Das von der ehemaligen Bundesregierung unter Kurz/Strache beschlossene Sozialhilfe-Grundsatzgesetz wurde in weiten Teilen kritisch wahrgenommen und als mutmaßlich verfassungs- und unionsrechtswidrig eingestuft. Schwarz/Blau in OÖ hat es als eines von zwei Bundesländer ehest möglich umgesetzt. Die umstrittene Sozialhilfe (Oö. Sozialhilfe-Ausführungsgesetz, Oö. SOHAG) ersetzt seit 1.1.2020 die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich.
Einer der Knackpunkte: bevor man die Sozialhilfe bekommt, müssen eigene Mittel eingesetzt, beziehungsweise etwaige Ersparnisse aufgebraucht werden bis nur noch 5.696,76 Euro (Wert für 2021) übrig sind. Es stellt sich seither die Frage, wieviel gewinnt ein Staat tatsächlich, wenn er bei den Ärmsten spart- und was verliert er eigentlich dabei?
Eine Gruppe, die es betriff, sind Menschen mit Beeinträchtigung. Sie wehren sich gegen die Kürzungen. Sigrid Ecker spricht im Interview mit Alfred Prantl, Obmann der Vereinigung der Interessenvertretungen der Menschen mit Beeinträchtigungen OÖ (IVMB). Sie vertritt seit 2011 die Anliegen, Forderungen und Rechte beeinträchtigter Menschen in Oberösterreich. Sie bietet eine Ansprechbasis für Betroffene und deren Angehörige, sowie für Vereine, berät die Politik in allen Fragen der Behindertenarbeit, fördert den weiteren Aufbau von Interessenvertretungen der Menschen mit Beeinträchtigungen und fungiert als Sprachrohr und kritische Beobachterin im Sinne der Betroffenen.
Die Situation von Menschen mit Beeinträchtigung hat sich in OÖ durch die Ausführung des Sozialhilfegesetz zunehmend verschlechtert. Daher hat die IVMB am 18. März der hiesigen Landesregierung die Petition „Verschlechterungen für beeinträchtigte Menschen durch das OÖ SOHAG stoppen!“ übergeben.
Die Forderungen beziehen sich auf drei wesentliche Punkte:
1. Alleinstehenden-Richtsatz für Menschen mit Beeinträchtigung in Haus- und Wohngemeinschaften anstelle Mitbewohner*innenrichtsatz
Menschen mit Beeinträchtigungen wohnen nicht aus persönlicher Motivation in Haus- bzw. Wohngemeinschaften, sondern aufgrund ihres Unterstützungsbedarfs. Sie bezwecken mit ihrem Zusammenleben keine Haushaltsgemeinschaft. Es gelten hier besondere Gründe, ihr Sozialhilfe- Anspruch sollte daher jener einer alleinstehenden Person sein und nicht — wie derzeit angewendet — der niedrigere Mitbewohner*innen-Richtsatz.
2. Freibetrag wieder einführen
Der Freibetrag von 18 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes (= wird umgangssprachlich oft als «Mindestpension» bezeichnet.) soll wieder eingeführt werden. Auch beeinträchtigte Menschen, die am ersten Arbeitsmarkt nur schwer oder nicht vermittelbar sind, haben ein Recht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten beruflich tätig zu sein. Sie dafür einerseits nur mit Taschengeld zu entlohnen und ihnen dieses durch den Wegfall des Freibetrages andererseits gleich wieder wegzunehmen, ist eine Verhöhnung und Geringschätzung ihrer erbrachten Leistung, für die es dadurch auch keinerlei Anreiz mehr gibt.—> Konkret machen: bsp mit Zahlen: wieviel bekomme ich, verdiene ich, usw.
3. Wohnbeihilfe nicht mehr anrechnen
Auch die Anrechnung der Wohnbeihilfe auf die Sozialhilfe soll zurückgenommen werden, weil auch hier eine zuvor gewährte Beihilfe im nächsten Schritt wieder in Abzug gebracht wird.