Am 26. März 1925 verstarb in Wien der Publizist und Schriftsteller Hugo Bettauer. Bettauer gründete 1924, zusammen mit Rudolf Olden die Wochenzeitschrift „Er und Sie. Wochenschrift für Lebenskultur und Erotik“. Die 1. Nummer erschien am 14. Feber 1924 – Valentinstag. Die Inhalte der Zeitung trafen den Nerv der Zeit. In ihr wurden Fragen zur Erotik, Sexualität, Partnerschaft und vieles andere mehr erörtert. Mit dem Ziel, alle diese Themen verständlich aufzubereiten.
Schon von Beginn gab es heftigen Widerstand gegen die Zeitschrift, und zwar über die Parteigrenzen hinweg. Auch der Wiener Gemeinderat und amtsführende Stadtrat Julius Tandler stimmte in den Chor der Gegner Bettauers mit ein. Am 10. März 1925 verübte der Nationalsozialist Otto Rothstock in den Redaktionsräumlichkeiten der Zeitschrift (Wien 8., Langegasse 7) ein Schussattentat auf Bettauer. Er sah, ähnlich der amtlichen Argumentation Tandlers, durch die Zeitschrift des „Juden Bettauer“, die „Sittlichkeit der Jugend gefährdet“. Eine solche Gefährdung galt es zu verhindern.
Der Prozess gegen Rothstock geriet zur Farce. Er wurde von den Geschworenen freigesprochen. Rothstock wurde in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht, aus der er 1927 entlassen wurde. Im Prinzip traf Rothstock keine Strafverfolgung. In einem Interview des Jahres 1974 verteidigte Rothstock seine Tat mit gleichen Argumenten wie 1925. Wer die Gegenwart aufmerksam beobachtet, der erkennt, dass die Argumente gegen Bettauer leider „zeitlos“ sind.
Ebenso zeitlos sind die Verfilmungen der Romane von Bettauer, die oft nur wenige Monate nach Veröffentlichung der Bücher danach entstanden sind.
Filme wie: Die Stadt ohne Juden und Die freudlose Gasse gelten als Höhepunkte des damals noch jungen Mediums und haben seit dieser Zeit nichts an ihren Wirkungen verloren.
Und ebenso zeitlos sind Bettauers Romane:
Bettauers Romane sind zwar triviale Kriminalromane, die jedoch die Zeit der Inflation genauestens nachzeichnen und jene Szenarien wiedergeben, wie sie nicht nur in solchen Zeiten, sondern auch in der Gegenwart entstehen und in der Zukunft entstehen werden.




