Wir hören uns den Vortrag: „Zuhuscansuca aba“ – Volver a ser gente: die Re-Indigenisierung der Muisca in Kolumbien – der bei de LAF (Lateinamerika Forschung Austria) Jahrestagung 2024 am 24.-26. Mai bei der Universität Wien (Department für Botanik und Biodiversitätsforschung stattgefunden hat.
Die Muisca waren und sind ein indigenes Volk aus Kolumbien, welches das zentrale Hochlandbewohnt(e), das den Namen des Kondors trägt. Früher hüteten sie ihr gebirgiges Territorium, pilgerten zu ihren heiligen Seen und lebten nach ursprünglichen Gesetzmäßigkeiten. Doch sie mussten weichen, als ihr Land zum Mittelpunkt der europäischen Kolonisierung und zum Zentrum der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung Kolumbiens wurde. Die Muisca waren in und um die aktuelle Hauptstadt Bogotá einem hohen Zivilisationsdruck ausgesetzt und verschwanden in ihrer ethnisch homogenen Existenz und kulturellen Identität weitgehend.
Ihre Nachkommen sind Mestizen und verfügen über kein eigenes kollektives Land. Für die meisten modernen Menschen der Region blieb nur die Legende von „El Dorado“- sie kennen die Muisca nur von Geschichtsbüchern, Museen oder Felsmalereien, obwohl sie noch heute Wörter deren Sprache verwenden.
Trotz dieser Umstände sind die Muisca in Folge der gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte wiedererwacht. Dazu trug die Verfassung von 1991 bei, in der die rechtliche Gleichstellung von Indigenen verankert wurde. So sind in der Stadt und am Land staatlich anerkannte Muisca-Räte gegründet worden, die das Ziel verfolgen die alte Kultur in einer neuen Zeit wieder zu beleben. In diesem Prozess der selbst gewählten Re-Indigenisierung spielt die Sprache, das muysc cubun, eine entscheidende Rolle. Diese ist durch Niederschriften erhalten geblieben sowie durch Forschung rekonstruiert worden und wird von den Neo-Muisca gelernt. Auf der Suche nach dem Erbe ihrer Vorfahren beschreiten die Muisca heute heterogene Wege zwischen spiritueller Rückbesinnung, kosmologischen Wandel, ökologischen Lebensweisen und wissenschaftlicher Forschung, die für die Transformation der Krise der westlichen Zivilisation von großer Bedeutung sind – in Lateinamerika und Europa.
Ana Barón ist Nachkommin der Muisca aus Bogotá, Sprachwissenschaftlerin und unterstützt indigene Völker Kolumbiens bei der Bewahrung ihrer jahrtausendealten Kulturen tatkräftig – in Österreich mit dem Verein inrico – Verein zur Förderung indigener Rechte und Kulturen.
Raphael Ferbas aus Österreich lebte mit den Muisca im Umland von Bogotá, ist Sozialwissenschaftler und hat an der Universidad Externado de Colombia einen transdisziplinären Studiengang gegründet, der Nachhaltigkeitswissenschaften mit indigenem Wissen verbindet