In den letzten Tagen haben Meldungen über abgebliche Insidergeschäfte im Dunstkreis der ÖVP aufhorchen lassen. Der Österreichische Integrationsfond, damals dem Innenministerium unterstellt, hat von 2005 bis 2011 im großen Stil Wohnungen veräußert. Zum Zug gekommen sind dabei vor allem ÖVP-Kreise die sich Wohnungen zu Schnäppchenpreisen sichern konnten. Dies behauptet zumindest die Grüne Nationalratsabgeordnete Gabriela Moser, und sie hat auch schon Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Moser stützt sich dabei vor allem auf einen kürzlich veröffentlichten Bericht des Rechnungshofes.
Andi Wahl hat sich die Sache auch angesehen, aber nicht aus rechtlicher sondern aus historischer und moralischer Sicht. Seine Empörung hat er in den folgenden Kommentar gegossen.
FROzine-Kommentar, 15.7.2015
Oft sind es kleine Meldungen aus der Presse die einen aufschrecken lassen. Randnotizen, Kurzmeldungen oder Nebenbemerkungen. Plötzlich hat man das Gefühl, in einem kleinen Detail, in einem Vorkommnis oder einer Bemerkung für einen kurzen Moment das Große-Ganze besser erkennen zu können. Die ganze Tragik, die ganze Groteske oder die ganze Schweinerei. Ja, sie haben recht gehört, die ganze Schweinerei. Denn um eine Schweinerei soll es hier gehen. Eine Schweinerei der ÖVP um genau zu sein. Schon wieder, wird sich manche denken und Just more of the same vielleicht ein anderer. Ja, aber ich kann und will Ihnen das hier nicht ersparen, zumal ich meine das sich in dieser verhältnismäßig kleinen Schweinerei – verglichen etwas mit dem was die EU-Spitzen derzeit mit Griechenland aufführen – dass sich in dieser verhältnismäßig kleinen Schweinerei also, nicht nur die Verfasstheit der ÖVP sondern auch die Verfasstheit des derzeitigen Österreichs zeigt. Der derzeitigen wohlgemerkt. Denn es gab auch schon bessere Zeiten.
Zum Zeitpunkt der Wiedererrichtung Österreichs als eigenständige Republik, 1945, befanden sich etwa 1.632.000 Flüchtlinge, Heimatvertriebene, Umsiedler, Verschleppte, Fremdarbeiter, Ostarbeiter, Kriegsgefangene und Reichsdeutsche innerhalb des Bundesgebiets. Diesen zusammengefasst als Displaced Persons bezeichneten Menschen standen etwas 6 Millionen Einheimische gegenüber. Kurz, auf 10 Einheimische kamen etwa 3 DPs. Diese Zahl konnte durch Weiterzug und Rücktransport relativ rasch um etwa 2/3 vermindert werden. Dennoch blieb etwa eine halbe Million dauerhaft in Österreich. Eine Zahl für die in Österreich, mit vielen zerbombten Städten nicht genügend Wohnraum zur Verfügung stand. Daher entstanden eine ganze Reihe an Barackensiedlungen. Durch viele Hilfsaktionen aus dem Ausland gelang es aber tausende Wohnungen für die in Österreich verbliebenen Flüchtlinge zu schaffen. Dennoch mussten viele Flüchtlinge längere Zeit in diesen Barackensiedlungen bleiben.
1960 – also 15 Jahre nach Kriegsende – rief die UNO aber ein Weltflüchtlingsjahr aus und man erinnerte sich dieser Menschen in Österreich. Die UNO stellte daher 21 Millionen Schilling zur Verfügung um würdigeren Wohnraum zu schaffen. So konnten 370 Wohnungen für diese Alt-Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden. 22 weitere Wohngen schuf die schwedische Organisation „Rädda Barnen“ (schwedisch f. Rettet das Kind).
Es wurde vereinbart, dass die Reinerträge aus der Vermietung dieser Wohnungen in einen eigens gegründeten Fonds zur Unterstützung von in Not geratenen Flüchtlingen fließen sollten. So kam Österreich zu seinem Integrationsfonds. Die Einrichtung dieses Fonds, 1960, ist auch als Anerkennung Österreichs als wichtiges Asylland zu werten. Mit ihm sollte Österreich auch für künftiges Einströmen von Schutzsuchenden gewappnet sein.
Diese Wohnungen, damals durch internationale Hilfsgelder geschaffen, wurden nun im Zeitraum zwischen 2005 und 2011 vom Österreichischen Integrationsfonds verkauft. Überaus günstig verkauf. Durchschnittlich für 15.000 Euro pro Wohnung. Der Rechnungshof hat sich das genauer angesehen und Anfang Juni seinen Prüfbericht veröffentlicht. Die Grüne Nationalratsabgeordnete Gabriela Moser hat diesen Bericht genau unter die Lupe genommen und ist zum Schluss gekommen, dass hier (Zitat) die „Verschleuderung an ein Netzwerk aus Insidern, die der ÖVP nahestehen” stattgefunden habe. Moser nimmt das aus gutem Grund an. Denn die Indizienkette in dieser Causa ist gelinde gesagt dicht und beinhaltet alles was man sich unter Freunderlwirtschaft vorstellt. Den ehemaliger Kabinettschef von Ernst Strasser der einen großzügig dotierten Beratungsvertrag mit einem der Käufer hatte, Führungspersonal des Integrationsfonds das sich selbst bedienen bis hin zu der Tatsache, dass Wohnungen in Millionenwerten ganz ohne Ausschreibung, Makler oder Inserate verkauft wurden – ja nicht einmal ein Jagdfoto mit Alfons Mensdorff-Pouilly (dem Jagdherrn) fehlt in dieser Indizienkette.
Man muss sich das in der geballten Wucht vor Augen führen. Da wird mit internationalen Hilfsgeldern Wohnraum für Flüchtlinge geschaffen und Jahrzehnte später (in einer Zeit in der es angeblich zu wenig Unterkünfte für Flüchtlinge gibt) werden diese Wohnungen zu Schäppchenpreisen quasi unter der Hand verkauft. Nutznießer der ganzen Aktion sind – so die Abgeordnete Moser – Parteigänger der ÖVP und ihre Freunde.
Das nenn’ ich Umverteilung von Unten nach Oben. Flüchtlinge werden in Zelte gesteckt während Wohnungen die für sie gedacht waren billig an ÖVP-Kreise verscherbelt werden. Moser hat Anzeige erstattet. Gut so. Sonst hätte ich es getan.
Mit bleibt nur noch auf eine Textzeile bei Christoph und Lolo zu verweisen:
Wer macht Geschäfte im Séparée – die ÖVP, die ÖVP die ÖVP.