Vive l’Europe! #4 – Lieferketten menschenwürdig gestalten

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Kako narediti dobavne verige bolj človeške?                                               

Es war eines der umstrittensten Vorhaben der zu Ende gegangenen EU-Legislaturperiode, die sogenannte EU-Lieferkettenrichtlinie. Von Wirtschaftsverbänden als Bürokratiemonster bezeichnet stand sie im März 2024 kurz vor dem Aus. Massives Lobbying verhinderte die Bestätigung des bereits fertig ausverhandelnden Kompromisstextes. Dem EU-Ministerrat, den gemeinsamen Anstrengungen progressiver Kräfte und der Beharrlichkeit der belgischen Präsidentschaft ist es zu verdanken, dass die nun 58-seitige Richtlinie den Nationalparlamenten zur Umsetzung zugeleitet wird.

Direktiva EU o dobavnih verigah je bila eden najbolj spornih projektov preteklega zakonodajnega obdobja EU. Gospodarska združenja so jo označila za birokratsko pošast in marca 2024 je bila tik pred ukinitvijo. Intenzivno lobiranje je preprečilo potrditev že dogovorjenega kompromisnega besedila. Julia Wegerer je svetovalka na oddelku za EU in mednarodne zadeve delavske zbornice na Dunaju in nam bo pojasnila, katere so ključne točke direktive.

 

Julia Wegerer ist Referentin in der Abteilung EU und Internationales der Arbeiterkammer Wien. Was sind denn eigentlich so die zentralen Eckpunkte der EU-Lieferkettenrichtlinie vom 5. Juli 2024, die nun in den nationalen Parlamenten umzusetzen sind?

Genau das Herzstück der EU-Lieferkettenrichtlinie sind verbindliche Sorgfaltspflichten, die sehr große Unternehmen künftig entlang ihrer Lieferketten in den Bereichen Menschenrechte und Umwelt einhalten müssen. Klimabezogene Sorgfaltspflichten haben es nicht in den Text, in den finalen Text geschafft, aber sehr große Unternehmen müssen künftig auch einen sogenannten Klimawandeltransitionsplan annehmen und umsetzen. Das bedeutet, Sie müssen nachweisen, wie passt ihr Geschäftsmodell, wie passt ihre Geschäftsstrategie zusammen mit dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden und auch das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen.

Und zurückkommend zu diesen menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten ist anzuführen, dass diese als kontinuierlicher Prozess zu verstehen sind, der aus mehreren Schritten besteht. Zunächst müssen große Unternehmen einmal sich ihre Lieferketten ansehen und schauen, wo haben wir denn potenzielle und wo haben wir bestehende Risiken im Hinblick auf Menschenrechte und Umweltzerstörung, zum Beispiel Zwangsarbeit oder große Verseuchungen, Vergiftungen von Flüssen, wenn es zum Beispiel um Textilindustrie, etc. geht. Und dann zu bewerten, wie gewichtig sind diese Probleme, wie schwer sind sie, wie wahrscheinlich ist es, dass diese eintreten können?

Wenn man das gemacht hat, dann gilt es natürlich Maßnahmen zu setzen. Wie kann man bestehende Missstände abstellen oder abmildern? Und wie kann man verhindern, dass solche Risiken sich verwirklichen? Und ich finde, das ist ein sehr wichtiger Punkt. Es geht vor allem auch darum, dass so eine Richtlinie präventiv wirken soll.

Und der zweite Punkt, den ich hier auch noch betonen möchte: Unternehmen werden nicht von einem Tag auf den nächsten verpflichtet, all diese Missstände abzustellen, sondern die EU-Lieferkettenrichtlinie legt eine Bemühungspflicht fest. Das bedeutet, es wird sehr genau darauf geschaut und differenziert, wo in der Lieferkette passieren Missstände. Wie groß ist das Unternehmen? Welchen Einfluss hat das Unternehmen selbst? Ist es auch Mitverursacher oder nicht? Und differenziert danach, was ist angemessen? Und, was ist realistisch, was kann ein Unternehmen da überhaupt tun?

