Die Familie (14) Update laufender Ereignisse

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Kein Kommentar
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Nationale Identität im richtigen Leben

Die Familie
Ort des Glücks,
Ort der unbezahlten Arbeit,
Ort des Psychoterrors,
Ort des Amoklaufs

Habe im Frühjahr mit einer längeren Serie zum Thema begonnen. Nachzuhören und nachzulesen auf cba.media. Podcast „Kein Kommentar“. Bin darüber noch immer einigermaßen sensibilisiert, und da fällt einem halt einiges auf, die laufende Berichterstattung betreffend. Daher gibt es heute einen Nachschlag; der einige aktuelle Weiterungen betrifft, sozusagen ein Update. Einstieg ist ein Inserat des Innenministeriums, für das zwei Sportler (Polizeisportler) ihre guten Namen hergeben:

„Gewalt ist ein Problem, keine Lösung. ‘Unsere Emotionen lassen wir am Platz aus, nicht an unseren Frauen.’“ (Inserat des Innenministeriums in „Österreich“ 25.07.2021, Namen und Sportart werden hier diskret verschwiegen.) Denn das reizt natürlich, sich Vorurteile über Sportler und die Folgen der einseitigen Belastung durch ständiges Training zu bestätigen. Aber wir nehmen halt an, dass da eine Werbeagentur zugeschlagen hat, und dass die beiden halt nicht mitgedacht haben.

Furchtbar nett, nicht, dass die ihre Emotionen nicht an ihren Frauen auslassen, sondern am Sportplatz! Erstens werden da Emotionen mit Aggressionen gleichgesetzt – ja, unsere Sportler und manche Werbefritzen sind halt mit sprachlichen Feinheiten nicht so auf du und du! Daher erst mal der Hinweis, dass es viele und sehr verschiedene Emotionen gibt, und einige davon kann man sogar mit anderen Menschen ausleben. Da staunt der Sportler! Zweitens sind Aggressionen – wenn es denn um diese gehen soll – auch nicht einfach da, irgendwie gott- oder natur- oder kulturgegeben oder sonst wie vorhanden, und wenn sie nun mal da sind, dann müssen sie irgendwie raus – und da empfehlen die Sportskanonen freundlicherweise den Platz, gemeint ist das Spielfeld, und nicht die Frau. Aha! Nun, liebe Kinder, Aggressionen sind aber nicht einfach irgendwie und als emotionale Grundstimmung immer vorhanden, sondern die sind das Resultat eigener Vorhaben, Ansprüche und Interessen, vielleicht eigener Berechtigungen – bzw. das Resultat von Hindernissen, Widerständen und Enttäuschungen, wenn die eigenen Vorhaben nicht aufgehen. Gerade Sportler könnten das schon wissen, denn ihre Aggressionen gegen die Gegner, die sie am Platz rauslassen dürfen, die kommen nicht von ungefähr, sondern aus dem eigenen Siegeswillen, und daraus, dass die jeweiligen Gegner auch gewinnen wollen, und deswegen ihr Bestes geben, um das Spiel der anderen zu stören und zu zerstören … Genauso verhält es sich mit den allfälligen Aggressionen gegen – im Werbetext: „unsere Frauen“ –, die stammen auch nicht von irgendwoher aus der Evolution oder vom Testosteron, sondern aus den Erwartungen und Enttäuschungen in Sachen Familie und Beziehung, die sich im allgemein anerkannten Streben nach Glück und den unvermeidlichen diesbezüglichen Widrigkeiten so aufbauen. Verweise diesbezüglich finden sich in der Sendereihe: Podcast „Kein Kommentar“ auf cba.media – Stichworte Erwartungen und Enttäuschungen; Streben nach Glück.

Der andere Punkt, an dem unsere Sportler in ein schweres Debakel gelaufen sind, auch wenn das niemandem auffällt, das ist der schöne Satz: „Gewalt ist ein Problem, keine Lösung.“ Au weia. Alle Welt, alle zivilisierte Welt sieht das mit der Gewalt als Lösung nämlich ganz anders, allerdings unter einer speziellen Prämisse: Es muss sich schon um die hoheitliche Gewalt des Staates handeln, damit Gewalt als Lösung der verschiedensten Probleme gilt. Etwa als Mittel gegen häusliche Gewalt! Die verbotene Privatgewalt ist als Lösung verpönt, wovon auch immer – die staatliche Gewalt ist demgegenüber als Antwort auf alles erdenkliche Problemwesen anerkannt, höchstens an der jeweiligen Durchführung wird manchmal herumkritisiert – also manchmal zu viel Gewalt, manchmal zu wenig gegen Asylwerber oder prügelnde Ehemänner, zu ungeschickt –, nicht aber an der Notwendigkeit von viel Gewalt und eines flächendeckenden Polizeiapparates und Justizwesens wird gezweifelt, als moderne Errungenschaften.

