Illusionen in Gleichheit und Menschenrecht

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Sir Sonnleitner bezieht sich auf die Sendung, den Beitrag vom 28.9., in dem ich kurz auf eine Polemik von Sarah Wagenknecht gegen die politisch korrekte Linke Bezug genommen habe. Nachdem der Beitrag mal ausführlicher ist, als bloße Zustimmung oder Ablehnung, möchte ich auch ausführlich darauf eingehen, bzw. daran entlang die Diskussion zu Rassismus und Antirassismus weitertreiben.

Sir Sonnleitner: „Also mir deucht, daß zwischen der Zigeunersoßenumbenennung und der Lohndrückerei im Knorrwerk sehr wohl ein Zusammenhang besteht, sogar ein ganz exemplarischer, der das Kernproblem der „political correctness“ in toto enthüllt. Die ist nämlich überhaupt nicht links, sondern vielmehr klassische bürgerliche Ideologie (um mal diesen altertümlichen Begriff zu verwenden), weil sie das Verhältnis von Sein und Bewußtsein auf den Kopf stellt und glaubt, man müsse nur ein bißchen am Überbau (Sprache) rumschrauben, und schon komme alles in Ordnung, ohne daß man an den Eigentumsverhältnissen was ändern müsse. Und genau indem solche bürgerliche Ideologie fälschlich als links gelabelt wird, wie man sagt, wird das falsche Bewußtsein zementiert. Damit entspricht die ganze Sprachkosmetik den Interessen der herrschenden Klasse, weil der pseudo-emanzipatorische Gestus mit seiner Fixierung auf Scheingegensätze (Frauen-Männer, Weiße-Bunte, Inländer-Ausländer, „Queere“-„Binäre“ etc.) eben just dazu dient, vom entscheidenden Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit abzulenken, ja ihn zu verschleiern und quasi aus dem Bewußtsein zu tilgen. So ist es nur folgerichtig, daß da, wo Zigeunersoße das Problem ist, Ausbeutung kein Problem mehr ist. Insofern scheint mir Frau Wagenknecht sehr genau ein Strategem im Klassenkampf von oben decouvriert zu haben.“

Zum Zusammenhang der Zigeunersoßenumbenennung mit der Lohndrückerei im Knorrwerk: „man müsse nur ein bißchen am Überbau (Sprache) rumschrauben, und schon komme alles in Ordnung, ohne daß man an den Eigentumsverhältnissen was ändern müsse“

Glaube nicht, dass das die political correctness bzw. die Umbenennungsanhänger trifft. Deren Intention ist gar nicht, „alles in Ordnung“ zu bringen, und damit auch lauter Sachen, die deines Erachtens am Eigentum, am Gegensatz von Kapital und Arbeit hängen. Demgegenüber ist deren Stoßrichtung deutlich reduziert. Diese political correctness glaubt und verlangt nicht, dass es den Arbeitskräften im Knorrwerk nach erfolgreicher Umbenennung besser geht – genauer, dass es allen Knorrwerkern besser geht. Einem bestimmten Teil der Knorrbeschäftigten sollte es allerdings schon besser gehen, zumindest in the long run. Diese Variante der political correctness glaubt, auf Basis der Eigentumsverhältnisse eine ziemlich himmelschreiende Ungerechtigkeit entdeckt zu haben; himmelschreiend, weil sie ebendiesen Eigentumsverhältnissen angeblich brutal widerspricht. Diese Ungerechtigkeit bestehe nun darin, dass Arbeitskräfte im Kapitalismus gar nicht ausschließlich und unerbittlich danach bewertet werden, was ihre Leistung dem Unternehmen einbringt – und danach sollte es doch wohl in einem ordentlichen Kapitalismus gehen, wo sind wir denn hier! –, sondern auch nach Gesichtspunkten, die der political correctness ziemlich unsachlich vorkommen, nämlich nach der Herkunft im weitesten Sinn.