Und als letzter Punkt gibt es dann die Pflicht, darüber öffentlich zu kommunizieren. Da muss man aber dazu sagen, das ist jetzt nicht wirklich was Neues, weil wir haben solche Nachhaltigkeitsberichtspflichten bereits. Das heißt, da kommt jetzt keine zusätzliche Aufgabe auf die Unternehmen zu.

Aus Arbeitnehmer_innenperspektive ist es noch wichtig anzuführen, dass auch Betriebsräte, Gewerkschaften und generell die Beschäftigten von betroffenen Unternehmen als Interessenträger definiert wurden. Und das heißt ganz konkret, dass sie bei gewissen Punkten in diesem Sorgfaltspflichtenprozess zu Konsultationen herangezogen werden müssen. Und das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Punkt, weil wir wissen – die Beschäftigten, die Gewerkschaften hier und auch in den globalen Lieferketten vor Ort – die wissen ganz genau, wo drückt der Schuh. Die kämpfen jeden Tag dafür, dass die Arbeitsbedingungen sicherer und gesund sind. Im globalen Süden tun sie das teilweise unter sehr riskanten Umständen. Und deshalb ist es wichtig, dass all diese Informationen einfließen, damit man ein Bild davon hat, was sind die tatsächlichen Missstände und was kann man dagegen tun, um diese wirksam abzustellen.

Bistvo te direktive so zavezujoče obveznosti na področju človekovih pravic in okolja, ki jih bodo morala zelo velika podjetja izpolnjevati v svojih dobavnih verigah. Tako pravi Julia Wegerer. Podjetja niso dolžna v trenutku odpraviti vseh zlorab, vendar direktiva EU o dobavnih verigah določa, da si morajo za to prizadevati ter da o svojem trajnostnem razvoju poročajo javnosti. Kakšne pa so te »zavezujoče obveznosti prizadevanj«?

 

Sie haben jetzt diese Bemühungsverpflichtung der Unternehmungen angesprochen. Was sind „Bemühungsverpflichtungen“, die die Unternehmungen im Kontext dieser Lieferkette, also jener Produkte, die sie in ihren Unternehmen verarbeiten, dokumentieren müssen – oder welche Verpflichtungen haben sie da?

Bemühensverpflichtungen stehen für mich in diesem Zusammenhang auch ein bisschen im Gegensatz zu Erfolgspflichten. Das heißt eben, wie ich es schon angeführt habe, man muss nicht nachweisen, Missstand XY wurde sofort behoben, weil diesen Einfluss hat man in der Regel nicht so unmittelbar über Zulieferbetriebe. Aber man muss nachweisen, dass man sich nicht einfach zurückgelehnt hat, dass man nicht einfach weggeschaut hat.

Die Berichterstatterin Lara Wolters im EU-Parlament hat einmal gesagt, diese Richtlinie ist ein Anti-Wegschau-Gesetz. Was meint sie damit? Ich habe die Verpflichtung, auch mir anzuschauen, was passiert in meinen Lieferketten. Ich darf nicht einfach wegschauen und nichts tun, sondern habe mir das anzuschauen und dann Maßnahmen zu setzen. Ich glaube, das ist hier so die Einordnung, die man geben kann.

Wegerer razloži, da zavezujoče obveznosti prizadevanj za podjetja pomenijo, da ne smejo gledati stran. V primeru nepravilnosti in zlorab jih morajo preučiti in nato ukrepati. Katere strahove glede direktive o dobavni verigi pa so imela gospodarska združenja?

 

Ein Blick auf die Wirtschaftsverbände. Welche Nachteile oder Befürchtungen hatten eigentlich die Wirtschaftsverbände durch diese Lieferkettenrichtlinie?

