Seit Juli 2020 gedenken Feminist*innen nach jedem bekannt gewordenen Femizid/Feminizid am (ehemaligen) Karlsplatz in Wien getöteter FLINTA*-Personen (Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans- und Agender-Personen) und tragen ihre Wut auf die Straßen Wiens. So auch am 3. Mai, wenige Tage nachdem zum mittlerweile zehnten Mal im Jahr 2021 eine Frau in Österreich getötet worden ist – wie in den meisten anderen Fällen von ihrem Ex-Partner.
Ungeschnittene Aufzeichnung der Auftaktkundgebung.
An der anschließenden Demonstration zum Lokal des des Mordes an einer Frau in Wien-Brigittenau Verdächtigten nahmen rund 700 Menschen teil.
Text des aufrufenden feministischen Bündnisses:
„Keine* Einzige* weniger!“
Feministisches Bündnis ruft zu Protest gegen Feminizide auf, alleine in den letzten Tagen wurden 2 Frauen ermordetWien (OTS) – Unter dem Motto „Keine* einzige* weniger“ hat sich seit einem halben Jahr ein breites Bündnis verschiedener feministischer Gruppen und Einzelpersonen zusammengefunden, um die zahlreichen Feminizide in Österreich aber auch weltweit stärker zum Thema zu machen und ins öffentliche Bewusstsein zu tragen. Feminizide sind Morde an Frauen, Lesben, intergeschlechtlichen, nichtbinären oder transgeschlechtlichten Personen (FLINT Personen) aufgrund ihres Geschlechts.
„Wir fordern ein, dass diese Morde ganz klar als Feminizide benannt werden, um die geschlechtsspezifische Komponente dieser brutalen Taten sichtbar zu machen. Sie sind das Resultat von männlichen Dominanzansprüchen, die in dieser Gesellschaft institutionell verankert sind und Männern das Gefühl geben, über Frauen bestimmen zu können. Diese Gewalt richtet sich zumeist auch gegen trans und nichtbinäre Personen, da sie nicht in die Vorstellungen dieses Weltbilds passen und dafür bestraft werden sollen“, so Amalie Seidel, Sprecherin der AG Feministischer Streik, eine Gruppe des Bündnisses.
Allein in Österreich wurden im vergangenen Jahr 25 Frauen und Mädchen ermordet, zumeist von ihren Partnern oder Ex-Partnern sowie anderen Familienangehörigen. Hinzu kommen 30 weitere Mordversuche. Die Dunkelziffer ist jedoch viel größer. „Für die meisten FLINT Personen ist das eigene Zuhause einer der gefährlichsten Orte und persönliche Abhängigkeitsbeziehungen zu ihnen nahestehenden Männern eine fundamentale Bedrohung. Das Problem ist nicht ein angeblich ,importiertes Patriarchat‘, das auf dunklen Straßen lauert und erst durch Migration nach Österreich gekommen sei, wie beispielsweise die ehemalige Staatssekretärin und aktuelle EU Ministerin Caroline Edtstadler behauptet, sondern die hausgemachten patriarchalen Verhältnisse in der Gesellschaft hier“, führt Seidel die Problematik weiter aus.
Das Bündnis fordert, Feminizide endlich in ihrer strukturellen Dimension als vergeschlechtlichte Gewalt gegen FLINT Personen im öffentlichen Diskurs, der medialen Berichterstattung, in Politiken und der Rechtssprechung anzuerkennen und als gesellschaftliches Problem zu bekämpfen. Damit schließt es an aktuelle globale feministische Bewegungen in Argentinien, Mexiko, Spanien, Polen, der Schweiz und vielen anderen Orten an, die gegen einen autoritären Backlash und machistische Strukturen kämpfen.
„Seit Juli 2020 haben wir 12 Mal spontane Kundgebungen mit anschließenden Demonstrationen gegen Feminizide organisiert. Nachdem alleine in den letzten Tagen zwei weitere Frauen ermordet wurden, treffen wir uns am Mittwoch, 20.1. um 18 Uhr am (ehem.) Karlsplatz, um unsere Wut und Trauer über diese extremste Zuspitzung von patriarchaler Gewalt auf die Straße zu tragen. Wir zeigen deutlich, dass es uns nicht egal ist, dass in Österreich fast alle zwei Wochen eine Frau bzw. FLINT Person ermordet wird und es bestärkt uns, dass sich immer mehr Menschen unseren Protesten anschließen. Wir werden nicht damit aufhören, bis wir keine* Einzige+ mehr weniger werden!“ meint Seidel abschließend.