Gemeint ist, wie dir bekannt ist, dass bestimmte Leute – Fremde, Gastarbeiter, Migranten, Asylanten – einen Job gar nicht kriegen oder weniger befördert oder mehr „gemobbt“ werden, weil sie „fremd“ sind, nach welchen Kriterien auch immer. Auch wird ein prekärer Status gern benutzt, um den Betroffenen Lohnteile vorzuenthalten, nachdem sich illegal Beschäftigte schlechter wehren können – aber auch da schlägt sich die political correctness ganz auf die Seite der Ordnung (für Inländer?) und gegen den diesbezüglich sehr sachlichen Gesichtspunkt des Kapitals. Jedenfalls lebt die political correctness in puncto Ökonomie von einem gewaltigen Idealismus in Bezug auf Leistung, Leistungsmessung und Leistungsgerechtigkeit im Kapitalismus; dazu später mehr. Und weil die political correctness fest daran glaubt, das – der wichtige Unterschied zwischen „uns“ und den „anderen“ – sei einer ordentlichen Gegenwart wesensfremd, vielleicht sogar bloßer Schein, rekurriert sie bei der Ursachenforschung notgedrungen auf die Vergangenheit, und entdeckt deren Relikte in fragwürdigen Bezeichnungen ebenso wie in fragwürdigen Figuren, die noch immer in Form von Denkmälern oder Straßennamen ihr Unwesen treiben, obwohl sie in einer ordentlichen Gegenwart nichts verloren hätten. So sind die – jedenfalls im Weltbild der political correctness – daran schuld, dass „Andere“, „Fremde“ noch immer nicht den gebührenden Respekt genießen, der Inländern – gern auch „den Weißen“, oder gleich „weißen Männern“ – angeblich so flächendeckend und bedingungslos und schon immer in jeder Hinsicht verabreicht wird.

Zum „Scheingegensatz Inländer-Ausländer“

Natürlich hast du recht, wenn du meinst, ein Inländer täuscht sich gewaltig, wenn er „die Ausländer“ für die Folgen der Eigentumsordnung verantwortlich macht, also ausgerechnet Leute, die in derselben Situation sind wie er – brauchen „Arbeit“ und  haben es gar nicht in der Hand, ob überhaupt bzw. welche angeboten wird. Gegen die blöde Beschwerde, Ausländer würden ihm oder „uns“ Arbeitsplätze „wegnehmen“, hab’ ich übrigens mal einen guten Schmäh’ gehört: Ja wenn das so sein sollte, dann möge es der Beschwerdeführer doch genau so machen, und sich den Arbeitsplatz zurück- oder gleich einen anderen, besseren „nehmen“! Aber halt – irgendetwas stimmt an dem Bild nicht …

Aber, daraus folgt noch lange nicht, dass nur die Klassenlage das entscheidende Moment jeder proletarischen Existenz ist, und die Nationalität im Verhältnis dazu ziemlich peripher oder scheinhaft sei. Es gibt bei Marx die Notiz, dass der moderne Mensch eine doppelte Existenz hat, als eine ökonomische und als eine politische Gestalt: Er ist Arbeiter und Deutscher, Bauer und Pole, Student und Franzose, Arbeitsloser und Italiener … Den Arbeiter oder Kapitalisten als solchen und schlechthin gibt es nicht. Der Vollständigkeit halber: „Wo der politische Staat seine wahre Ausbildung erreicht hat, führt der Mensch nicht nur im Gedanken, im Bewußtsein, sondern in der Wirklichkeit, im Leben ein doppeltes … , das Leben im politischen Gemeinwesen, worin er sich als Gemeinwesen gilt, und das Leben in der bürgerlichen Gesellschaft, worin er als Privatmensch tätig ist, die andern Menschen als Mittel betrachtet, sich selbst zum Mittel herabwürdigt und zum Spielball fremder Mächte wird. … In dem Staat dagegen, wo der Mensch als Gattungswesen gilt, ist er das imaginäre Glied einer eingebildeten Souveränität, ist er seines wirklichen individuellen Lebens beraubt und mit einer unwirklichen Allgemeinheit erfüllt.“ (MEW Bd. 1)

Zum Inländer wird man in der Regel per Geburt vereinnahmt; sobald man geistig reifer wird, wird man permanent darauf gestoßen, dass und inwiefern das ein Vorzug, ein Privileg ist: Insofern, als ein Ausländer auf alle Fälle schlechter dran ist, indem er eine Figur minderer Rechte ist, die für vieles, was dem Inländer selbstverständlich zukommt, eine Extra-Erlaubnis braucht, beginnend mit der schieren Anwesenheit – und diese Erlaubnisse bekommt er oder auch nicht. Diese Erlaubnisse hängen im Großen und Ganzen daran, ob sich das jeweilige Inland einen Beitrag zum nationalen Wachstum erwartet. Populäre Formulierung: „Sie“ müssen „uns“ nützen.

