Interview mit dem Greenpeace Glyphosat-Experten Sebastian Theissing-Matei zur Presseaussendung vom 14.Juni 2019:
«Vollständiges nationales Verbot des Unkrautvernichters ist richtiger und wichtiger Schritt — auch EU-Kommission bestätigte Möglichkeit für nationale Verbote
Wien (OTS) — Die Umweltschutzorganisation Greenpeace bekräftigt heute ihre Forderung nach einem umgehenden vollständigen Glyphosat-Verbot in Österreich. Ein solches sei auch umsetzbar. Die Europäische Kommission hat selbst mehrfach betont, dass nationale Verbote trotz einer EU-weiten Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat möglich sind [1]. Zudem belegen neue Studien die Risiken von Glyphosat für Gesundheit und Artenvielfalt. Im Zuge der Gerichtsverfahren gegen Monsanto in den USA wurde außerdem bekannt, dass das Unternehmen teilweise Einfluss auf Studien genommen hatte, die bei Zulassungen des Pflanzengifts herangezogen wurden. Aus Sicht von Greenpeace sei schon die Neuzulassung von Glyphosat 2017 nicht korrekt gewesen. Die Umweltschutzorganisation fordert alle Parlamentsparteien dazu auf, bei der nächsten Nationalratssitzung für ein österreichweites Verbot von Glyphosat zu stimmen.
„Ein Verbot von Glyphosat in Österreich ist möglich und längst überfällig. Auch die Europäische Kommission hat in der Vergangenheit mehrfach versichert, dass nationale Verbote von Glyphosat möglich sind“, erklärt Sebastian Theissing-Matei, Glyphosat-Experte bei Greenpeace in Österreich. Überhaupt sei die EU-weite Neuzulassung von Glyphosat auf Basis von geheimen Industriestudien von Monsanto nicht korrekt gewesen, so Greenpeace. Auch aus wissenschaftlicher Sicht wurde eine Einstufung von Glyphosat als “unbedenklich” scharf kritisiert. Diese sei «wissenschaftlich inakzeptabel», “mit schwerwiegenden Mängeln behaftet” und “irreführend”, wie 96 WissenschaftlerInnen aus 25 Ländern in einem offenen Brief festgehalten haben [2]. Auch stellte sich im Laufe der Zulassung von Glyphosat heraus, dass die Behörden Abschnitte im Gesetzestext zum Pflanzengift direkt vom Antragsteller Monsanto kopiert haben. “All dieser wissenschaftlichen Einwände zum Trotz wurde Glyphosat noch einmal EU-weit für fünf Jahre zugelassen. Es darf nicht sein, dass die dubiosen Praktiken von Chemiekonzernen mehr Einfluss auf die Zulassung von Glyphosat haben, als wissenschaftliche Erkenntnisse und die Stimmen von unzähligen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern”, so Theissing-Matei.
Seit der Neuzulassung von Glyphosat wurden auch neue wissenschaftliche Belege zu den gesundheitlichen Risiken des Pflanzengifts erbracht. Eine Studie des Ramazzini Institutes in Bologna zeigte etwa, dass Glyphosat den menschlichen Hormonhaushalt negativ beeinflussen kann [3]. WissenschaftlerInnen der Washington State University fanden heraus, dass der Kontakt mit Glyphosat bei Enkeln und Urenkeln von Mäusen häufig zu Prostata-, Eierstock- und Nierenerkrankungen führt [4]. Andererseits bringen die Gerichtsprozesse gegen Monsanto in den USA neue Erkenntnisse zutage. Dort stellten Gerichte bereits mehrmals fest, dass Glyphosat ein „erheblicher Faktor“ für die Krebserkrankung von KlägerInnen war. „Das Europarecht erlaubt nationale Verbote zum Schutz der öffentlichen Gesundheit. Ein Verbot von Glyphosat ist längst überfällig. Wir fordern alle österreichischen Parlamentsparteien auf, beim kommenden Nationalratsplenum für ein Verbot des wahrscheinlich krebserregenden Pflanzengifts zu stimmen“, fordert Theissing-Matei.»
Hintergrundinformationen & Emailpetition:
https://glyphosat.greenpeace.at/danke-totalverbot-glyphosat/?webtool_petition
[1] EU-Kommission bestätigt, dass nationale Glyphosatverbote möglich sind, z.B.: 1) https://bit.ly/1SxmNfs und 2) https://bit.ly/2MJOlqG
[2] Open letter: Review of the Carcinogenicity of Glyphosate by EFSA and BfR: https://bit.ly/2Zpv3s2
[3] Ramazzini Institute: https://bit.ly/2KOVhAd
[4] Washington State University: https://go.nature.com/2WHJDJG
https://www.mdr.de/investigativ/fakt-glyphosat-124.html?fbclid=IwAR2-efFoXxLuMn2HxIuBEJPP912rkY6temje7sDtmNhr0aB0xZKbbZQpb4w
Zu hören: Sebastian Theissing-Matei Glyphosat-Experte im Interview mit Jutta Matysek