Fortsetzung und Teil 2 der Stadtexpeditionen zu Orten in Innsbruck, die sich mit unbekannten Frauenbiographien verbinden:
1. Station: Schillerstraße 6; zur sozialdemokratischen Stadtpolitikerin und Schriftstellerin Marie Holzer (Czernowitz 1874 – Innsbruck 1924) und ihrer Tochter Edith Holzer. Marie Holzer publizierte unter anderem in Franz Pfemferts Zeitschrift „Die Aktion“ . Ihre Tochter Edith war 1915 die erste weibliche Maturantin am Akademischen Gymnasium in Innsbruck und promovierte 1921 als eine der ersten Frauen an der Universität Innsbruck im Fach Geschichte und Geographie.
Die 2. Station führt uns zur Adresse Deutsches Heim Nr. 18, in die dunkelsten Ecken des Nationalsozialismus, zusammen seinen Anfängen in München und einem Ende nach Innsbruck: Käthe Bierbaumer (04. Juli 1884 in Neustift/Burgenland – 21. August 1951 Seefeld), die von 1944 bis zu ihrem Tod hier in Innsbruck lebte. Käthe war Lebensgefährtin von Rudolf von Sebottendorff , der mit ihrem Geld den Verlag Franz Ehers Nachfolger kaufte und sie als Eigentümerin einsetzte. Der Verlag und Käthe persönlich unterstützten Hitler mit finanziellen und publizistischen Mitteln. Im Verlag Franz Eher wurden alle Hetzschriften des Nationalsozialismus, angefangen von Hitlers „Mein Kampf“ über den „Völkischen Beobachter“ verlegt. Nach dem Zusammenbruch des NS Regimes wurde der Verlag vom Freistaat Bayern konfiziert, um seinem unsäglichen Treiben ein endgültiges Ende zu setzen.
Für ihre Rolle als Verlagseigentümerin musste sich Käthe Bierbaumer nie gerichtlich verantworten.
Das Hilfsmittel zur Auffindung von historischen Adressen und ihrer Entsprechung in der Gegenwart findet man hier:
Hilfsmittel von Peter Helfer erstellt
3. Station Defreggerstraße 19 führt uns von Innsbruck in den Pazifischen Ozean und den Galapagos-Archipel. Auf der Insel Floreana spielte sich 1934 das Drama der Galapagos-Affäre ab, in der Antonia Henrika Jole von Wagner – Wehrborn (vermutlich verehelichte Baronin Bosquet, geboren 03. Mai 1893 in Zell am See, verschollen seit März 1934 im Pazifischen Ozean) als sogenannte „Kaiserin von Galapagos“ eine zentrale Rolle spielte. Ihre Biographie wird bis in die Gegenwart mit allen möglichen Beifügungen versehen, um aus dem Nichtwissen über ihre Person reisserische Stories zu erzeugen.
Die Identifizierung von Antonia von Wagner-Wehrborn ist gesichert; sie war jene, in den Literaturen oft als Hochstaplerin, falsche Adelige bezeichnete Frau, die 1932 mit zwei männlichen Begleitern auf die Insel Floreana kam, um ein Hotel für betuchte amerikanische Millionäre zu errichten, und sich (angeblich) als „Kaiserin von Galapagos“ ausrief. Das Hotel wurde letztlich eine Wellblechhütte mit zwei Zimmern. Nachdem die Sitution zwischen den verschiedenen Aussteigern immer mehr eskalierte, verließ Antonia mit einem ihrer Begleiter die Insel und gilt seither als verschollen. Rund um ihre Geschichte ranken sich Mythen, Erfindungen – immerhin konnte jetzt der richtige Name und (derzeit noch) spärliche biografische Daten recherchiert werden.
Als Musik zum heutigen blog wurden ausgewählt:
Pink Floyd mit „Time“ aus dem Album Darkside of the moon;
„Theme from Shaft“ als Instrumental
Jimmy Hendrix „As the years go by“
Velvet Underground (with Nico) mit „Venus in Furs“ und „Femme fatale“
Witthüser & Westrup mit „Schlüsselblume“.
Der einiger Maßen objektivste Literaturhinweis zur Galapagos-Affäre (nur mehr antiquarisch erhältlich): Treherne, John: Verloren im Paradies. Die Galapagos-Affäre. Deutsch von Liisa und Hermann Völkl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag (Rororo, Band 12441).
Die Reihe Stadtexpeditionen wird zwanglos fortgesetzt. Das Beitragsbild ist ein Ausschnitt der Bibliographie zu Marie Holzer, erstellt von Gerd Baumgartner im Jahre 2003.