Die näheren Einzelheiten dieses Unterschieds können dem Inländer auch völlig wurscht sein, aber über „sein“ „Vaterland“ geht er auf alle Fälle ein Verhältnis zu den diversen Auslanden und deren Bewohnern ein, genauer: er wird eingegangen. Dadurch nämlich, dass er für die vielfältigen und in der Regel anspruchsvollen Vorhaben „seiner“ Führung im Rest der Welt benutzt wird. Bekanntlich koexistieren die vielen Nationen nicht einfach gleichgültig und desinteressiert nebeneinander her, vielmehr wollen sie alle viel voneinander, und über manche unerfüllten Ansprüche arbeiten sie sich auch mal zu scharfen Gegensätzen hin. Da muss man nicht sofort an die Kriege denken, die mit der „Staatengemeinschaft“ – offenbar! – untrennbar verbunden sind, auch durch die friedliche Konkurrenz der Kapitalstandorte um Anteile am Weltmarkt kriegt der Inländer sein Fett weg: Er muss effizienter sein als seine auswärtigen Klassenkollegen, und das sind Ansprüche, die in der ordentlichen Nation das Gewicht unabweisbarer nationaler Rechte haben! Stichwort „Globalisierung“: Die arbeitende Mannschaft muss billiger werden, oder „ihre“ Arbeitsplätze werden von deren wahren Eigentümern exportiert! Denn das ist die ganz elementare Leistung Deutschlands für die Deutschen und für einige Nützlinge von außerhalb: Der deutsche Staat garantiert seinen darin freien und gleichen Bürgern ihr Eigentum, gleichgültig dagegen, wie viel sie davon haben. So kommt nicht nur jeder in den Genuss einer ganz eigenen Zahnbürste und anderer Gebrauchsgegenstände; vor allem diejenigen, die ihren Besitz gar nicht gebrauchen können, weil sie ihre Maschinen in ihren Fabrikhallen gar nicht persönlich bedienen können und auch die erzeugten Autoreifen oder Milchprodukte nicht konsumieren können, auch die dürfen ihr Eigentum auf die einzig sinnvolle Art benutzen: Sie lassen andere gegen ein Entgelt an ihrem Equipment arbeiten und bereichern sich am Erlös – sonst wäre der Vorgang auch völlig sinnlos. Es ist mir leider nicht geläufig, dass sich die Proletarier der verschiedenen Länder ihrer Beteiligung an diesen Vorhaben „ihrer“ Nation und damit den Gegensätzen zu anderen verweigern, oder wenigstens die Frage stellen würden, was sie denn davon haben, materiell nämlich – das wäre vielleicht schon der Einstieg in den Ausstieg …

Exkurs: Ein Spezialservice für Inländer: Die sittliche Ausdeutung eines nationalen „wir“

Nun ist Deutschland unbezweifelbar das Land der Deutschen, die „im Sinne des Grundgesetzes“ solche sind. Das ist etwas ganz besonderes und einzigartiges, wird den guten Deutschen unermüdlich und über alle Kanäle einer „politischen Kultur“ von Politik und Öffentlichkeit eingebläut, weil „die Geschichte“ speziell für den deutschen Menschen einige unabweisbare Lehren auf Lager hat, die aus den unbegreiflichen, unergründlichen, unverständlichen und vor allem unpolitischen Verbrechen des NS-Staates resultieren, als dessen Rechtsnachfolger sich das heutige Deutschland von Anfang an aufgebaut hat – womit die Frage, warum sich denn ein Deutscher unbedingt mit so einem Laden auch heute noch identifizieren und bei Gelegenheit sogar schämen soll, erledigt ist: Das ist einfach so und war schon immer so und ist unvermeidlich, zumindest für Deutsche! Man darf sich das Deutschtum gern auch zusätzlich als Besonderheit der Sprache, der (Leit)Kultur, der Religion etc. etc. zurechtlegen, und die gültige Lesart definieren wie üblich die demokratisch gewählten Machthaber an nationalen Festtagen, wenn sie in den Untaten der Vergangenheit schwelgen und die Leitkultur preisen, um die Gutheit der Gegenwart zu feiern. Einerseits. Wie auch immer, dass der deutsche Mensch ein spezieller ist, steht fest – inwiefern er das ist, das unterliegt einem gewissen Pluralismus.

