Wenn die Liebe ruht – Gespräch und Überlegungen zu dem Roman von Drago Jancar

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Drago Jancar ist 1948 in Maribor geboren, erhielt 1993 mit dem Preseren-Preis die höchste Slowenische Literaturauszeichnung, es folgten mehrere weitere Prämierungen, wie zB auch der Europäische Preis für Literatur 2011. Jancar beschäftigt sich in seinen Werken mit der Aufarbeitung der Kriegs-, Zwischen- und Nachkriegszeit, wobei er seinen Fokus auf das individuelle Fühlen seiner Romanfiguren legt. Er beschreibt Begebenheiten und Situationen akribisch genau, aus unterschiedlichen Blickwinkeln und mit wechselndem zeitlichen Horizont, so dass historische Abläufe sich plastisch vor dem inneren Auge der Leserschaft abbilden.

Im Literaturkreis Lebring bin ich im Vorjahr erstmals auf das Buch: Wenn die Liebe ruht gestoßen. Angesprochen hat es mich wahrscheinlich deshalb, weil es veranschaulicht, wie beiläufig man in die Räder der Geschichte gerät und ein Spielball der Politik wird. Die Macht des Stärkeren muss nicht immer physische Gewalt sein, obwohl gerade die, in all ihrer Grausamkeit, ausführlich beschrieben wird. Ihre Berechenbarkeit genauso wie ihre Willkür. Sich in den Dienst einer Sache zu stellen, muss nicht immer durch einen formalen, willentlichen Akt begründet sein. Es kann, wie im Falle der Sonja, der weiblichen Hauptfigur im Roman, aus Leichtfertigkeit, aus Unwissenheit, aus einer falschen Einschätzung der Gefahr geschehen, oder wir bedenken schlicht nicht, welche weitläufigen Zusammenhänge kleine Taten, kurze Konversationen, vorgebrachte Bitten oder verschwiegene Bekenntnisse haben können. Der Roman beginnt quasi am Umschlagbild, auf dem wir zwei junge Frauen sehen, die sich in Maribor treffen. Wir lesen sozusagen ein Buch, das das Leben schrieb. Eine Geschichte, die mit einem Foto begann, als das Leben noch leicht und unbeschwert erschien.

Da mich die psycho-sozialen Hintergründe des Romans von Jancar interessierten, immerhin bin ich ja selbst ein Kind der Grenze und der Grenzgänge, lag es für mich nahe, Heinz Payer zu befragen, mit dem wir schon einmal eine Sendung zu Ivo Andric und dem Buffet Titanic gestaltet haben. Auch damals ging es um Aggression nach außen und gegen sich selbst, darum, dass wir dem Lauf der Geschichte doch nicht entkommen können, egal wie wir uns  verhalten. Und besonders oder auch etwas nicht zu tun, ist eine Handlung, die wie in unserem Fall bei Jancar hier einer Liebesgeschichte einen Verlauf geben können, dass der Titel im Deutschen sehr gut getroffen ist: Wenn die Liebe ruht.

Denn sie ruht nicht nur der Gräuel des Krieges wegen, sie ruht auch deshalb, weil zwischen den beiden Hauptfiguren so vieles ungesagt bleibt. Als Sonja und Tine ihre junge Liebesgeschichte beginnen, geben sie sich dem lyrischen Element der Liebe hin und schwelgen in der Schönheit und der Ästhetik der Landschaft, der Poesie und der Gefühle, die der Krieg jäh beendet. Beide sind auf ihre Art politisch, bedachtsam und unbedachtsam, verstricken sich in die Machgefälle des Systems und sind schon bald nicht mehr in der Lage zu kommunizieren. Diese Sprachlosigkeit, die den Menschen überfällt, wenn er sich hilflos fühlt, kenne wir vielleicht von uns selbst.

Heinz Payer ist Psychotherapeut, fast der gleiche Jahrgang wie Jancar selbst. Dem ausgezogenen Kärntner ist eine Konnotation zu Peseren und dem Windischen implizit. Heinz hat Pädagogik studiert und auf diesem Feld mannigfache Erfahrung. Als Pflegeelternbetreuer, Bewährungshelfer und systemischer Familientherapeut bringt uns Heinz Blickwinkel nahe, die zum Weiterdenken, Wiederlesen und Neu-Lesen anregen.

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