Abtanzen, absaufen, abschieben. Mehr als tausend bei Mayday-Parade in Wien.

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ZIP-FM-Lokalausgabe Wien – Einzelbeiträge
  • 20130501maydaywien
    14:10
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Wagenplatz Gänseblümchen wieder auf Platzsuche, Wien, April 2014
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Brief des Antifaschisten Josef, der seit Demo gegen Akademikerball 2014 in U-Haft sitzt – vorgelesen bei Solidemo am 2. 4. 2014.
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Vertagt bis 6. Mai: Bericht vom „Schlepperei“-Prozess
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„Schlepperei“-Prozess – Telefonbericht vom 1. Tag
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O-Ton von PK: Montag startet „Schlepperei“-Prozess in Wiener Neustadt
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Wagentruppe Treibstoff wieder auf Platzsuche
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Proteste gegen Zerstörung von Ybbstalbahn und Thayatalbahn
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Pizza bleibt! Pizzeria Anarchia in der Mühlfeldgasse in Wien 2 droht Räumung – Telefoninterview mit Aktivist_innen
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Heini Staudinger vs. Finanzmarktaufsicht: Nachrangigkeitserklärung auf Druck der FMA ermöglicht weiterhin alternative Finanzierungsmöglichkeiten für GEA und NGOs
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To Russia with Love – Eindrücke von der Wiener Demo gegen Homophobie in Russland

[Gebauter Beitrag mit unten stehendem Text, O-Tönen und Interviews. Der Text hat teilweise Kommentarcharakter und basiert auf einen Text auf nochrichten.net. Auf Kritik von KSV-LiLi auf den ursprünglichen Text (siehe nochrichten.net) wurden einzelne Änderungen vorgenommen. Der Ursprungstext samt Stellungnahme von KSV-LiLi befindet sich auf: http://nochrichten.net/?p=1446 ]

Mehr als 1000 Teilnehmer_innen – kurz vor dem Gürtel zählten wir 1050 – beteiligten sich am 1. Mai 2013 an der Wiener Mayday-Parade der Prekarisierten, bei der neben den Problemen mit neuen Arbeits- und Lebensverhältnissen sowie alten prekären Arbeitsverhältnissen in Haus- und Carearbeit auch die Situation von Asylwerber_innen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden sollten. Die Wahl der Route, die inhaltliche Vorbereitung, akustische Beiträge und ein umfassender Demoreader ließen eigentlich das Beste erwarten. Letztendlich scheiterte das Konzept an Polizeiprovokationen, anscheinend rassistisch motivierten Festnahmen abseits der Demo, versagender Kommunikationsstrukturen innerhalb der Demo sowie Sauf- und Partypräferenzen mancher Teilnehmenden. Gemeinsames politisches Agieren war dann, als es nötig war, nicht mehr möglich.

Dabei hat es eigentlich ganz gut begonnen.

Als schon bald nach dem Losziehen der Parade eine Clowns-Army-Truppe ungefähr an der Ecke Alser Straße / Lange Gasse kurz nach Verlassen der Demo von der Polizei aufgehalten und eingekesselt wurde, gelang es, die anderen Demonstrant_innen rasch zu informieren. Der traktorgezogene Bauwagen der Wagenburg Gänseblümchen im hinteren Teil der Parade stoppte. Ein großer Teil der Demonstrant_innen bewegte sich zurück zur Alser Straße. Davon sichtlich überrascht, löste die Polizei den Kessel auf und die Clowns konnten sich – ohne Identitätsfeststellungen unterzogen zu werden – wieder frei bewegen.

Als bei der Votivkirche zufällig beobachtet wurde, dass ein Mann von der Polizei festgehalten wurde, stoppte die Parade neuerlich. Zahlreiche Demonstrant_innen zogen zum Schauplatz der Polizeiaktion. Es stellte sich heraus, dass ein papierloser Refugee angehalten wurde, weil ihm vorgeworfen wurde, dass er an die Mauer der Votivkirche uriniert haben soll. Obwohl die Verwaltungsstrafe gezahlt wurde, dauerte es geraume Zeit und bedurfte es wohl auch der Beobachtung der Demonstrant_innen, bis bzw. dass der Mann freigelassen wurde.

Die Freiheit währte aber nur kurz. Nachdem die Parade weitergezogen war, wurden hinter der Votivkirche zwei Refugees und zwei weitere Personen festgenommen. Nach unbestätigten Informationen war unter anderem wieder jener Mann, dem zuvor vorgeworfen worden war, uriniert zu haben, Ziel der Polizeiaktion. Diesmal lautete der Vorwurf „versuchte schwere Sachbeschädigung“. Der Polizei-Einsatzleiter soll laut mayday-wien.org erklärt haben, dass beim Versuch ein Polizeiauto aufzuhalten, eine Antenne beschädigt worden sei. Bei welchem Fahrzeug genau, sei aber unklar. Es würden noch alle Fahrzeuge durchgefunkt, um festzustellen, ob die Sachbeschädigung überhaupt stattgefunden habe, so der Einsatzleiter laut mayday-wien.org. Personen, die den Einsatz filmen wollten, wurden von Polizist_innen daran gehindert.