Diese deutsche Gutheit speist sich nämlich nicht nur negativ, aus der Absage an die deutsche Vergangenheit. Sozusagen als ausgestaltendes Standbein der deutschen Leitkultur und Wertegemeinschaft berufen sich die Machthaber auf eine positive Konkretisierung besagter Lehren, nämlich auf dezidiert über-nationale, auf allgemein-menschliche Werte und moralische Leitlinien. Sie berufen sich auf die Gleichheit aller Menschen und auf die diesbezüglichen Menschenrechte. Fanatiker eines wahren Deutschtums wittern darin schon, in den über-nationalen verbindlichen deutschen Haltungen und Einstellungen die Gefahr der un-deutschen, womöglich anti-deutschen Gesichtspunkte, weil allgemein-menschliche Werte und moralische Gesichtspunkte unmöglich dem spezifisch deutschen Menschenschlag gerecht werden können; spätestens, sobald sich Ausländer darauf berufen möchten. – Der übliche Konter: Ja wo sind wir denn hier? „Unser“ Land, „unsere“ Werte, „unsere“ Regeln!

Exkurs: Das Missverständnis des Antirassismus

Auf diese allgemein-menschlichen, internationalen und international gewürdigten Imperative einer lauteren deutschen Nationalgesinnung berufen sich die Antirassisten und Anhänger der political correctness, wenn sie diese zu praktisch gültigen, allgemein geltenden Gleichbehandlungs- und Gutbehandlungsmaximen extrapolieren wollen, immerhin ist ja die Würde „des Menschen“ und nicht nur die des deutschen Menschen grundgesetzlich garantiert. (Der Satz ist übrigens genial formuliert. Er lautet ja nicht, dass der Mensch unantastbar sei, sondern bloß dessen Würde. Was ist diese Würde? Nun, immer das, was nicht angetastet wird … Mal ohne Ironie: Bei diesem „Menschen“ bzw. seiner Würde handelt es sich um eine vom Staat erzeugte Figur, indem ihr gewisse „unveräußerliche“ Rechte zugeschrieben werden, in die deswegen „nur“ auf gesetzlicher Grundlage eingegriffen werden „darf“. Das „nur“ und das „darf“ ist zu streichen; die Würde kürzt sich im Alltag darauf zusammen, dass jede Antastung des Menschen von Staats wegen eine Rechtsgrundlage braucht, gesetzeskonform zu erfolgen hat, wegen der Würde.)