Eines der Hauptargumente, die die Wirtschaftsverbände vorgebracht haben, war, dass die Richtlinie Bürokratie und damit Zusatzkosten mit sich bringt und so die ohne dies angeschlagene Wettbewerbsfähigkeit und den Standort Europa gefährden würden. Aus meiner Sicht ist dieses Argument nicht nachvollziehbar und auch nicht aus dem tatsächlichen Richtlinientext ableitbar. Denn in Wirklichkeit ist es ja jetzt so, um in diesem „Unternehmenssprech“ zu bleiben, derzeit haben Unternehmen Wettbewerbsvorteile, wenn sie Menschenrechte und Umwelt nicht achten, weil sie dann einfach billiger produzieren.

Und um da vielleicht ein für sich sprechendes Beispiel zu geben, die internationale Arbeitsorganisation hat im März 2024, also erst vor kurzem, wieder errechnen lassen, dass durch Zwangsarbeit in der Privatwirtschaft jährlich 236 Milliarden US-Dollar an illegalen Gewinnen gemacht werden. Diese Zahl ist seit der letzten Erhebung 2014 um 37 Prozent angestiegen.

Und das bedeutet für mich im Umkehrschluss, dass es, wenn wir ein sogenanntes Level-Playing-Field schaffen, also gleiche, gerechtere Ausgangsbedingungen für alle Unternehmen, die am Binnenmarkt tätig sind, das Gegenteil von Standortgefährdung eintreten (wird), nämlich eine Standortsicherung, die einfach sicherstellt, dass wenn gewisse Mindeststandards eingehalten werden, Unternehmen nachhaltiger produzieren, die ja auch Wettbewerbsvorteile haben.

Eden od glavnih argumentov trgovinskih združenj je bil, da bo direktiva povzročila birokracijo in s tem dodatne stroške, kar bo ogrozilo konkurenčnost in Evropo kot poslovno lokacijo, tako pravi Julia Wegerer. Nasprotno pa to zanjo pomeni, da če ustvarimo enakopravnejše pogoje za vsa podjetja, bo prišlo do nasprotnega učinka kot pri ogrožanju lokacije, in sicer do varovanja lokacije, ki preprosto zagotavlja, da bodo podjetja ob izpolnjevanju določenih minimalnih standardov delovala bolj trajnostno in imela konkurenčno prednost. Kaj pa o tem meni Gilbert Waldner kot predstavnik Zveze avstrijske industrije na Koroškem?

 

Im Zusammenhang mit den Verhandlungen zur EU-Lieferkettenrichtlinie wurden von Industrie- und Wirtschaftsverbänden die Begriffe „Bürokratiemonster“ oder „Papiertiger-Richtline“ vorgetragen. Nun ist diese Richtlinie nach intensiven Verhandlungen da und muss in Österreich umgesetzt werden. Wie beurteilen Sie als Interessenverband der Industrie nun diese EU-Richtline?

Eines vorweg: die Industrie bekennt sich zu Sorgfaltsprüfungen entlang ihrer Lieferketten. Es ist wichtig, dass ihre Produkte umwelt- und klimafreundlich sowie unter Wahrung der Menschenrechte hergestellt werden. Wer sich nicht entsprechend verhält, dem droht enormer Imageschaden. Konsumenten reagieren heute hoch sensibel. Der moralisch-ethische Rahmen für wirtschaftliches Handeln hat sich verändert.

Das im April beschlossene EU-Lieferkettengesetz schießt allerdings weit übers Ziel hinaus. Der Begriff „Bürokratiemonster“ ist mehr als angebracht. Es ist zu befürchten, dass die damit verbundenen Prüf- und Dokumentationspflichten die Unternehmen schwer belasten werden. Schließlich können sie ja auch dafür haftbar gemacht werden.

Und dann ist noch eins zu bedenken: Stellen Sie sich etwa ein mittleres Elektronikunternehmen mit teilweise über 1.000 Zulieferfirmen vor, die noch dazu weit entfernt in Asien produzieren. Nur ein Bruchteil von diesen Vorproduzenten ist organisatorisch in der Lage oder willens, irgendwelche Erklärungen zu unterschreiben, dass bei ihnen alles im Sinne der Richtlinie korrekt abläuft. Das wird sich zu einem enormen Wettbewerbsnachteil für europäische Unternehmen entwickeln.

