bildunsministerin claudia schmied und wissenschaftsminister johannes hahn praesentierten gemeinsam mit prof filzmaier (donau uni krems) die ergebnisse der pilotstudie „jugend und politische bildung“.
weiters stellen sie eine demokratieoffensive vor.
offensichtlich sind die jugendlichen doch nicht so uninteressiert an der politik wie immer behauptet wird.
eines der ziele: moeglichst viele sollen sich einmischen!!
hier der offizielle text der presseinfo:
„Demokratie braucht junge Menschen“
Die Demokratie Initiative der österreichischen Bundesregierung
Österreichs Jugendliche wünschen sich mehr Politische Bildung an Schulen und Universitäten.
Unterrichtsministerin Claudia Schmied und Wissenschaftsminister Johannes Hahn sehen Handlungsbedarf bei Lehrplänen und Ausbildung.
Wien, 8. Mai 2007. – Eine aktuelle Pilotstudie, die im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur und des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung erstellt wurde, kam zu dem überraschenden Ergebnis, dass rund zwei Drittel der 14- bis 24-Jährigen zwar mit der Regierungsform der Demokratie an sich zufrieden sind, sich aber dennoch mehr Politische Bildung wünschen. Exakt 71 % der in Fokusgruppen Befragten sprachen sich klar für ein eigenes Unterrichtsfach „Demokratielernen“ aus. Schule und Universität genießen als neutraler Ort der Demokratievermittlung hohes Ansehen bei den Jugendlichen, auch wenn das politische Wissen in der Realität meist aus den Massenmedien bezogen wird. „Das Ergebnis der Pilotstudie werten wir als klares Signal für mehr Politische Bildung an unseren Schulen“, erklärte Unterrichtsministerin Claudia Schmied bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wissenschaftsminister Johannes Hahn heute im Parlament. „Wir müssen die Fakten natürlich genau prüfen, wollen aber dem Wunsch der Jugendlichen nach mehr Demokratievermittlung an unseren Schulen in jedem Fall nachkommen“, so Schmied. „In der LehrerInnenausbildung“, ergänzt Wissenschaftsminister Hahn, „wollen wir gemeinsam mit den Universitäten konkrete Schritte setzen, um der Demokratievermittlung auch im akademischen Bereich den Stellenwert zuzuerkennen, der ihr gebührt.“ Der Wissenschaftsminister regt in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines Lehrstuhls für die besondere Didaktik in der Politischen Bildung an und kündigt weiters an, dafür zu sorgen, dass – wenn technisch machbar – Studierende bei den ÖH-Wahlen 2009 ihre Stimme auch über Internet abgeben können (E-Voting). Diese und zahlreiche weitere Schritte sollen im Rahmen einer umfassenden Demokratie Initiative der Bundesregierung das demokratische Bewusstsein junger Menschen stärken. „Politik braucht die Mitwirkung junger Menschen. Das Wahlalter zu senken ist ein erster Schritt. Aber damit ist es noch lange nicht getan. In den kommenden Jahren ist es unsere Aufgabe, die Lust an Demokratie und Politik auch in der nächsten Generation zu wecken“, sind sich die Minister einig.
Chancengleichheit und Integration als politische Top-Themen bei Jugendlichen
Laut Studienautor Univ.-Prof. Dr. Peter Filzmaier brachte die Studie durchaus überraschende Ergebnisse. Er fasst die Resultate in sechs Thesen zusammen:
1) Die generelle Demokratiezufriedenheit der Befragten ist hoch. Sie liegt bei 69 %. Jeder Fünfte jedoch präferiert einen „starken Mann“ in der Politik. „Die Autoritätsgläubigkeit“, so Filzmaier, „sinkt mit zunehmendem Demokratiebewusstsein. Ein Grund mehr, den Stellenwert von Politischer Bildung zu forcieren.“
2) Die Jugendlichen selbst hätten gerne mehr Demokratievermittlung an Schulen und Universitäten. Rund 64 % sind der Meinung, dass in diesem Bereich zu wenig getan wird. 71 % sprechen sich klar für ein eigenes Unterrichtsfach „Demokratielernen“ aus.
3) Die politischen Interessen und Themenwünsche der Jugendlichen sind bemerkenswert: An erster Stelle steht das Thema Gleichbehandlung von Mann und Frau, gefolgt von Fragen zur Integration von AusländerInnen. Rund 44 % der Befragten sähen diese Themen gerne intensiver in der Schule behandelt. EU-ropa, Medien und aktuelle politische Ereignisse sind hingegen die klaren Schlusslichter im Wunschthemen-Ranking der 14- bis 24-Jährigen.