Auch bei dieser Polizeiaktion gelang es, die Demo von dem Vorfall rasch zu informieren. Wieder stoppte die Parade. Über Lautsprecher wurden zumindest im hinteren Teil die Teilnehmer_innen informiert. Und wieder versuchten Demonstrant_innen, sich zurück zum Schauplatz der Polizeiaktion zu bewegen. Die Polizei zog allerdings rasch eine Sperrkette auf und verhinderte ein Umkehren der Demonstration.

Ein Großteil der Demonstrant_innen bekam von alledem gar nichts mit, weil im vorderen Teil der Parade einfach weiter Musik gespielt und keine Information weitergegeben wurde sowie die Informationen aus dem hinteren Teil der Parade schlichtweg mit Technosound übertönt wurden.

Hinten versuchten Parade-Organisator_innen die Situation zu erklären. Sie gaben die mittlerweile bestätigten Informationen weiter und luden ein, über die weitere Vorgehensweise zu beraten, da die Polizei damit drohte, die Versammlung aufzulösen, wenn nicht weitergezogen werde.

Es setzte sich die Ansicht durch, dass es besser sei, die Parade fortzusetzen, da die Festgenommenen bereits abtransportiert worden waren, stehenzubleiben nichts mehr gebracht hätte, und jeglicher weitere Interventionsversuch nur zu einer Gefährdung weiterer Demonstrant_innen geführt hätte, nicht zuletzt weil ein beträchtlicher Teil der eher an Party als an Politik Interessierten dermaßen alkoholisiert war, dass keine sinnvollen Aktionen mehr möglich schienen.

Die Party ging also weiter, so als ob nichts geschehen wäre. Statt Auflehnung gegen die Polizei gab es sexistische Pöbeleien gegen weibliche Polizistinnen in den vordersten Reihen. Das Servitenkloster, das derzeitige Zentrum der Refugee-Protestbewegung, wurde von der Partyfraktion tanzend ignoriert. Wieder nur ganz hinten in der Parade wurde letztlich doch den Refugees mit Parolen Solidarität bekundet und mit einem Redebeitrag die aktuelle Situation der massiv von Abschiebung bedrohten Aktivist_innen thematisiert.

Am Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände wurde vom ganzen Demozug wortlos vorbeigezogen oder vorbeigetanzt, und das obwohl immer noch zu befürchten war, dass zumindest einer der bei der Votivkirche festgenommenen Refugees in Schubhaft genommen werde.

Gegen 21 Uhr traf die Mayday-Parade am geplanten Endpunkt beim Augartenspitz ein. Für die für 18 Uhr geplante Begrüßung durch Aktivist_innen, die vergebens gegen den Bau des nun zynisch „Muth“ benannten Sängerknaben-Konzerthauses gekämpft hatten, aber gegen weitere Verbauungen aktiv bleiben wollen, war es schon zu spät.

Ein Teil der Parade zog noch weiter zum Straßenfest der räumungsbedrohten besetzten „PizzariA“ in der Mühlfeldgasse. Der Rest löste sich auf.

Fast ausschließlich die Rechtshilfe unterstützte unterdessen weiter die Festgenommenen. Um Mitternacht konnte gemeldet werden, dass alle wieder freigelassen worden seien. Die Verfahren wegen des Vorwurfs der Sachbeschädigung dürften aber weiterlaufen.

Unter anderem über Twitter wurde in der Folge verstärkt Kritik am Mayday-Konzept laut. Auf mayday-wien.org wird eine Nachbesprechung angekündigt. Außerdem werden Zeug_innen der Polizeiaktion aufgerufen, sich zu melden (PGP/GnuPG-Schlüssel für sichere Kommunikation sind im Aufruf enthalten).

Dass die Informationsflüsse an die Paradenteilnehmer_innen wieder nur teilweise funktionierten, lag unter anderem daran, dass nur von einem Wagen direkte Durchsagen gemacht werden konnten. Um Infos gleichzeitig über alle Wägen zu verbreiten, wäre ein Funksystem nötig gewesen, das es schlicht und einfach nicht gab. An der Vorbereitung der Parade hatten sich viel zu wenig Personen beteiligt, sodass die Verbesserungen gegenüber dem letzten Jahr eigentlich ohnehin schon beachtlich waren. Die meisten Teilnehmer_innen schienen die Parade einfach nur konsumieren zu wollen. Politische Aktivität schien nicht sonderlich zu interessieren. Welche das bereits im Vorfeld befürchteten und kritisierten, beteiligten sich verständlicherweise ohnehin nicht mehr an der Vorbereitung. Die Frage, ob unter diesen Bedingungen das Konzept weiter verfolgt werden soll, steht somit unübersehbar im Raum. Etwa in der Form eines Tweets: „wenn langsam-fröhlich-trunkene paraden mit festnahmen enden, hey, warum nicht gleich riots?“

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