Gilbert Waldner je v imenu Zveze avstrijske industrije na Koroškem dejal, da je pomembno, da so  izdelki proizvedeni na okolju in podnebju prijazen način ter v skladu s človekovimi pravicami, in tisti, ki ne ravnajo tako, tvegajo ogromno škodo za svojo podobo. Vendar pa aprila sprejeta direktiva EU o dobavnih verigah močno presega zastavljene cilje. Opozarja, da bodo s tem povezane obveznosti inšpekcijskih pregledov in dokumentacije za podjetja predstavljale veliko breme. A vrnimo se k Juliji Wegerer iz dunajske delavske zbornice, ki govori o situaciji, v kateri bodo zmagali vsi.

 

Soweit Gilbert Waldner, der seitens der Industriellenvereinigung Kärnten diese Stellungnahme übermittelt hat. Doch, nochmals zurück zu Julia Wegerer von der Arbeiterkammer Wien, die allerdings von einer Win-Win-Situation spricht.

Sie meinen in Ihrem Dossier auf Arbeit und Wirtschaft, dass diese Richtlinie als eine Win-Win-Situation oder Win-Win-Richtlinie für Europa und den globalen Süden bezeichnet werden kann. Wie kann das begründet, bzw. verstehbar gemacht werden?

Wir als Arbeiterkammer haben uns das Thema in einer Studie von Dr. Johannes Jäger näher beleuchten lassen. Wie sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Kieferkettenrichtlinie? Was ist da zu erwarten? Und diese Studie kommt zum Schluss, dass die Richtlinie einen deutlichen positiven wirtschaftlichen Wohlfahrtseffekt auf den globalen Süden haben wird und dass auch für Europa selbst zu erwarten ist, dass positive Nettoeffekte eintreten.

Die positiven Effekte für den globalen Süden sind offensichtlich, kann man sagen, weil die Nicht-Einhaltung von Menschenrechten und die Zerstörung der Umwelt, wie sie jetzt systematisch auch stattfinden, haben erhebliche negative Auswirkungen auf den globalen Süden und auf die Beschäftigten dort. Wenn solche Praktiken beendet, abgestellt werden, dann wirkt sich das natürlich gesamtgesellschaftlich gesehen positiv auf die Entwicklung in diesen Ländern aus.

Und hier für Europa ist auch anzuführen, dass wenn wir uns hier auf nachhaltige Produktion spezialisieren, damit zu rechnen ist, dass wir hier Marktführer werden sein können. Und das ist natürlich eine Spezialisierung, die uns langfristig, mittel- und langfristig sehr zugutekommen wird. Und die natürlich auch dazu führen kann, dass andere Länder, andere Regionen nachziehen werden. Das haben wir zum Beispiel auch bei der Datenschutzgrundverordnung schon so erlebt.

Wegerer pravi, da so pri delavski zbornici naročili študijo, ki preučuje gospodarske učinke direktive EU o dobavnih verigah. Študija kaže, da bo imela direktiva nedvomno pozitiven učinek na gospodarsko blaginjo globalnega juga in da lahko pričakujemo pozitivne učinke tudi za Evropo. Če se bomo tukaj specializirali za trajnostno proizvodnjo, lahko pričakujemo, da bomo vodilni na trgu. In to je seveda specializacija, ki nam bo dolgoročno, srednjeročno in dolgoročno zelo koristila. Kakšni pa so naslednji koraki?

 

Wie gestalten Sie nun die nächsten formalen Schritte?

