In den letzten Wochen ist viel über die Ereignisse des Februars 1934 geschrieben und diskutiert worden. Die Oberösterreichische Gesellschaft für Kulturpolitik [http://www.gfk-ooe.at] hat sich in einer Veranstaltungsreihe auch mit der Literatur und den Filmen aus der Zeit um den Bürgerkrieg beschäftigt.
Am vergangenen Sonntag hat aus diesem Anlass Caspar Einem in ungewohnter Rolle aus Jura Soyfers «So starb eine Partei» vorgetragen. Im folgenden bringen wir einen Mitschnitt der Veranstaltung aus dem Theater Phönix in Linz. Die einleitenden Worte spricht der Schrifsteller Michael Amon.
Jura Soyfer, 1912 in der Ukrane geboren und mit seiner Familie nach Wien übersiedelt, zählt zu den bekanntesten politischen Autoren seiner Zeit. Soyfer schrieb Theaterstücke, Texte fürs Kabarett und Foilletons und Reportagen für die Arbeiter Zeitung. Die Arbeit am Roman «So starb eine Parteit» konnte er nicht mehr abschliessen. Bereits 1939 starb Soyfer im KZ Buchenwald.
Jura Soyfers Romanfragment «So starb eine Partei» gehört zweifellos zu den interessantesten literarischen Bemühungen, Politik und Zeitgeschichte der 30er Jahre festzuhalten. Die Handlung konzentriert sich im wesentlichen auf die Endphase der Republik 1933, bricht jedoch in der Chronologie wenige Wochen vor dem Februaraufstand 1934 ab. Der Titel «So starb eine Partei» bezieht sich auf die damals noch sozialistische Arbeiterpartei. Sämtliche Figuren des Romans, so individuell Soyfer sie auch gezeichnet hat, kreisen um den kranken Organismus einer Massenorganisation. Der Tod einer Partei, das ist aber letztlich auch der Tod der «Ersten Republik.»
Was aber Soyfer im Roman schildert, sind nicht so sehr die politischen Prozesse selbst, sondern die vielen und scheinbar harmlosen Ängste und Schwächen, die kleinen Sorgen, aber auch die verfehlten Hoffnungen und Träume, die diesen Prozessen zugrunde liegen. Soyfer zeigt, daß es zuweilen diese harmlosen Ängste sind, mit denen schließlich die Politik gemacht wird. Hierin liegt auch die bedrückende Aktualität des Fragments.
In «so starb eine Partei» stehen die Figuren gleichsam wie ratlose Schaulustige vor den politischen Ereignissen einer Zeit, in der für den Einzelnen die (Welt-)Geschichte nach unbekannten und dämonischen Gesetzen abläuft. Die Ereignisse bleiben undurchschaubar.
Undurchschaubar und so chinesisch wie die Texte aus der Arbeiterzeitung sind die Ereignisse auch für Franz Josef Zehetner im Vorspiel des Romans, aus dem Caspar Einem lesen wird.
Der Maschinenmeister und Beamte Zehetner steht exemplarisch für den zunehmend faschisierten kleinen Mann der 20er und 30er Jahre.
Zehetner steht stellvertretend für ein verstärtes und versunsichertes Kleinbürgertum das nichts mehr fürchtet als die Schmach der Proletarisiserung und anfällig ist die Heilsversprechen der Faschisten. Menschen vom Schlage Zehetner fragen auch nicht nach den Ursachen sondern nach den Schuldigen.
Weitere Informationen zu Jura Soyfers Leben und Arbeit mit einer ausführlichen Bibliographie findet sich auf der Website der Österreichischen Jura Soyfer Gesellschaft: [http://www.soyfer.at]