Das hat insofern etwas mit häuslicher Gewalt zu tun, als das Recht des Staates und seine gewalttätige Exekution nicht selten von individuellen Vorstellungen in Sachen Recht und Unrecht gehörig abweichen, weswegen der eine oder andere sog. „Wutbürger“ dann zur Selbstjustiz greift, und sich dafür rächt, dass „seine“ Frau „alles“ kaputtmacht, wenn sie abhaut, weil sie dadurch „die Familie zerstört“ – die doch „das Wichtigste“ im Leben ist. Oder umgekehrt, wenn ihn eine Frau in eine Situation nötigen will, in die er nicht will! Gründliche Ausführungen im erwähnten Podcast „Kein Kommentar“ auf cba.media – die Stichworte wären etwa „Amoklauf“ und „Recht, Pflicht, Unrecht und Gewalt im Liebesleben“.

Die Familie
Ort des Glücks,
Ort der unbezahlten Arbeit,
Ort des Psychoterrors,
Ort des Amoklaufs

(Habe im Frühjahr mit einer längeren Serie zum Thema begonnen. Nachzuhören und nachzulesen auf cba.media. Bin darüber noch immer einigermaßen sensibilisiert, und da fällt einem halt einiges auf, die laufende Berichterstattung betreffend. Daher gibt es heute einen Nachschlag; der einige aktuelle Weiterungen betrifft.) In derselben Ausgabe ein Bericht über einen „Wutbürger“:

„Schwangere im Blutrausch hingerichtet. Leonie (17)“ – dieses Opfer heißt auch Leonie, nicht identisch mit der 13-jährigen aus Tulln bzw. Wien – „geschlagen, erwürgt, erstochen. Kindsvater in U-haft – er bestreitet die Tat. Der 16. Frauenmord dieses Jahres an Leonie war ein klassischer ‘Overkill’. … Der Mörder hatte gegenüber seinem Opfer viel mehr Gewalt angewendet, als zur Tötung notwendig gewesen wäre. … die beiden führten eine On-Off-Beziehung, ein reguläres Paar sollen sie laut seiner Aussage nicht gewesen sein. … Gleichzeitig bestätigte er, der Vater des ungeborenen Babys gewesen zu sein. … Die unendliche Wut bei der Tötung könnte darauf hindeuten, dass der Täter gerade erst von der Schwangerschaft erfahren hatte oder die Geburt eines Babys kategorisch ablehnte. Leonie dagegen freute sich auf das Kind.“ („Österreich“ 25.07.2021)

Gut, wenn der Gegner schon verloren hat und am Boden liegt, sollte man nicht auch noch nachtreten, gilt als unfair – aber das muss jetzt sein, die Sportler und Werbefritzen haben es verdient: Der erwähnte Täter mit der Unschuldsvermutung hat nicht deswegen zugeschlagen, gewürgt und erstochen, weil er den Weg zum Sportplatz nicht gefunden hätte, und seine Aggression – woher die kommen, steht im Text – irgendwie raus mussten.