Es ist so, dass die Richtlinie am 5. Juli 2024 im Amtsblatt veröffentlicht wurde und 20 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft getreten ist. Und jetzt haben die Mitgliedstaaten und somit auch Österreich zwei Jahre Zeit, diese Richtlinie in ein nationales Gesetz zu gießen. Das bedeutet eben Juli 2026. Konkret heißt es, dass die nächste Regierung, die wir ja alle im Herbst wählen werden, damit betraut ist, diese Aufgabe zu erfüllen und dieses nationale Gesetz zu erlassen.

Države članice, vključno z Avstrijo, imajo dve leti časa, da to direktivo prenesejo v nacionalno zakonodajo. Konkretno to pomeni, da bo naslednja vlada, ki jo bomo vsi izvolili jeseni, zadolžena za uveljavitev tega nacionalnega zakona.

Zeitgleich zu diesen Arbeiten finden auch Arbeiten auf Ebene der EU-Kommission statt, denn, was wir nicht vergessen dürfen, es wird, und das ist auch im Richtlinie-Text geregelt, es wird Information und Unterstützung für Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Verpflichtung geben. Die EU-Kommission wird Leitlinien erlassen für die einzelnen Sorgfaltspflichten, die ich vorher schon genannt habe und wie diese auch in bestimmten Branchen genau umgesetzt werden können.

 

War die Arbeiterkammer Österreich als gesetzliche Arbeitnehmerinteressensvertretung in den laufenden Prozess, bzw. in die Verhandlungen eingebunden, und was waren so die konkreten Forderungen, die Sie als Interessensvertretung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gestellt haben?

Ja, die Arbeiterkammer und die Sozialpartner insgesamt sind gesetzlich eingebunden. Für uns war es vor allem interessant und spannend, uns einzubringen, wenn es darum geht, wie können wir so eine Anforderung wirksam gestalten. Und Wirksamkeit bedeutet, das Ergebnis soll nicht sein, dass irgendwo Papier produziert wird, sondern das Ergebnis soll sein, dass tatsächlich die Situation der Menschen vor Ort in den globalen Lieferketten sich bessert. Und das haben wir auch mit verschiedenen Stellungnahmen getan, die wir eingebracht haben, in denen wir beispielsweise gefordert haben, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeweitet werden muss, dass aus unserer Sicht viel zu wenige Unternehmen erfasst sind.

Und eine ganz wichtige Frage, über die wir jetzt noch nicht gesprochen haben: Ein Gesetz ist ja auch immer nur dann wirksam, wenn es entsprechende Sanktionsmöglichkeiten gibt. Nämlich die Frage, was passiert, wenn Unternehmen ihren Pflichten nicht nachkommen, wenn sie diese verletzen. Und da haben wir uns noch ganz stark dafür eingesetzt, dass es eine zivilrechtliche Haftung geben wird, die jetzt auch so gekommen ist. Aber im Grunde geht es einfach darum, dass es tatsächlich praktisch handhabbar ist, dass Geschädigte im globalen Süden, wenn ein Unternehmen seine Sorgfaltspflicht verletzt hat, die Möglichkeit haben, hier an Schadenersatz zu kommen.

 

Eine abschließende Beurteilung: Welche zusammenfassende Beurteilung würden Sie zum Lieferkettengesetz, bzw. zur Lieferketten-Richtlinie abgeben? Vielleicht eine zentrale Botschaft, die Sie jetzt an die Hörer und Hörerinnen von Radio Agora richten würden?

Ja, zunächst möchte ich noch einmal hervorheben, was da gelungen ist. Wir haben wirklich einen Paradigmenwechsel, der hier stattgefunden hat. Erstmals wird es im EU-weiten (Raum) diese verbindlichen Regelungen geben, die Unternehmensverantwortung für globale Lieferketten festlegen. Das ist ein großer Erfolg. Dafür wurde jahrzehntelang gekämpft und es gab bisher immer nur freiwillige Selbstverpflichtungen von Unternehmen, die aber in der Praxis keine systemischen Veränderungen bewirkt haben.

