Geschlecht, Klasse und Psyche
Psychische Gesundheit ist politisch.
In Ländern wie Deutschland und Österreich können wir uns auf eine medizinische Notversorgung verlassen. Immerhin wäre es für uns unvorstellbar, mit einem Knochenbruch wieder nach Hause geschickt zu werden, einschließlich einer Wartefrist von sechs Wochen, bis ein Behandlungsplatz zur Verfügung steht. In etwa so gestaltet sich jedoch die Situation im Bereich der psychischen Erkrankungen. Denn: Unser Gesundheitssystem schreibt, als Teil unseres Gesellschaftssystems, Ungleichheiten fort. Sozialer und ökonomischer Background, kulturelle Rahmenbedingungen und der neoliberale Leistungsgedanke bestimmen, wer gesund ist und wer nicht, wer krank sein darf und letztendlich auch: wem Behandlungsmöglichkeiten offenstehen und wem diese verwehrt bleiben.
Frausein im Patriarchat bedeutet Gefährdung auf vielen Ebenen. Der Mangel an ökonomischer Sicherheit, die körperliche und psychische Gewalt, denen Frauen sehr viel häufiger ausgeliefert sind, und die Doppelbelastung, die durch Arbeit und Care-Arbeit auf den Schultern von Frauen lastet, sind zusätzliche Gründe dafür, warum weibliche Personen zur Risikogruppe zählen und durch unzureichende Krankenversorgung abermals benachteiligt sind.
Besonders Frauen, ihre Körper und ihre Wahrnehmungen sind und waren schon immer ein Instrument zur Ausübung patriarchaler Kontrolle. Geschlechterrollen, der „Diagnose Gap“ und gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse – Beatrice Frasl zeigt in diesem Buch: Das Sprechen über psychische Gesundheit ist ein feministischer Akt, ein Akt, der uns allen die Macht über uns selbst zurückgeben kann.“ (Quelle: Haymon Verlag)
Beatrice Frasl im Gespräch mit Magdalena Stammler. Das Buch ist im Haymon Verlag erschienen.