Entgegen anderslautenden Behauptungen ist eine Schwangerschaft im richtigen Leben keineswegs automatisch und immer und überall ein sogenanntes „freudiges Ereignis“. Geläufig sind ja volkstümliche Ermahnungen besorgter Mütter an ihre Töchter, die ungefähr so gehen: „Wenn du schwanger bist, brauchst du gar nicht mehr nach Hause kommen … pass auf, dass du dir nicht dein Leben ruinierst.“ Die besorgte Mutter bezieht sich damit auf die Belastungen und Verpflichtungen, die nicht die Natur, sondern die der Gesetzgeber den Eltern auferlegt; und sie stimmt mit ihrer Besorgnis in der Sache mit den Ankündigungen noch jeder Frauen- und Familienministerin überein, wenn die dasselbe unterstellt, es aber genau umgekehrt bewertet und dafür agitiert: Die für Frau und Familie Zuständige will obligatorisch „Mut“ machen, nämlich den „Mut zum Kind“ – und Tapferkeit wird offenbar dringend benötigt, angesichts dessen, was auf Eltern zukommt. Was sind das bloß für Zustände, in denen für „Mut zum Kind“ geworben wird?! Diese Zustände, die Verpflichtungen und Belastungen rufen keineswegs immer Begeisterung hervor, es soll schon vorgekommen sein, dass sich ein angefressener unwilliger zukünftiger Vater beschwert – die künftige Mutter habe ihn reingelegt, in Sachen Verhütung, und wolle ihn nun mit dem Kind als Hebel zu einer Familie zwangsverpflichten. (Spätestens, wenn der obige Täter mit der Unschuldsvermutung einen Anwalt hat, wird der ihm das schon einbläuen.) Umgekehrt, umgekehrt. Es soll auch vorkommen, dass eine Schwangere auf keinen Fall den künftigen Vater von ihrer Schwangerschaft informieren möchte, weil sie – wie kommt sie bloß auf die Idee? –, weil sie also meint, der würde sich mit dem Kind als Hebel auf höchst unerwünschte Weise in ihr Leben einmischen, er würde sie gern mittels Kind an die Kette legen. Auch solche unangenehmen bis ekelhaften Berechnungen und Konflikte gehören ohne Zweifel in den Umkreis der in der hiesigen Kultur empfohlenen Beziehungs- und Familienszenarien; sie liefern jede Menge Stoff für häusliche Auseinandersetzungen und Dramen, auch wenn sie nicht immer gleich mit Mord und Totschlag enden.

Weiters ist erwähnenswert, was nach dem Gemetzel an der 17-jährigen Leonie alles nicht passiert ist, nichts von all dem, was nach dem Tod des Mädchens Leonie in Wien geschehen ist: Diesmal keine Pressekonferenzen, keine Selbstdarstellungsorgien von Politikern, keine „runden Tische“, keine Ankündigungen in Sachen durchgreifen usw. – aber nicht, weil diese unappetitlichen Ausschlachtungen generell in Misskredit gekommen wären, sondern wegen der Nationalität des Täters. Eine schwangere 17-jährige wäre sonst doch ein ganz tolles Opfer für die Bedürfnisse politischer Ausschlachter – in dem Fall aber nicht. Ein Österreicher als Täter gibt eben nichts her, für Hasspredigten gegen Afghanen oder das „System“ in der Gemeinde. Und schon darf sich dieses Opfer über wesentlich weniger öffentliche Anteilnahme freuen … Der Vergleich macht einen da so sicher:

„Die Wiener ÖVP-Politikerin … greift die Stadt Wien in einem Facebook-Posting an – und fordert eine Gedenktafel für die getötete 13-Jährige. Die Verärgerung ist groß. ‘Pietätlos.’ ‘Grauslich.’ ‘Eine Schande.’ … Sie bezeichnete die 13-jährige Leonie, die von afghanischen Asylwerbern getötet worden sein soll, in einem Facebook-Posting der Wiener ÖVP als ‘Opfer eines Systems in Wien’, das zulasse, ‘dass Schwerkriminelle auf unsere Kosten in unserem sozialen Wohnbau wohnen’. Dazu postete Arnoldner ein Foto von sich vor einer Gedenktafel für das Opfer. Eine solche, fordert sie, solle am Tatort aufgehängt werden. Die Tafel auf dem Bild ließ die Partei für das Fotoshooting anfertigen. … Unzählige User warfen der ÖVP-Politikerin daraufhin vor, den Mord parteipolitisch zu instrumentalisieren. … Arnoldner selbst zeigt sich auf KURIER-Anfrage ‘betroffen von den teilweise hasserfüllten Kommentaren’. Die Forderung nach einer Tafel entspreche ihrer ‘tief empfundenen Bestürzung über den Fall.’“ (Kurier 18.07.2021)

Diese „tief empfundene Bestürzung über den Fall“ ist glaubwürdig und sicher echt. Man merkt halt, wie wenig solche vorgeblich unmittelbar menschlichen Regungen wie Mitleid und Bestürzung – man versetzt sich ideell in die Lage des Opfers und leidet mit, wenn man froh ist, dass es einen nicht wirklich trifft –, wie wenig unmittelbar „menschlich“ diese Regungen sind: Zumindest bei Politikern sind diese Emotionen politisch vorstrukturiert und deformiert, entlang der eigenen Bedürfnisse.

