Sozial? Wo denn…

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FROzine
  • 2016.04.22_1800.10-1850.10__Frozine
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Wenn die Ärmsten der Armen ausgegrenzt werden – wie etwa in Linz durch das sogenannte «Sektorale Bettelverbot» – oder aber auch durch die Ausbeutung von Arbeiter*innen außerhalb Europas und des sog. «Westens» durch multinationale Konzerne, und last but not least: Wenn Gefangenen keine gewerkschaftlichen Zusammenschlüsse zugestanden werden, fragt man sich einmal mehr: Wo bleibt das soziale Verständnis, wenn es um ein menschenwürdiges Miteinander geht?

Und täglich grüßt das Murmeltier…

Am Donnerstag, den 21.4.2016 war wieder mal soweit: Einmal mehr scheint es der Stadt Linz ein großes Anliegen zu sein, mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ das Image einer asozialen Stadt forcieren zu wollen, und zwar anhand eines nun beschlossenen «sektoralen Bettelverbots», welches ab 2. Mai zu ausgewählten Zeiten in vielen Straßen und Gassen der Linzer Innenstadt umgesetzt werden soll. Die Stadt Linz hofft damit, sogenanntes «aggressives Betteln» und angeblich damit im Zusammenhang stehende Prostitution in den Griff zu bekommen.

Grüne, KPÖ und NEOS waren gegen diesen Beschluss. Auch Thomas Diesenreiter, der Vorsitzender des Linzer Stadtkulturbeirats,  zeigt sich empört und ist nun genau aus diesem Grund zurückgetreten. Er schreibt in einer Aussendung: «Ich kann es nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren, mich für eine Stadt zu engagieren, die zwar davon spricht, sich kulturell und gesellschaftlich zu öffnen, aber gleichzeitig gezielt einzelne Menschengruppen ausschließt und verfolgt.» Statt soziale Antworten auf ein soziales Problem zu suchen, werde nun mit Sicherheitskräften und Verboten eine Law&Order Politik verfolgt, die Probleme nicht löst, sondern ganz im Gegenteil nur verlagert, ist er überzeugt und bezeichnet den momentanen Kurs der Stadt als «empathielose Politik, die sich weigert, sich auch nur für einen Moment in die Position jener Menschen zu versetzen, die am Rande der Stadt im Freien schlafen und ihre Kinder in Brunnen und der Donau waschen müssen.»

Wir haben uns via Telefon mit ihm unterhalten. Interview zum Nachhören

Justiz will Gefangenengewerkschaft in Ö verhindern

Im November vorigen Jahres gründeten Inhaftierte der Justizanstalt Graz-Karlau eine Gefangenengewerkschaft nach deutschem Vorbild. Das österreichische Justizministerium schob dem Unternehmen Gefangenengewerkschaft schnell einen Riegel vor und argumentierte mit dem Strafvollzugsgesetz, nach dem eine Gefangenegewerkschaft nicht vorgesehen sei. Die VON UNTEN-Redaktion von Radio Helsinki in Graz hat darüber berichtet: http://cba.media/306855

Anfang März wurde bekannt, dass Georg Huß, einer der Gefangenengewerkschafter in der Karlau, frühzeitig aus der Haft entlassen wurde. Offenbar mit dem Ziel eine weitere Organisierung der Häftlinge zu verhinden. Unsere Grazer Kolleg*innen haben mit dem nun Ex-Häftling Georg Huß gesprochen und auch mit Oliver Riepan, ebenfalls Gefangenengewerkschafter in der Karlau, der dort nach wievor seit 10 Jahren im Maßnahmenvollzug sitzt. https://cba.media/312182

Wo bleibt die soziale Verantwortung?

Das kann man sich im Bezug auf die Linzer Stadtpolitik, die österreichische Justiz, aber auch anhand widrigster Arbeitsbedingungen von Arbeiter*innen, etwa in Pakistan, Bangladesch, Kolumbien oder Uganda fragen. Egal ob aufgrund mangelnder Sicherheitsvorkehrungen, Bedrohungen von Gewerkschaftsaktivist*innen oder der sukzessiven Vertreibung von Einwohner*innen, immer wieder stellt sich die Frage nach der Verantwortung von Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen.

Auf internationaler Ebene hat der UN-Menschenrechtsrat im Juni 2014 für die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Entwicklung eines verbindlichen internationalen Instruments zu Wirtschaft und Menschenrechten gestimmt. Die Resolution, die als «Ecuador-Initiative» weltweit Unterstützung gefunden hat, wurde aber von Österreich abgelehnt. Aus Sicht des Außenministeriums müsse darauf geachtet werden, dass es zu keiner Einschränkung des Prinzips der Freiwilligkeit kommt, das 2011 in den freiwilligen Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Unternehmen und Menschenrechte beschrieben wurde.

Das EU-Parlament hat in seiner Plenumssitzung am 15. April 2014 dem Vorschlag der Richtlinie zur Offenlegung nicht-finanzieller Informationen, den sogenannten CSR-Berichtspflichten, zugestimmt. Damit sind Unternehmen, die mehr als 500 Mitarbeiter*innen beschäftigen und von öffentlichem Interesse (Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften) sind, verpflichtet, über ihre Umwelt, Sozial- und Arbeitnehmer*innenbelangen, als auch über ihre Achtung der Menschrechte zu berichten.

Doch auch diesbezüglich regnet es nicht nur Lob von einzelnen NGO’s. Wieso dem so ist und wie die aktuelle Lage bezüglich der Achtung von Menschenrechten in wirtschaftlichen Belangen aussieht, erklärt Marieta Kaufmann, Geschäftsführerin vom Netzwerk Soziale Verantwortung, am Mittwoch, den 27.4.2016 innerhalb eines Vortrags im Wissensturm in Linz.

Vorab hat sie sich Zeit für ein Telefoninterview genommen. Interivew zum Nachhören

Durch die Sendung führt Sarah Praschak.

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