« Autofahrer unterwegs » – jahrzehntelang tönte das in Österreich täglich aus dem Radio. Der Autofahrer, das Maß aller Dinge der späten Moderne in unseren Industrigesellschaft, die Diktatur des Automobilats! « Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Autofahrer » war lange Zeit die politische Losung der Führer der Großparteien.
Dabei war doch der ARBÖ als Arbeiter-Radfahrer-Bund Österreichs gegründet worden – denn die Sozialdemokratie hatte nunmal in ihrer Klientel lange Zeit niemanden, der ein Auto besaß. Dank Wirtschaftswunder änderte sich das und der ARBÖ wurde zum « Auto-, Motor- und Radfahrerbund Österreichs ». Sprich: Aus Arbeitern wurden Autofahrer!
Rosi und ‘Ce haben Fahrräder. Rosi hat auch einen Führerschein (den sie schon ewig nicht mehr genutzt hat) und schildert, wie man versucht hatte, ihr in der Fahrschule mehr Aggressivität hinter dem Volant beizubringen. Denn eines ist klar: Der Autofahrer ist in seiner Wesenheit eingesperrt in einen tonnenschweren Kobel, bekommt wenig mit von der Welt um sich herum, möchte diese gerne ignorieren und wird grantig, wenn er feststellen muß, daß er wider Erwarten doch nicht alleine auf der Straße ist. Die Hölle, das sind die Anderen!
Und wenn schon die anderen Automobilisten schlimm genug sind, dann ist überhaupt völlig unakzeptabel, daß da auch noch Menschen ohne Auto den Verkehr behindern. Denn « der Verkehr », das ist der Autoverkehr! Wer zu Fuß geht, mit dem Fahrrad fährt oder in der Straßenbahn sitzt, ist nicht im Verkehr unterwegs, sondern höchstens verkehrt unterwegs. Und wer wird für das Verkehrschaos bestraft? Natürlich der Autofahrer, die Melkkuh der Nation! Freie Fahrt für freie Bürger! Wer zu Fuß geht, ist selber schuld!
Es ist eine Schimpfsendung geworden, zugegeben. Dafür erzählt ‘Ce noch ein paar Zeitzeugengeschichten aus den 90ern von alternativen Wiene Verkehrsinitiativen: Vom militanten Überqueren des Zebrastreifens, vom bösartig-rechtskonformen Benutzen einer Wohnstraße, von Stauflugbätter (« Sie stehen nicht im Stau, sie sind der Stau! »), von Polizisten, die es nicht lustig finden, wenn man ihnen die Straßenverkehrsordung erklärt, und natürlich von den Terroranschlägen der RaF – der Aktion « Radfahren am Freitag » – auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Autoverkehrs…