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Und nun zu etwas ganz anderem:

„Warum werden in Österreich so viele Frauen und Mädchen umgebracht? … Monatlich werden in Österreich im langjährigen Schnitt drei Frauen ermordet, zählt der Verein Autonome Frauenhäuser (AÖF). Ein erkennbares Muster ist dabei: Die Täter stehen häufig in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis zum Opfer. Österreich ist darüber hinaus“ – 2017 – „das einzige EU-Land, in dem mehr Frauen umgebracht wurden als Männer. … 2018, da ist Österreich eines von drei Ländern mit einem derartigen Verhältnis.“ (Standard 19.7.2021)

Einige gerechte gepostete Beiträge von Lesern auf die blöde Fragestellung:

„Wir haben in Österreich nicht nur weltweit, sondern auch innerhalb der EU-Staaten eine vergleichsweise sehr geringe Mord- und Totschlagrate.
Morde sind schrecklich! Das gilt für Balten, Letten und andere Länder (dort ist die Mordrate an Frauen um mehr als das 6 fache höher), auch für Österreich.
Die Femizid- und Vergewaltigungen-Hochburg dieses Planeten ist das christlich sozialisierte Lateinamerika.
In fast allen Ländern weltweit und vor allem auch in der EU werden wesentlich mehr Frauen pro 100.000 Einwohner ‘umgebracht’ als in Österreich, z.B. Dänemark doppelt so viel wie in Österreich, aber dort werden auch mehr Männer umgebracht, dann ist es offensichtlich nicht mehr so ein Problem.
Laut Artikel ist das Problem, dass Frauen in Österreich die Mehrheit der Mordopfer darstellen … Wäre es dann nicht die einfachste Lösung, ein paar Männer zu ermorden? Dann wären wir wieder ganz unauffällig in der Statistik.“ (Standard 19.7.2021)

Gut gegeben! Aber wie kommt man denn überhaupt auf diesen Nonsens? Wenn das Muster so offenkundig ist – Die Täter stehen häufig in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis zum Opfer. – dann wäre doch zu fragen: Was ist denn in dieser Kultur los, in den Beziehungen und Familien? Offenbar ist mancher journalistische Zugang etwas anders gelagert. Da wird nicht gefragt, was los ist, sondern ob das normal ist, oder eher zu viel oder eher zu wenig, nämlich im internationalen Vergleich, weil offenbar die Betrachtung auch solcher Phänomene durch die nationale Brille – Wie stehen wir denn da, im Vergleich? – ein normaler Zugang ist. Einige Antworten waren passende Verarschungen, teilweise absichtlich, teilweise unabsichtlich. Der Text war übrigens die Einleitung einer Diskussion mit – hauptsächlich – Politikerinnen; war der übliche uninteressante Polit-Hickhack. Zwei Bemerkungen zur Sache sind immerhin gefallen – Frau Rauch-Kallat: „Besitzdenken“, Frau Logar: „Trennung ist eine gefährliche Situation“. Der Mangel beider Bemerkungen besteht darin, dass nicht oder zu wenig weitergedacht wird: Wenn das „Besitzdenken“ angeblich überhaupt nicht in unsere Gesellschaft passt, wieso hält es sich so hartnäckig? Und wenn die Trennung so gefährlich ist – für die Frau, die sich trennen will –, wofür steht denn dann „Beziehung“ oder „Familie“? Worin liegt deren Bedeutung? Dazu noch mal eine Kurzfassung, die ausführlichen Bemerkungen finden sich im Podcast „Kein Kommentar“ auf cba.media.

*

Möchte einsteigen über Eheversprechen, über diejenigen Gelöbnisse, die bei Hochzeiten nach freier Wahl der Brautleute ausgetauscht werden können, und das nicht nur im Film:

„Ich verspreche, dich nicht zu verlassen, weder in guten noch in schlechten Tagen, weder in Reichtum noch in Armut, weder in Gesundheit noch in Krankheit, und dir die Treue zu halten, bis dass der Tod uns scheidet.“ (www.weddingstyle.de)

