Gebauter Beitrag mit O-Tönen, Reden, Interviews mit Demo-Initiator_innen und Gegendemonstrant_innen sowie einem Statement des ungarischen Botschafters zu Tilos Rádió.
Gegen das neue ungarische Mediengesetz sowie für Presse- und Meinungsfreiheit in Ungarn wurde am Freitag, 14. Jänner ab 18 Uhr gleichzeitig in Budapest, Pécs, Wien und angeblich auch in Berlin demonstriert. Während in Budapest nach unterschiedlichen Quellen 10.000 bis 15.000 und in Pécs 200 auf die Straße gingen, waren es in Wien an die 250, die sich vor der ungarischen Botschaft sammelten.
Die Kundgebungen verliefen ruhig. Sowohl in Budapest als auch in Wien hielt sich die Polizei im Hintergrund. Aus Pécs und Berlin liegen uns noch keine Berichte vor.
Gefordert wurde vor allem die Rücknahme des neuen Mediengesetzes mit den hohen Strafendrohungen, die nach Ansicht der Kritiker_innen willkürlich von der mit Fidesz-Günstlingen zusammengesetzten Medienbehörde verhängt werden können, sowie die Wiederherstellung des in Fragen „nationaler Sicherheit“ vom neuen Mediengesetz ausgehebelten Redaktionsgeheimisses und schließlich die Wiederherstellung redaktioneller Unabhängigkeit. Die meisten Rundfunk- und Fernsehanstalten sind bekanntlich mittlerweile gezwungen, zentral von der Nachrichtenagentur MTI redigierte Nachrichten auszustrahlen – was aus offizieller Sicht freilich keinerlei Gleichschaltung bedeutet, sondern bloß ein Service, um Redundanzen zu vermeiden.
Die vor allem von den europäischen freien Radios bereits im Vorfeld bekundete Solidarität mit dem größten freien Radio in Budapest, Tilos Rádió, scheint schon gefruchtet zu haben. Gegen Tilos Rádió war bekanntlich vor wenigen Wochen ein Verfahren noch nach dem alten Mediengesetz aber schon von der neuen Behörde eingeleitet worden, weil es im September angeblich jugendgefährdende Musik gespielt haben soll. Dieses Verfahren sei inzwischen eingestellt, versicherte der ungarische Botschafter.
Tilos Rádió sei von einer Einstellung des Verfahrens allerdings noch nicht offiziell informiert worden, erklärte Gabor Csabai von Tilos Rádió am Samstag gegenüber Radio Orange 94,0, wisse aber, dass die Medienbehörde bei der Prüfung des Verfahrens bereits zur Erkenntnis gelangt sei, dass keine Gesetzesverletzung vorliege.
In Wien konnte wider Erwarten direkt vor der ungarischen Botschaft demonstriert werden, die nur vor dem Eingangstor durch ein Tretgitter gesichert wurde. Der Botschafter spazierte leutselig zwischen den Demonstrant_innen umher und versuchte Kritiker_innen im persönlichen Gespräch die offizielle Position Ungarns darzulegen, dass alles ganz anders sei wie behauptet, es keinerlei Verurteilung nach dem neuen Gesetz gebe (was so schnell auch gar noch nicht möglich ist), und wir alle vermutlich das Gesetz noch gar nicht gelesen haben (falls dem so ist: eine englische Übersetzung liegt diesem Beitrag bei – siehe unten). Zumindest zwei Frauen wollten sich nicht beschwichtigen lassen und verwickelten den Botschafter in einen lauten Streit.
Auch eine Handvoll Gegendemonstrant_innen war gekommen. Ihr Transparent verriet: „Ungarn in Österreich meinen: Das Mediengesetz ist nur ein Vorwand. Banken und Globalisten sollen Ungarn in Ruhe lassen.“ Auf Nachfrage erläuterte einer von ihnen, dass es von den Sozialisten gleichgeschaltete Journalisten seien, die Stimmung gegen die Fidesz-Regierung machen, um sich für die Wahlergebnisse zu rächen. In Österreich seien die Journalisten von Paul Lendvai manipuliert. Abschließend meinte er aber dann doch noch, dass er das Gesetz schon für gefährlich halte, wenn es mal in die falschen Hände geraten sollte.