Dr. Josef Ratzenböck (OÖ Landeshauptmann 1977-1995) über seine Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg in Vordergründig-Hintergründig

Podcast
„Vordergründig – Hintergründig“ – die Porträtreihe abseits des Mainstreams
  • 2018-03-19 80 Jahre Anschluss-Gedenken mit Dr. Josef Ratzenböck in Vordergründig-Hintergründig
    54:24
audio
1 Std. 55 Sek.
Redkin präsentiert Album "Another Year"
audio
24:07 Min.
Zeitzeugenprojekt (Teil 4): Der Wiederaufbau
audio
21:59 Min.
Zeitzeugenprojekt (Teil 3): Das Kriegsende
audio
21:07 Min.
Zeitzeugenprojekt (Teil 2): Der zweite Weltkrieg
audio
21:45 Min.
Zeitzeugenprojekt (Teil 1): Zwischen den Kriegen
audio
1 Std. 36 Sek.
Gegen das Vergessen: Hinschauen-Hinhören-Handeln
audio
1 Std. 05 Sek.
90 Jahre: Bürgerkrieg in Österreich
audio
1 Std. 26 Sek.
Wehret den Anfängen - Die Jahre 1938-1955
audio
59:55 Min.
Franz Klammer ist 70
audio
1 Std. 06 Sek.
Zwischen den Kriegen: Die krisenbehafteten 1920er-30er Jahre

„Wir sind wie arme Verwandte behandelt worden.“ Josef Ratzenböck war acht Jahre alt, als deutsche Truppen am 12. März durch seinen Heimatort Neukirchen/Walde kamen.

Den Einmarsch deutscher Truppen am 12. März 1938 erlebte der spätere Landeshauptmann Josef Ratzenböck in seiner Heimatgemeinde Neukirchen/Walde. „Wir sind am Rand der Straße gestanden und haben zugeschaut. Die Panzer haben die Schotterstraßen ruiniert. Im März 1938 war ich acht Jahre alt. Ich kann mich erinnern, dass meine Mutter gesagt hat, dass es Krieg geben werde, gut, dass der Pepi noch so klein ist.“1944 musste Ratzenböck dennoch einrücken. Er ist zum Volkssturm der Deutschen Wehrmacht gekommen, wo er auch das Kriegsende erlebte. Doch zurück zum Einmarsch der deutschen Truppen. „Wir Buben begleiteten die Soldaten“, erzählt Ratzenböck, „trugen ihre Gewehre und bekamen dafür einige Pfennige. Eine fremde Währung zu besitzen war für uns sensationell. Nach dem Anschluss musste dann die gesamte Bevölkerung ihre Schillinge in Mark umtauschen. Für einen Schilling gab es allerdings nur 67 Pfennige.“

Die deutschen Truppen stellten ihre Panzer auf dem Grund der Familie Ratzenböck hinter dem Marktplatz ab. In Feldküchen kochten die Soldaten Eintopf für die Bevölkerung. „Es hat jeder gesagt, ganz gut, aber geschmeckt hat es uns nicht. Wir sind wie arme Verwandte behandelt worden.“ Die Familie Ratzenböck ist christlich-sozial eingestellt. Der Anschluss an NS-Deutschland wird daher strikt abgelehnt.

In kleiner Runde hörte Josef Ratzenböck die Abschiedsrede von Österreichs letztem Bundeskanzler vor dem Anschluss, Kurt Schuschnigg. „Ich habe die letzte Rede des Doktor Schuschnigg bei unserem Nachbarn, Baumeister Fischer, gehört.“ Damals gab es in Neukirchen am Walde lediglich zwei oder drei Radios, erinnert sich Ratzenböck. Schuschniggs Abschiedsrede hat sich tief in Ratzenböcks Gedächtnis eingegraben: „Der Bundeskanzler hat gesagt, wir weichen der Gewalt, Gott schütze Österreich. Das habe ich mir deshalb sehr gemerkt, weil alle, die zuhörten, geweint haben. Ich habe meinen Vater weder vorher noch nachher weinen gesehen.“

Quelle: https://www.nachrichten.at/meine-welt/geschichte/1938/serie/Der-Abend-vor-dem-Anschluss;art206323,2837400

Schreibe einen Kommentar