Als zentrale Botschaft möchte ich noch mitgeben, dass die EU-Lieferkettenrichtlinie gezeigt hat, was möglich sein kann, wenn wir uns zusammentun, wenn man gemeinsam Druck aufbaut und gemeinsam für eine gerechtere Welt und ein globales Miteinander eintritt. Bei der EU-Lieferkettenrichtlinie war das genau der Fall. Wir haben die Zivilgesellschaft gehabt, wir haben die Gewerkschaften gehabt, wir haben insgesamt sehr viele NGOs aus verschiedensten Bereichen gehabt, die hier zusammengekommen sind und natürlich progressive Politiker auf EU-Ebene, auf nationaler Ebene, die sich hier eingesetzt haben.

Wenn da nicht alle zusammengehalten hätten und den Druck aufrechterhalten hätten, dann wäre die EU-Lieferkettenrichtlinie so nicht gekommen. Auch die Arbeiterkammer und der ÖGB sind beispielsweise hier in mehreren Allianzen und Kampagnen. Auf europäischer Ebene heißt die Kampagne „Justice is Everybody’s Business“. Da werden wir auch weiterhin uns dafür einsetzen zu schauen, okay, wie funktioniert die Umsetzung der Richtlinie in den nationalen Staaten? Welche Best Practices gibt es da? Wie kann man das wirksam tun?

Und auf österreichischer Ebene in der Allianz „Menschenrechte brauchen Gesetze“, wo wir uns nicht nur mit der Umsetzung dieser Richtlinie beschäftigen, sondern auch weiterhin für ein internationales Abkommen kämpfen. Denn es wird ja auf Ebene der UN seit 2014 für ein verbindliches internationales Abkommen gearbeitet. Es gibt Verhandlungen und da ist es jetzt höchste Zeit, dass die EU auch sich in diese Prozesse aktiv mit einbringt und mitverhandelt, was sie bis jetzt nicht tut.

V EU bodo prvič obstajali zavezujoči predpisi, ki opredeljujejo odgovornost podjetij za globalne dobavne verige. Julia Wegerer je prepričana, da je direktiva EU o dobavnih verigah pokazala, kaj je mogoče doseči, če združimo moči, če skupaj ustvarimo pritisk in si prizadevamo za pravičnejši svet in globalno sodelovanje.

 

Der hier veröffentlichte Textbeitrag wurde in der Sendung am 30. August 2024 auf radio AGORA in einer leicht gekürzten Fassung ausgestrahlt.

Tukaj objavljeni prispevek je bil v nekoliko skrajšani različici predvajan na radiu AGORA 30. avgusta 2024.

 

Kurzbiografien:

Julia Wegerer ist Referentin in der Abteilung EU & Internationales der AK Wien und befasst sich mit europapolitischen Fragestellungen, veröffentlicht spezifische Fachbeiträge und arbeitnehmerrelevante Dossiers.

Gilbert Waldner ist Mitarbeiter der Industriellenvereinigung Kärnten im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Seine berufliche Karriere begann im Kultur- und Wirtschaftsjournalismus. Seit 1990 ist er in der Industriellenvereinigung Kärnten tätig.

 

Kratki biografiji:

Julia Wegerer je referentka na oddelku za EU in mednarodne zadeve pri delavski zbornici na Dunaju in se ukvarja z vprašanji evropske politike ter objavlja posebne strokovne članke in dosjeje za delojemalce.

Gilbert Waldner dela v oddelku za odnose z javnostmi pri Zvezi avstrijske industrije na Koroškem. Svojo poklicno pot je začel na področju kulturnega in poslovnega novinarstva. Od leta 1990 je zaposlen pri Zvezi avstrijske industrije na Koroškem.

 

Članek Julije Wegerer je na voljo na: https://www.awblog.at/Europa/Die-EU-Lieferkettenrichtlinie-ist-da

Der Artikel von Julia Wegerer ist verfügbar unter: https://www.awblog.at/Europa/Die-EU-Lieferkettenrichtlinie-ist-da

 

 

 

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