Heute kommt die 25. Folge vom Piefke in Triest und seinem weiten Umland. Auch diesmal beschäftigen wir uns noch mit dem Triester Filmfestival, auf dem wir die Möglichkeit hatten, zwei bedeutende Filmemacher vor unser Mikrofon zu bekommen.
Zuerst sprechen wir mit dem serbischen Regisseur Zelimir Zilnik, der seit Ende der 60er Jahre Filme dreht und 1969 auf dem Berliner Festival für sein Erstwerk mit dem Titel Frühe Arbeiten den Goldenen Bären gewann. Seitdem hat er fast 50 Filme fertiggestellt, darunter vor allem Dokumentarfilme.
Sein neuster Film, über der auf dem Festival gezeigt wurde und über den wir mit ihm sprechen werden, heißt Das schönste Land der Welt. Es handelt sich nicht um einen klassischen Dokumentarfilm, denn Zilnik hat die Handlung nach seinem Drehbuch verfasst, das aber auf wahren Begebenheiten aufbaut. . Er arbeitet dabei ausschließlich mit Laiendarstellern, die er in Wien unter den Flüchtlingen selektioniert hat. Dabei verfolgt er vor allem zwei Handlungsstränge, einmal geht es dabei um die Integration von jungen Männern aus Afghanistan und aus Syrien. Ihr großes Bemühen sich in die neue Umgebung einzuleben, in Sprachkursen die deutsche Sprache zu erlernen und eine berufliche Ausbildung zu machen, wird sehr einfühlsam geschildert. Was den Film besonders interessant macht, ist das er auch neue Erklärungszusammenhänge für die Motive zur Flucht aufzeigt. Ich dachte bislang immer, dass die Flüchtlinge vor allem wegen Krieg und Armut ihre Heimat verlassen. Sicherlich sind dies weiter die Hauptmomente, aber es geht auch um fehlende Freiheit und Generationskonflikte. Vor allem auf dem Land herrschen in vielen „Flüchtlingsländern“ immer noch starre patriarchalische Strukturen. Die Jugend hat nichts zu sagen, null Freiheit und ist den Regeln und Bestimmungen der Älteren vollkommen unterworfen. Dies wird anschaulich illustriert, als der schon recht betagte Onkel von einem der Hauptdarsteller nach einer langen Odysee in Wien ankommt und seinem Neffen den Tod des Vaters mitteilt. Er sei nun freilich das Oberhaupt der Familie geworden und habe die Aufgabe, den Neffen mit einer moslemischen Frau zu verheiraten. Dem Neffen gelingt, mit Hilfe afghanischer Freunde, die schon lange in Wien leben und sich integriert haben, eine Scheinehe zu organisieren. Der Onkel wohnt der Eheschließung bei und kehrt danach zufrieden nach Afghanistan zurück, d.h. er wird abgeschoben.
Ein zweiter nicht so dominanter Handlungsstrang verfolgt, das Leben einer syrischen Frau Ende im Alter von ca. 50 Jahren, die in Wien zum ersten Mal zumindest eine Idee von persönlichen Freiheiten bekommt.
Unser zweiter Regisseur ist der Ukrainer Sergey Loznitsa, und auch er hat schon eine Reihe von Filmen gedreht. Im letzten Jahr sah ich auf dem Triester Festival den Film „Ein zartes Wesen“, der mir eigentlich nicht wirklich gefallen hat. Es dauerte eine Zeit – dies gilt auch für seinen neuen Film Donbass, der heuer auf dem Festival gezeigt wurde, bis ich dahinterkam, dass seine Filme, obwohl sie einen einen starken dokumentarischen Charakter oder vielleicht besser Anspruch haben, fiktiv sind und die Drehbücher von Loznitsa verfasst werden, Und damit habe ich dann auch mein Problem, denn seine Filme sind in letzter Instanz ein massiver Angriff gegen Russland bzw. das herrschende System in Russland. In seinem Film „Ein zartes Wesen“ wird Russland mit einem großen Gefängnis verglichen, wo die Machthaber – in diesem Fall der Gefängnisdirektor, der Bürgermeister der Stadt, wo das Gefängnis liegt sowie der Polizeipräsident und die Generäle der Stadtdivision nach Lust und Laune mit den Gefangenen umgehen, sie misshandeln, bestrafen, ja auch töten können. In seinem neuen Film Donbass haben wir eine vergleichliche Schwarz-Weiß Malerei: Die Guten oder zumindest Neutralen sind die Ukrainer, die Bösen sind die Rebellen im Dombass. Ich denke, das jetzt folgende Gespräch, das ich mit Loznitza nach der Projektion seines neuen Films Donbass in Triest führen konnte, deutet zumindest die unterschiedlichen Sichtweisen an, die wir über den Krieg im Donbass haben. Ich begann das Interview mit der Frage nach den Kriegsursachen, worin sieht Loznitsa die Gründe für diesen nun schon seit 2014 andauernden Krieg zwischen der Ukraine und den russischen Rebellen, für einen Krieg, also der vor den Toren Europas abläuft und eventuell den ganzen Kontinent in einen Abgrund stürzen kann.