4) Schule und Universität sind als neutrale Orte der Demokratievermittlung anerkannt. Rund 93 % der Jugendlichen sehen die Schule für Politische Bildung als sehr (59 %) oder eher wichtig. 83 % sind der Ansicht, dass Politische Bildung vor allem an Schulen und Universitäten vermittelt werden soll. Ungleich kritischer ist die Einstellung gegenüber PolitikerInnen und Parteien. Rund zwei Drittel (62 %) beklagen, dass PolitikerInnen sich nicht um die Meinung junger Menschen kümmern.
5) Massenmedien sind für Jugendliche die primäre Informationsquelle zu den Themen Demokratie und Politik. 75 % beziehen ihr politisches Wissen aus den Medien. Medien werden auch als sehr glaubwürdig eingestuft, 48 % gaben an, inhaltlich Medien am meisten zu vertrauen. „Die Medienvertreter sind daher als Sprachrohr und Informationsquelle Nr. 1 in künftige Maßnahmen intensiv miteinzubinden“, empfiehlt Professor Filzmaier.
6) Politisches Interesse ist ebenso vorhanden wie der Wille zur aktiven Mitwirkung. Knapp 60 % sind der Ansicht, dass politische Partizipation wesentlich ist, und wären auch bereit, diese aktiv auszuüben. „Wählen mit 16″ wird zwar weiterhin von vielen kritisch gesehen, die Zustimmung der unmittelbar Betroffenen (14- bis 17-Jährigen) zur Wahlaltersenkung ist allerdings groß und liegt bei 50 %.
Studie ist ein klarer Auftrag an die Politik: 71 % der Jugendlichen wollen Unterrichtsfach „Demokratielernen“
„Wir werten die Ergebnisse der Studie als klaren Auftrag an unsere Ministerien“, zeigten sich Unterrichtsministerin Schmied und Wissenschaftsminister Hahn einig. „Wir wollen dem Thema Demokratie einen hohen Stellenwert einräumen und haben uns dazu entschlossen, ressortübergreifend in dieser wichtigen Angelegenheit zusammenzuarbeiten.“ Erstmals wird es eine gemeinsame Demokratie Initiative der Bundesregierung – durchgeführt von den beiden Ministerien –geben. Für das weitere Vorgehen sollen dazu alle Fakten überprüft und die fachlich relevanten Personen konsultiert werden. Als Unterrichtsprinzip ist Politische Bildung bereits im Lehrplan verankert und wird in den Oberstufen in verschiedenen Kombinationen unterrichtet. Dennoch ist eine Adjustierung des Lehrplanes überlegenswert, da Politische Bildung meist erst in den beiden letzten Schulstufen der AHS bzw. BHS unterrichtet wird. „Mit der Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre ist es aber wichtig, Schülerinnen und Schüler spätestens ab der 8. Schulstufe mit Demokratie und Politik vertraut zu machen“, so die Ministerin. „Wir werden daher eine Vorverlegung diskutieren.“ Auch eine Bündelung der Unterrichtsprinzipien Medienpädagogik, Europaerziehung und Politische Bildung zu einem Unterrichtsprinzip „Demokratielernen“ ist seitens des Unterrichtsministeriums überlegenswert.
83 % der Jugendlichen sehen Universität und Schule als Ort der Demokratievermittlung: Wissenschaftsminister Hahn wünscht sich interdisziplinären Ansatz an den Hochschulen
Für die LehrerInnenausbildung an den Universitäten wünscht sich Wissenschaftsminister Hahn vor allem eine Sensibilisierung der PädagogInnen für das Thema. Prinzipiell sollen alle zukünftigen AHS-PädagogInnen, gleich welcher Fachrichtung, das Rüstzeug zur Demokratievermittlung an den Universitäten erhalten. Als wesentlichen Punkt der Studie wertet Hahn die Tatsache, dass die Befragten Schule und Universität als neutralen Ort der Politikvermittlung sehen. „Wir wollen an den Universitäten und in der Folge an den Schulen die Notwendigkeit der persönlichen Partizipation und politischen Mitbestimmung lehren, aber keine Parteipolitik betreiben.“ Mit diesem Ansinnen geht der Minister auch konform mit den Wünschen der Jugendlichen, die zwar zu zwei Dritteln Demokratie schätzen, aber der Parteipolitik große Skepsis entgegenbringen. Neue Wege der Politikvermittlung neben der traditionellen Struktur sind daher wesentlich, um die junge Generation miteinzubeziehen. „Wir müssen uns genau ansehen, wie und wo sich junge Menschen heute informieren, und sie gezielt dort abholen“, fordert Minister Hahn, „Internet und mobile interaktive Kommunikation gehören selbstverständlich zum Leben junger Menschen heute – so muss auch die Politik online gehen. Ich habe mich daher auch für die grundsätzliche Möglichkeit des E-Votings eingesetzt.“ Eine erste Umsetzung des E-Votings könnte sich der Minister bereits bei den nächsten ÖH-Wahlen gut vorstellen.
