ziele, zum einen erhofften sie sich möglicherweise dass sich tatsächlich Frauen dafür meldeten, zum anderen wurde den Frauen selbst die Schuld zugesprochen. Als „Asoziale“ waren sie innerhalb der Lagerhierarchie sehr weit unten angesiedelt. Begünstigungen die sie erhielten und der Mythos der Freiwilligkeit, sorgten für die weitgehende Entsolidarisierung, mit dieser Gruppe von Frauen. „Die haben die Besten, die gesunden Mädchen ausgesucht, die bekamen schöne Kleider und die haben da im Puff bessere Möglichkeiten gehabt zu überleben“, sagt ein Überlebender.

Nie wieder! Damals wie heute!
Der Begriff der „Asozialen“ und die sogenannte „Freiwilligkeit“ führen direkt ins Hier und Jetzt. Die Reflexion darüber, wie weit diese Begriffe und damit verbundene Ausgrenzung und Verfolgung, auch in der gegenwärtigen Gesellschaft wirken, ist ein wesentlicher Teil der feministischen Gedenkfeier am Nachmittag.
Die OrganisatorInnen erzählen über den Beginn des feministischen Gedenkens im Jahr 2000:
„So offizielle Gedenkfeiern sind eigentlich kein Rahmen, wo ich mich wiederfinde. Aber als die rechts-rechte Regierung im Jahr 2000 an die Macht kam, war das ein erster Anlass, wo wir als Frauen beschlossen haben her zu fahren. Damals war Omofuma ein Thema, seine Ermordung bei einer Abschiebung mit Klebeband. Wir beteiligten uns gemeinsam mit anderen Frauen am Einzug. Wir trugen schwarze Klebebänder, um diese rassistische Kontinuität von Heute öffentlich zu machen.“
„Das Frauengedenken hat verschiedene Teile, das eine ist das wir bei der Befreiungsfeier mitmachen, das andere ist aber auch die Widersprüche zu sehen. Dieses Nie wieder auf der einen Seite, auf der anderen Seite können aber solche Dinge (Anm.: Omofuma) passieren. Wir wollen aber auch vergessene Gruppen wie die Frauen die hier in Mauthausen zur Prostitution gezwungen wurden, sichtbar machen.“

Die Beiträge vom feministischen Frauen/Lesben Gedenken und ein Gespräch mit den OrganisatorInnen, gibt es demnächst als mehrteilige Sendereihe im Rahmen von Radio SisterResist. Die genauen Termine findet ihr auf unserem Blog: sisterresist.wordpress.com

Fussnoten:
1 Helga Amesberg/ Katrin Auer/ Brigitte Halbmayr. Sexualisierte Gewalt. Weibliche Erfahrungen in NS-Konzentrationslagern. Erschienen im Mandelbaum Verlag 2004.

 

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