Gleichheit und Menschenrecht für alle sollen sein, meinen die antirassistischen Aktivisten. Wieso ist dann die Welt voll von Abweichungen dieser hehren Prinzipien? Nun, die Menschenrechte in einem praktisch gültigen Sinn, als etwa in der Europäischen Menschenrechtskonvention kodifiziertes Recht, das in Österreich Verfassungsrang genießt – diese Rechte sind der Sache nach Bürgerrechte, der „Mensch“, dem sie zugesprochen sind, ist da je schon als ein von der „eigenen“ Nation anerkannter und deswegen lizenzierter Bürger unterstellt. Das reflektiert übrigens auch die Menschenrechtsdeklaration der UN – dort ist nämlich ein Recht auf Staatsbürgerschaft enthalten, was ja irgendwie gegenstandslos wäre, wenn eh jeder Mensch, wo er geht und steht auf der Welt, diese berühmten Rechte innehätte. Das reale gültige Menschenrecht steht jedenfalls nicht über dem Ausländerrecht, über der Differenz zwischen Staatsbürgern und Ausländern, und deren fein abgestuften Erlaubnissen: Inländer, EU-Bürger, Angehörige von Drittstaaten mit oder ohne Visumspflicht, Staatenlose, Asylwerber in verschiedenen Stadien … Die berühmte und oft vermisste Gleichheit ist zuallererst die Gleichheit vor dem Gesetz, das für alle gilt. Bevor man sich darüber freut und problematisiert, ob es denn wirklich so ist oder es sich Reiche nicht irgendwie besser „richten“ könnten als Arme – sie können, andererseits findet sich da auch mal ein Bundeskanzler als Beschuldigter in einem Verfahren –, wäre die Frage angebracht, was denn da so egalitär für alle gilt, wenn das Recht gilt; aber das ist eine ganz andere Frage. Im übrigen sind auch Ausländergesetze eben Gesetze, die für alle gleich gelten, die davon betroffen sind.

Zu einer anderen Sehnsucht nach Gleichheit hat schon Marx das nötige gesagt, gegen Idealisten der hohen Werte moniert er, dass nämlich „das Geldsystem in der Tat das System der Freiheit und Gleichheit ist und daß, was ihnen in der näheren Entwicklung des Systems störend entgegentritt, ihm immanente Störungen sind, eben die Verwirklichung der Gleichheit und Freiheit, die sich ausweisen als Ungleichheit und Unfreiheit“ (MEW 42, S.174). Was einem entgegentritt, ist nicht die noch immer fehlende Gleichheit, der Verstoß, sondern ihre Konsequenzen! Generell gilt eben: Bevor man sich über irgendeine Gleichheit freut und höchstens nachfragt, ob sie denn wirklich und unterschiedslos gegeben ist, gehört nachgeprüft, worin sie denn besteht. Inwiefern sollen die Leute denn „gleich“ wegkommen? Gleichheit oder Gleichbehandlung impliziert doch allemal Rücksichtslosigkeit gegenüber Unterschieden.

Im übrigen: Dass es sich beim Unterschied „Inländer – Ausländer“ um einen „Scheingegensatz“ handelt, dem würden die Anhänger der political correctness vermutlich aufrichtig zustimmen – darum verstehen die ja nicht, wieso um diesen Unterschied so ein Aufhebens gemacht wird, der sich dann so eindeutig gegen Ausländer und manche, die dafür gehalten werden, auswirkt. Wo „wir“ doch alle gleich und als Menschen geboren wurden! Kann schon sein, es hängt halt schwer davon ab, wo und in welche soziale Lage ein Mensch hineingeboren wird. Und alle Rechte, die jemand genießt oder nicht, die entspringen nicht dem, dass er rein „menschlich“ und als Mensch geboren worden ist, sie kämen also quasi von ihm und damit von „unten“ – tatsächlich kommen die Rechte des Individuums aus den Interessen und den Ansprüchen der jeweiligen rechts-setzenden Instanz, also von „oben“. Aber die Vorstellung vom universellen Menschenrecht und damit vom „Scheingegensatz“ ist in dem Sinn die Geschäftsgrundlage des Antirassismus und der political correctness.

Der Vollständigkeit halber: Im vorigen Jahrhundert war es üblich, gegen den damaligen Ostblock die sog. „Menschenrechtswaffe“ in Anschlag zu bringen. Der Osten hatte sich bekanntlich damals den westlichen Ansprüchen in Bezug auf Geschäft und Gewalt verweigert, hatte sich gegen den Westblock behauptet – und das wurde ihm in der Form angekreidet, er verweigere den dortigen Menschen die denen zukommenden Rechte nach westlicher Lesart, sei also eine einzige Unrechtsveranstaltung. Zugleich und ergänzend war zur Rechtfertigung der vielen, vielen prowestlichen Diktaturen die Sprachregelung in Umlauf, die dortigen Menschen seien halt noch nicht „reif für die Demokratie“. Da hat so manche NGO, die sich die Forderung nach den Menschenrechten allways und everywhere auf ihre Fahnen geheftet hat, einiges missverstanden.

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