Zum «Grazer Kulturjahr 2020» hat die Camera Austria gemeinsam mit PartnerInnen das Projekt Die Stadt und das gute Leben entwickelt (Text dazu untenstehend). Aktuell finden dazu verschiedenste Veranstaltungen statt, mein heutiger Gesprächspartner ist dazu Reinhard Braun, künstlerischer Leiter der Camera Austria.
Die Stadt und das Gute Leben
Was wurde aus der Idee des guten Lebens (nicht nur in der Stadt) im fortschreitenden 21. Jahrhundert, hat doch die Erlangung eines »Guten Lebens für alle« – »Buen Vivir« oder »Vivir Bien« – in Ecuador (2008) und Bolivien (2009) Verfassungsrang erhalten und wird seitdem international als Alternative für die Devastierungen des sozialen Lebens und der natürlichen Ressourcen des grassierenden Neoliberalismus debattiert.
Was wurde also aus der Idee des guten Lebens? Muss sie verteidigt, rekonstruiert oder erneuert werden? Für wen gilt sie, für wen sollte sie gelten? Von wem, von welchen Interessen wird sie bedroht? In welchem Verhältnis steht diese Idee zur gegenwärtigen Stadt? Welche Aspekte unserer Gegenwart müssen zur Beantwortung dieser Fragen untersucht werden in einer Zeit, in der die Stadt, oder besser der Komplex des Urbanen, zu einem zentralen Phänomen vieler Gesellschaften geworden ist, leben doch immer mehr Menschen weltweit in immer größeren Städten oder Metropolen?
»Die Stadt & Das gute Leben« möchte einen breiten Rahmen der Debatte über Beiträge zum guten Leben in der Stadt anregen und konzentriert sich dabei vor allem auf den Grazer Stadtteil Eggenberg. Dieser Stadtteil scheint seit einigen Jahren eine immer wichtigere Rolle in der Grazer Stadtentwicklung zu spielen, zahlreiche Wohnbauprojekte – die Eggenberge, die »Smart City«, Teile der Reininghausgründe und viele weitere Bauvorhaben – verändern den Bezirk und bringen neue Bewohner*innen nach Eggenberg. Aus diesem Grund richtet das Projekt seinen Blick nicht auf die unmittelbare Umgebung von Camera Austria in der Innenstadt, sondern auf diesen im Umbruch befindlichen Stadtteil, der das Gesamtgefüge der Stadt zu verändern scheint. Dabei bildeten ursprünglich folgende Fragen die Ausgangspunkte für das gesamte Projekt: Welche Rolle spielen Städte angesichts zahlreicher gesellschaftlicher, sozialer und kultureller Konflikte und Krisen? Wie übersetzen wir diese Fragen gemeinsam im Hinblick auf konkrete lokale Situationen in Graz? Wie groß denken wir die gemeinsame Stadt? Welche Ansprüche an ein gutes Leben in der Stadt lassen sich kollektiv formulieren?