Da ist m.E. alles beieinander. Das ist nämlich der hier kulturell gültige, anerkannte Standpunkt in Sachen „fixe“ Beziehung oder Ehe. Ob diese Gelöbnisvariante überhaupt bekannt ist und ob sie formell vorgetragen wird, ist nicht unbedingt der Witz. Es ist mal das Versprechen selbst, also die freiwillige Verpflichtung auf die andere Person. Diese Verpflichtung kommt als „Besitzdenken“ vor, sobald ein Teil – einseitig – nicht mehr will. Da beruft sich der andere Teil gern emotional und moralisch auf das Versprechen der Treue und auf die Bindung, die doch beide eingegangen sind, und die der verlassene Teil eingehalten hat und aufrecht erhalten will – und sieht sich folglich „betrogen“ und getäuscht, also um etwas geprellt, was ihm zusteht: Liebe als moralisches Verhältnis von Rechten und Pflichten, aus freien Stücken miteinander eingegangen. „Besitzdenken“ ist das Einklagen, gegen den trennungswilligen Teil. Das Besitzdenken ist übrigens im normalen Sprachgebrauch total üblich: Der oder die „Meinige“, meine Frau, mein Mann – sind das bedeutungslose Floskeln, oder doch sehr passend!? Immerhin handelt es sich um Possessivpronomina, um besitzanzeigende Fürwörter. Auch unsere Sportler vom Beginn reden völlig selbstverständlich von „unseren“ Frauen, denen sie – dem Sport sei es gedankt – die Prügel ersparen. Es wundert mich übrigens ein wenig, dass Verfechter der political correctness nicht schon längst gegen diese Possesivpronomina in Partnerschaft und Familie Stellung beziehen, weil sich dadurch möglicherweise ein völlig unangebrachtes Besitzdenken in unsere schöne heile Familienwelt einschleicht.

Das zweite Moment betrifft den maßlosen Inhalt dieses Versprechens und damit die Fallhöhe, also das, was auf dem Spiel steht, das was durch eine Trennung abhandenkommt: Es ist immerhin von schlechten Zeiten, von Armut und von Krankheit die Rede, da kommt die einmal Ehe als Not- und Elendsgemeinschaft vor, die völlig ignorant ist gegen alle Umstände, die diese unangenehmen Zustände hervorbringen – und ebenso ignorant gegen alle vorhandenen oder fehlenden Mittel der Beteiligten, um diesen Zuständen zu begegnen. Aber genau das soll die moderne Ehe ja nicht sein, eine Zweckgemeinschaft zur Bewältigung von Notsituationen, was womöglich eine sachliche Befassung mit den Umständen und Eigenarten dieser unangenehmen Situation nach sich ziehen könnte. Das Familien- und Privatleben ist völlig konträr dazu die in dieser Kultur empfohlene Sphäre des Glücks, wo ein gebeuteltes Individuum endlich auf seine Kosten kommt, wo im Gegensatz zu Ökonomie und Politik nur die Bedürfnisse der Liebenden zählen, die sich ihr Nest einrichten usw. Und das ist ein Hammer: Sich wechselseitig glücklich machen wollen und sollen, und das in einer Welt, die als eine nicht näher bestimmte, aber auf alle Fälle sehr heftige Ansammlung von Schwierigkeiten unterstellt ist – das bricht sich in der Regel im Alltag herunter auf ein Einrichten in und Anpassen an die Schranken von Zeit, Geld und Belastungen, die alle aus der Welt außerhalb der Zweisamkeit stammen, aber durch die Zweisamkeit auf ein glückliches Ende hingebogen werden sollen. Die Trennung bringt damit nicht nur die organisatorischen und finanziellen Umstellungen und Einschränkungen, die sind geradezu vernachlässigbar – sondern sie zerstört vor allem diese eigenartige, anerkannte emotionale Sicherheit, immerhin „jemanden zu haben“, der oder die sich auf einen selber und das eigene Wohlergehen verpflichtet hat, egal, wie sich das im Alltag dargestellt haben mag.

Ein Beitrag im Standard: „Warum weniger oder keine Männer von ihren Frauen getötet werden, ist schon interessant.“ Nachdem die bürgerlichen Liebesideale von beiden Geschlechtern geteilt werden, ist die geschlechtsspezifische Verteilung auf Täter und Opfer schon bemerkenswert, schätzungsweise neunzig Prozent der Opfer von Trennungstötungen sind Frauen. Es sind auch 95 Prozent der Gefängnisinsassen Männer. Das Verbrechen ist männlich. Wenn man sich das Versprechen nochmal in Erinnerung ruft – gute und schlechte Zeiten, Krankheit, Gesundheit, Reichtum, Armut – dann besteht die Geschlechterdifferenz – offenkundig? – darin, dass Männer ihr Recht durchsetzen wollen, mit Gewalt, bzw. eben das ihnen durch die Trennung angetane Unrecht rächen. Frauen sind offenbar mehr auf die Pflichterfüllung abonniert, wenn sie – häufig um der Familie und der Kinder willen – oft jahrelang in Beziehungen verharren, in denen sie misshandelt werden.

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