Jugendliche wollen spannende Themen statt reiner Institutionenlehre
Chancengleichheit der Geschlechter oder Fragen der Integration von AusländerInnen sind Themen, die junge Menschen bewegen. „In der Schule soll auch politische Diskussion zu aktuellen Themen, die das Leben junger Menschen unmittelbar betreffen, stattfinden. Dialog und Diskussion zur Meinungsbildung sind maßgeblich für jedes demokratische Handeln. Hier im Parlament findet das täglich statt“, betont Unterrichtsministerin Claudia Schmied. Demokratie erlebbar machen ist daher auch ein Anliegen der Ministerin. „Mit der Vermittlung der reinen Institutionenlehre werden wir aus jungen Menschen keine begeisterten Demokraten machen. Sie müssen erleben können, dass ihre Stimme zählt und ihre Anliegen ernst genommen werden – im unmittelbaren Wirkungskreis der Schule, aber auch in der großen Politik.“ Eine innovative (Fach-)Didaktik und neue Modelle zur Vermittlung sind – so die Ministerin – erforderlich. An den Pädagogischen Hochschulen werden Politische Bildung und Demokratielernen in den Leistungsplänen fix verankert und sind somit ein verbindlicher Bestandteil der LehrerInnenausbildung im Pflichtschulbereich. Die gemeinsame Demokratie Initiative der Bundesregierung soll bis Herbst Modelle ausarbeiten, um junge Menschen in der Schule, aber auch in ihrem Alltag gezielt anzusprechen und ihnen die Berührungsängste gegenüber der Politik zu nehmen. Den Medien kommt dabei eine wesentliche Rolle zu. Sie sind laut Studie die wichtigste und glaubwürdigste Informationsquelle zu politischen Themen. Daraus ergibt sich einerseits eine hohe Verantwortung, die den Medien zukommt. Andererseits müssen sie in einem erheblichen Ausmaß in die Demokratievermittlung miteinbezogen werden. Die Presse übt ja im demokratischen Spiel der Mächte eine wesentliche Kontrollfunktion aus. Presse- und Meinungsfreiheit sind Grundelemente der Demokratie – und die ersten Opfer, wenn demokratische Rechte beschnitten werden.
Demokratie Dialog mit allen Beteiligten steht am Beginn der Demokratie Initiative
Beide Minister betonten, dass sie ein Miteinander und den Dialog mit allen Beteiligten suchen. „Wir werden keine Konzepte im stillen Kämmerchen produzieren, sondern in Gesprächen mit den Akteuren der Politischen Bildung von allen mitgetragene Modelle zur Demokratievermittlung erarbeiten“, so die Minister: „Aus diesem Grund haben wir den Demokratie Dialog ins Leben gerufen, der nun bis Mitte Juli im Haus am Minoritenplatz stattfinden soll.“ In thematisch fokussierten und hochkarätig besetzten Gesprächsrunden werden neue und bewährte Wege der Demokratievermittlung in Österreich diskutiert. Die Pilotstudie von Univ.-Prof. Dr. Peter Filzmaier zum Thema „Jugend und Politische Bildung“ dient als erster Schritt der Bestandsaufnahme, sie gibt Einblick in das Demokratieverständnis junger Menschen. Die Ergebnisse der Studie werden Ausgangslage für den Demokratie Dialog sein. „Die Erkenntnisse aus dem Demokratie Dialog sind Basis unserer weiteren Arbeit und werden in die zukünftigen Maßnahmen der Demokratie Initiative miteinfließen“, so die Minister abschließend. Der große Auftakt der Demokratie Initiative ist dann zu Schulbeginn ab Herbst geplant – mehr wird aber noch nicht verraten.